Arbeitskampf Eskalation: Recyclingfirma in Espenhain will Streikwillige aussperren

03. Mai 2024, 18:11 Uhr

Die nächste Eskalation im Dauerstreik beim Schrott- und Recyclingunternehmen SRW metalfloat in Espenhain droht: Das Unternehmen will die rund 100 Streikenden am kommenden Montag aussperren. Eigentlich hatte die Gewerkschaft einen Schritt hin zum Arbeitgeber geplant und wollte den Dauerstreik nach 180 Tagen unterbrechen, um Tarifverhandlungen zu ermöglichen. Die IG Metall reagierte bereits auf die Ankündigung der SRW.

Es sei eine "unerträgliche Arroganz" des Arbeitgebers, sagt der spürbar wütende Gewerkschafter Michael Hecker am Telefon. Hecker ist Verhandlungsführer und zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig.

Er habe vor wenigen Stunden eine Nachricht des Recyclingunternehmens SRW metalfloat aus Espenhain erhalten, dass das Unternehmen die rund 100 Streikenden, die seit 180 Tagen die Arbeit niedergelegt haben, am 6. Mai aussperren und ihnen so den Zutritt zum Betrieb verweigern will.

SRW metalfloat: Kurzfristige Eingliederung ist nicht möglich

Es wäre die nächste Eskalationsstufe in einem der längsten Arbeitskämpfe in der Geschichte der Bundesrepublik. Zuvor hatte die IG Metall angekündigt, den Streik nach 180 Tagen zu unterbrechen.

Das Unternehmen, eine Tochterfirma des baden-württembergischen Unternehmens Scholz Recycling, teilte MDR SACHSEN mit, dass es so kurzfristig nicht möglich sei, so viele Arbeitnehmer wieder in den Betrieb zu integrieren. "Die sofortige Eingliederung der bisher Streikenden in die mittlerweile komplett veränderten Betriebsabläufe der SRW metalfloat ist ohnehin objektiv nicht möglich", sagte ein Unternehmenssprecher.

IG-Metall-Gewerkschafter Hecker bezeichnet dieses Argument als "hanebüchen". Zuvor habe man dem Unternehmen vorgeschlagen, gemeinsam das Schichtsystem zu überarbeiten, um reibungslose Arbeitsabläufe zu ermöglichen. Dies soll die SRW abgelehnt haben.

Arbeitgeber will Angebot unterbreitet haben, Gewerkschaft widerspricht

In den Wochen zuvor hatte die Recyclingfirma mehrmals gegenüber der Presse betont, dass sie der Tarifkommission ein Angebot unterbreitet habe. Einen solchen Vorschlag habe die Gewerkschaft jedoch nie gesehen, sagt Hecker und spricht von einer gezielten "Desinformationskampagne" und "Fake News" der SRW.

Die IG Metall fordert seit Beginn des Streiks Anfang November acht Prozent mehr Lohn, höheres Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden. Aktuell bekommen viele der 180 SRW-Mitarbeitenden, die in einem Drei-Schicht-System Metallschrott recyceln, einen Stundenlohn von rund 13,60 Euro. 

Laut der SRW ist das Unternehmen bereit, mehr Lohn zu zahlen. Außerdem sei bereits ein Großteil der Belegschaft weniger als 40 Stunden in der Woche tätig.

IG Metall wollte Streik unterbrechen

Mit der Streikunterbrechung wollte die IG Metall nun eigentlich einen Schritt hin zum Arbeitgeber gehen, um ein Gespräch zu ermöglichen. "Wir erwarten jetzt vom Arbeitgeber, dass gegebenenfalls mit externer Moderation ein Gesprächsprozess darüber beginnen kann, wie die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen kollektiv und rechtssicher von den Sozialpartnern vereinbart werden können", sagte Hecker.

Kurz nachdem diese Nachricht die SRW erreichte, soll die Ankündigung zur Aussperrung ausgesprochen worden sein. Hecker dazu: Trotz der Androhung sollten die Streikenden am Montag den Betrieb betreten und die Arbeit wiederaufnehmen. Die Gewerkschafter sollen sich nicht einschüchtern lassen, sagt er.

Offener Brief des Betriebsrat forderte Ende des Streiks

Die IG Metall versucht seit einigen Wochen, die Geschäftsführung an den Verhandlungstisch zu bewegen. Mitte April überreichten sie der Firma einen selbst erstellten Tarifvertrag, der ihre zentralen Forderungen beinhaltet. Wenig später wandte sich der Betriebsrat von Scholz Recycling in einem Offenen Brief an die IG Metall und forderte ein Ende des Streiks.

Auch die Politik beschäftigt sich mit dem Dauerstreik. 79 Mitglieder des Deutschen Bundestages haben sich in einem Offenen Brief an Eigentümer und Geschäftsführung von SRW metalfloat gewandt und drängten auf eine Tariflösung. Zudem besuchten bereits Gregor Gysi (Linke) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) das Werk, um im Arbeitskampf zu vermitteln.

SRW gehört chinesischen Firma

Der Dauerstreik ist nicht nur eine deutsche Angelegenheit. Der SRW-Mutterkonzern Scholz Recycling gehört der chinesischen Chiho Environmental Group mit Sitz auf den Cayman Islands. Laut der IG Metall reagierte der Chinese Yongming Qin, Geschäftsführer von Scholz Recycling, bisher auf keine Gesprächsangebote der Gewerkschaft.    

MDR (mad)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 03. Mai 2024 | 17:30 Uhr

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