"Planet Utopia" Kinderbiennale in Dresden lädt zum Mitmachen ins Museum
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01. Juni 2024, 04:00 Uhr
Die dritte Ausgabe der Kinderbiennale öffnet heute, am Internationalen Kindertag, ihre Türen im Japanischen Palais Dresden. Der Nachwuchs ist eingeladen, im Museum seinen ungebremsten Entdeckerdrang auszuleben. Hier kann man Sehen, Hören, Fühlen, Riechen – und vor allem selber machen. Das diesjährige Motto lautet "Planet Utopia".
- Die Kinderbiennale im Japanischen Palais Dresden wurde auch unter Einbeziehung eines Kinderbeirates gestaltet.
- Die aktive Mitgestaltung der Ausstellung durch Kinder in Zusammenarbeit mit erfahrenen Künstlern gehört zum Grundgedanken der Schau.
- Kinder sollen dadurch das Gefühl der Selbstermächtigung erfahren, dass sie die Dinge wirklich selber gestalten können.
Viel zu oft heißt es in Museen: "Bitte nicht berühren!" Nicht so bei der Kinderbiennale im Dresdner Japanischen Palais. In der Ausstellung rennen etwa ein Dutzend Kinder auf Kommando auf die Mitte eines Raumes zu und hocken sich unter eine Installation aus 200 herabhängenden, glühbirnenartigen Glaskörpern. Ausgelöst durch ihre Bewegungen beginnt es zart zu klirren, in den Glaskörpern erwachen kleine, künstliche Insekten, die wild darin herumflattern.
Ivanka sowie anderen Mädchen und Jungen aus der 147. Grundschule gehören zum Beirat der Kinderbiennale. Als Gruppe haben sie sich zusammen mit dem Designkollektiv Mischer Traxler Studio aus Wien mit den Folgen des Klimawandels für die Artenvielfalt beschäftigt und die neuartigen, utopischen Insekten erfunden und gestaltet. Es ist eine zauberhaft inszenierte Hommage an unser gefährdetes Insektenreich.
Meereswelt aus Plastik
Ebenso zauberhaft geht es weiter, etwa in die Unterwasserwelt von George Nuku. Der aus Neuseeland stammende Maori-Künstler hat sie unzähligen Plastikflaschen schaffen: Fische, Quallen, Atolle, ein Wal. Ein "Bottled Ocean", ein "Flaschen-Ozean" ist es für ihn.
Es ist ein Zukunftsszenario, magisch und dystopisch zugleich, wie das Leben im Meer in hundert Jahren zu einer Kunststoffversion mutiert sein wird. Wenn Nuku für einen Wandel plädiert, dann auch dafür, ausgedientes Plastik nicht allein als Abfall oder Müll zu begreifen. Auch er wurde beim Aufbau seiner Meereswelt von einer der fünf Gruppen des Kinderbeirats unterstützt.
Kinderbeiräte gestalten mit
Laut der Kuratorin der Kinderbiennale, Anna Aulich, begann due Zusammenarbeit mit den Beiräten, bestehend aus circa 130 Kindern aus Dresden, vor anderthalb Jahren. "Sie waren von Anfang an involviert und haben auch sehr klar artikuliert, dass sie sich mit der Zukunft befassen wollen." So sei schnell die Idee zu "Planet Utopia" geboren.
Die Fragen, die den Mädchen und Jungen zwischen 6 und 13 Jahren dabei wichtig waren, handelten laut der Kuratorin von Gemeinschaft, Toleranz, Empathie, Umwelt, Naturschutz und Gerechtigkeit. Darauf basierend sei die Einladung an die partizipierenden Künstler erfolgt. Sie hätten, so Aurich, dann interaktive Werke, sinnliche Raumwelten geschaffen, um das Publikum einzuladen zum Mitgestalten, Mitmachen, den Installationen etwas hinzuzufügen und dabei ihre eigenen Perspektiven einzubringen.
Kinder werden Künstler
Zehn Räume im Untergeschoss des Japanischen Palais wurden so von internationalen, aber auch aus Dresden stammenden Künstlerinnen und Künstlern inszeniert. Die Erfahrungen aus den beiden ersten Ausgaben der Kinderbiennale habe man dabei mit einfließen lassen, erklärt Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. So könne man noch stärker auf die Wünsche der Kinder eingehen.
Kinder könnten auf diese Weise selbst zu Künstlerinnen und Künstlern werden – immer in Anwesenheit erfahrener Künstler, teils aus anderen Teilen der Welt und anderen Kulturen – wodurch sie ganz viel lernen würden, so Ackermann.
Mitgestaltung als Grundidee
Dieses Mitgestalten ist aber nicht nur den Mädchen und Jungen der Kinderbeiräte vorbehalten. Auch die Ausstellungsbesucher können sich beteiligen. Mit den Dresdner Vereinen The Constitute und Kunststoffschiede können sie beispielsweise ausprobieren, wie und wozu man Plastik recyceln kann. Dafür müssen sie aus Greifautomaten, wie man sie vom Rummel kennt, Müll angeln und mit Hilfe von Scannern die Kunststoffart bestimmen.
Auch an der beeindruckenden Skulptur eines gefällten Baumes des philippinischen Künstlerpaares Isabel und Alfredo Aquilizan dürfen alle mitarbeiten. Sie erstreckt sich über zwei Säle – in einem liegt die gewaltige Baumkrone, im anderen der Stamm – und erzählt, zusammengesetzt aus unzähligen selbst gebauten Papphäusern, von Heimat, Migration und einem friedlichen Zusammenleben.
Empowerment für die Kinder
"Wir wollen mit dieser Ausstellung auch mal die rigiden Grenzen zwischen hoher Kunst und Nicht-Kunst und Kinderkunst und internationaler Gegenwartskunst auflösen", sagt Ackermann dazu. Vor allem aber gehe es bei der Kinderbiennale um Empowerment, um Selbstermächtigung, "dass man auch dieser Generation in dieser komplizierten Zeit das Gefühl gibt, die Dinge wirklich selber gestalten zu können." Sie sollen spüren, dass man selber eine Stimme hat in dieser Welt hat, in der eigentlich die nächsten Generationen kaum gefragt werden.
Insofern ist "Planet Utopia" unbedingt auch für Erwachsene zu empfehlen. Denn fantastischer kann man kaum erleben, was sich unsere Kinder für ihre Zukunft wünschen.
Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause), Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Redaktionelle Bearbeitung: op
Weitere Informationen
Kinderbiennale "Planet Utopia"
Kooperation der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit der National Gallery Singapore
1. Juni 2024 bis 30. März 2025
Eröffnung: 1. Juni 2024, 15 bis 21 Uhr
Japanisches Palais
Palaisplatz 11, 01097 Dresden
Öffnungszeiten:
täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen
Eintritt frei
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Juni 2024 | 18:40 Uhr