Staatliche Kunstsammlungen Dresden Dresdner Blockhaus heißt jetzt Archiv der Avantgarden
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08. September 2023, 13:20 Uhr
Nach vier Jahren Umbauzeit wurde das Blockhaus in Dresden an die Staatlichen Kunstsammlungen übergeben. Darin soll künftig das "Archiv der Avantgarden" seinen Sitz haben. Das ist eine rund 1,5 Millionen Objekte umfassende Sammlung, die der Kunstsammler Egidio Marzona dem Museumsverbund geschenkt hat. Der Bau verbindet eindrücklich die Gegensätze von Tradition und Moderne. Äußerlich wurde die historische Fassade erhalten, das Innere weist mit seiner futuristischen Architektur in die Zukunft.
- Das Blockhaus in Dresden hat eine wechselhafte Geschichte.
- Kunstsammler und Mäzen Egidio Marzoni schenkt den SKD seine Sammlung.
- Mit dem ADA entsteht in Dresden ein Museum neuen Typs.
Gegensätzlicher könnte ein Gebäude kaum sein: Von außen erstrahlt das Dresdner Blockhaus an der Augustusbrücke, vis-à-vis vom Goldenen Reiter, im vertrauten barocken Glanz. Doch sobald man es betritt, weiß man: Dies ist alles nur Fassade. Denn im Inneren entfaltet sich ein zeitgenössisches Raum-Ensemble, das architektonische Maßstäbe setzt. Den Entwurf dazu lieferten Nieto Sobejano Arquitectos, die 2018 den Architekturwettbewerb zum Umbau des Blockhauses gewonnen hatten. Die Pläne des Architekturbüros wurden letztlich 1:1 umgesetzt.
Klare Strukturen, grauer Beton, der eine Art Holzmaserung ausweist, bestimmen das Interieur des entkernten Altbaus. Eine große, freie Fläche führt den Blick geradewegs hin zu einer imposanten Wendeltreppe, ebenfalls aus Beton. Über allem scheint -das ist das Spektakulärste innerhalb dieser minimalistisch anmutenden Gestaltung- ein Kubus zu schweben. Er ist das Herzstück des neuen Blockhauses. Darin wird künftig das "Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona", kurz ADA, sein Domizil haben.
Erst Wachgebäude, dann Wohnhaus und jetzt: Kunstmuseum
Das Blockhaus wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Wachgebäude erbaut, brannte im Februar 1945 völlig aus und wurde zu DDR-Zeiten wiederaufgebaut. Zuletzt nutzte es unter anderem die Sächsische Akademie der Künste. Den aktuellen Umbau zum ADA hat sich der Freistaat Sachsen 29 Millionen Euro kosten lassen. Gut investiertes Geld, wie man den euphorischen Worten des Finanzministers Hartmut Vorjohann bei der symbolischen Schlüsselübergabe an die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden entnehmen konnte. Er sprach begeistert von einer Architekturikone von internationalem Rang, von einer geradezu sakralen Anmutung der lichtdurchflutenden Räume.
Neues Zuhause für die Kunstsammlung von Egidio Marzona
In den kommenden Wochen und Monaten wird das "Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona", das derzeit noch einen Interimssitz im benachbarten Japanischen Palais hat, in sein neues Domizil umziehen. 2016 hatte der Kunstsammler und Mäzen Egidio Marzona bekannt gegeben, dass er Teile seines umfassenden Archivs den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden schenken würde. Damit verknüpft war das Angebot des Freistaats, das Blockhaus, das seit dem Hochwasser 2013 stark beschädigt und ungenutzt war, als Standort für die Sammlung zu sanieren.
ADA: Schaudepot, Archiv und Forschungsplattform
Etwa 1,5 Millionen Objekte umfasst die Schenkung. Entstanden ist die Sammlung in einem Zeitraum von 1905 bis in die 1980er-Jahre hinein. Neben Gemälden, Zeichnungen, Möbeln und Designobjekten gehören dazu auch Dokumente und so genannte Ephemera wie Einladungskarten, Poster, Kataloge und Briefe. Sie alle werden demnächst ihren Platz im schwebenden Kubus finden, in für Archive typischen Rollregalen. Einzelne Objekte sollen aber auch im öffentlich zugänglichen Teil die bisher noch leeren Regalwände füllen – eine Art Schaudepot für Egidio Marzonas Sammlung.
Mit dem ADA wird in Dresden ein Museum neuen Typs entstehen, betont die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Marion Ackermann und fasst dies mit den Schlagworten "Lagern – Zeigen – Forschen" zusammen. Als moderne Forschungsplattform sollen hier sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler Zugang erhalten, aber auch alle anderen Interessierten, die sich mit diesem Schatz, den dieses Archiv birgt, auseinanderzusetzen.
Das wird ein offenes Objekt sein. Man kann herkommen. Man kann sich mit den Materialien auseinandersetzen. Man kann selber auch forschen. Dieser Blick nach innen und dieser internationale Blick macht dieses Archiv der Avantgarden so spannend.
Dafür wurden auf den insgesamt 1.900 Quadratmetern zahlreiche Möglichkeiten geschaffen, die zum Lesen, Verweilen und Erforschen des Archivs einladen - auch mitten im Kubus. Zudem sind jährlich zwei Ausstellungen geplant, die sich mit unterschiedlichem Fokus der Sammlung widmen. Den Auftakt machen die Surrealisten, wenn das Blockhaus am 5. Mai 2024 seine Türen für das Publikum öffnet. Anlässlich des 100. Jubiläums des prägenden "Manifests des Surrealismus'" von André Breton steht dann das "Archiv der Träume" im Mittelpunkt.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 08. September 2023 | 07:10 Uhr