Migranten mit Reisegepäck
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Zahlen & Daten Flucht und Asyl: So viele Menschen suchen in Thüringen Schutz

25. März 2025, 10:48 Uhr

Das Thema Flucht und Asyl stellt Deutschland weiterhin vor Herausforderungen. Zahlen und Grafiken für Thüringen erhalten Sie hier - Schritt für Schritt erklärt.

So viele Menschen suchen in Thüringen Schutz

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, hat Ende 2023 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die meisten Menschen kamen im Zuge der Fluchtbewegung 2015/16 und infolge des Ukraine-Kriegs nach Deutschland und Thüringen. Viele halten sich nach wie vor hier auf, weil sie offiziell Schutz erhalten haben, ihr Asylverfahren noch läuft oder sie aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Zusätzlich kamen 2023 wieder mehr Asylsuchende an - vor allem aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

In den vergangenen drei Jahren kamen die meisten Geflüchteten aus der Ukraine, die infolge des russischen Angriffskriegs flohen. Sie müssen keinen Asylantrag stellen, da sie bei Registrierung automatisch eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis erhalten, quasi das Asylverfahren überspringen. Im Jahr 2022 kamen fast 32.000 Ukrainer nach Thüringen.

2023 waren es deutlich weniger. Von Januar bis Dezember suchten laut Auskunft des Landesverwaltungsamts rund 8.400 ukrainische Flüchtlinge in Thüringen Schutz. Im Jahr 2024 kamen noch rund 2.717 ukrainische Flüchtlinge nach Thüringen. Laut dem Thüringer Migrationsministerium nahm Thüringen seit Anfang des Krieges 49.000 Ukrainer auf. Gegenwärtig leben noch 35.000 von ihnen im Freistaat.

Die Gesamtzahl der Menschen, die in Thüringen Schutz suchen und sich hier aufhalten, stieg in den vergangenen Jahren an. Ende 2023 waren nach offiziellen Angaben in Thüringen insgesamt 67.820 Menschen registriert, die hier Schutz suchen.

Unter dem Begriff "Schutzsuchende" erfasst das deutsche Ausländerzentralregister (AZR) alle Menschen, die sich aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen hier aufhalten - egal, welchen rechtlichen Status sie haben oder woher sie stammen. Das heißt, es werden sowohl Personen erfasst, die offiziell Schutz erhalten haben, als auch solche, die auf ihren Asylentscheid warten, aber auch jene, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde und ausreisepflichtig sind.

Der Begriff vermittelt somit ein breiteres Bild als etwa Begriffe wie Flüchtlinge, Asylsuchende, Asylantragsteller oder Asylberechtigte. Nicht unter Schutzsuchende fallen Ausländerinnen und Ausländer, die in erster Linie nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten (freiwillige Migration). Die folgende Karte zeigt den Anteil der Schutzsuchenden in den Kreisen und kreisfreien Städten zum Stichtag 31.12.2023.

Zahlen zu Asylanträgen und Asylentscheidungen

Wenn Geflüchtete in Deutschland ankommen, müssen sie sich zunächst registrieren. Sie gelten dann als Asylsuchende. Meistens geschieht das in einer Erstaufnahmeeinrichtung des jeweiligen Bundeslands. Die Geflüchteten können jedoch nicht selbst entscheiden, wo sie unterkommen. Damit ein Bundesland nicht deutlich mehr aufnimmt als ein anderes, gibt es in Deutschland ein System, das die Menschen gleichmäßig verteilt, genannt Königsteiner Schlüssel. Berechnet wird dieser Schlüssel mittels Bevölkerungszahl (ein Drittel) und den Steuereinnahmen (zwei Drittel).

Durch die Zuweisung in eine bestimmte Aufnahmeeinrichtung entscheidet sich auch, in welchem Bundesland beziehungsweise in welcher Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge der Asylantrag bearbeitet wird. In Thüringen haben 2024 weniger Menschen einen Asylantrag gestellt als im Vorjahr.

Wie aus Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hervorgeht, belief sich die Zahl der Gesamtanträge auf 7.725. Davon beantragten 7.070 zum ersten Mal Asyl. Bei den übrigen Anträgen handelt es sich um Folgeanträge. Im gesamten Jahr 2023 registrierte die Behörde insgesamt 8.821 Anträge. Allerdings sind es gegenwärtig immer noch deutlich weniger Anträge als in den Jahren 2015/16, als in Thüringen jährlich bis zu 16.000 Asylanträge gestellt wurden.

Ob den Antragstellern auch Schutz gewährt wird, hängt unmittelbar mit der Staatsangehörigkeit zusammen. Antragsteller aus Syrien, Eritrea, Afghanistan oder Somalia haben gegenwärtig deutlich bessere Chancen auf einen Schutzstatus als Menschen aus Iran, Irak, Türkei oder Russland. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge spricht hierbei auch von der Schutzquote.

Nach Prüfung des Asylantrags gilt als "geschützt", wer als Flüchtling nach Genfer Konvention anerkannt ist, als asylberechtigt nach Deutschem Grundgesetz gilt, subsidiären Schutz erfährt oder für den ein Abschiebungsverbot ausgesprochen wurde. Beispielsweise werden syrische Antragsteller - als größte Gruppe - mehrheitlich nicht als Flüchtlinge erkannt, sondern erhalten zum Großteil subsidiären Schutz.

Bei vielen Asylanträgen trifft die Behörde keine inhaltliche Entscheidung. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein anderes EU-Land zuständig ist (Dublin-Verfahren) oder der Antrag zurückgezogen wurde. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist dann von einer "formellen Entscheidung" die Rede. 25,1 Prozent aller Anträge im vergangenen Jahr wurden "formell" entschieden.

Asyl: Alter, Geschlecht und Herkunft

Geflüchtete mit syrischer Staatsangehörigkeit stellen in Thüringen verhältnismäßig die meisten Asylanträge, gefolgt von der afghanischen und türkischen. Anträge mit unbekannter Staatsangehörigkeit gibt es auch - die Zahl ist allerdings gering. Deutschlandweit lag 2024 die Quote der ungeklärten Staatszugehörigkeit der Asylanträge bei 2,1 Prozent.

Hinsichtlich Alter und Geschlecht stellen Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren am häufigsten Antrag auf Asyl. Das war bereits in den Jahren 2015/16 so. In Thüringen sind rund 71 Prozent aller Asylantragsteller männlich und 29 Prozent weiblich. Rund 32 Prozent sind minderjährig.

Abschiebungen und Ausreisepflichtige

Bei einem abgelehnten Asylbescheid droht Asylsuchenden die Abschiebung. Sie gelten dann als ausreisepflichtig. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Geflüchteten eine befristete Duldung erteilt. Die Abschiebung wird dann ausgesetzt. Das ist etwa dann der Fall, wenn aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsland ein Abschiebestopp besteht. Doch auch wenn Schutzsuchende keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, kann eine Duldung erteilt werden. Die betroffene Person bleibt dann aber grundsätzlich ausreisepflichtig.

Neben abgelehnten Asylbewerbern können auch Touristen, Arbeitnehmer und ausländische Studenten ausreisepflichtig sein, wenn etwa ihr Visum beziehungsweise ihre Aufenthaltserlaubnis abläuft. In Thüringen bestand Ende des Jahres 2024 für 4.322 Personen eine Ausreisepflicht. Die überwiegende Mehrheit davon hatte eine Duldung - nämlich 3.871. Somit wurde bei einer deutlichen Mehrheit die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt.

Oft wird kritisiert, dass zu wenige Abschiebungen stattfinden oder wirklich durchgeführt werden. Nach Zahlen des Landes Thüringen wurden im Jahr 2024 443 abgelehnte Asylbewerber tatsächlich abgeschoben und damit mehr als im Vorjahr.

Insgesamt 970 Abschiebungen kamen dagegen nicht zustande. Gründe dafür sind vor allem das Untertauchen von Betroffenen, unbekannte Aufenthaltsorte, Härtefallanträge oder andere rechtliche Gründe.

Die Hauptfluchtrouten im Überblick

In den vergangenen drei Jahren kamen wieder mehr Menschen über die Fluchtrouten nach Europa und von dort nach Deutschland. Die größten Routen führten über das zentrale und östliche Mittelmeer. Bei dem Versuch kamen in den vergangenen Jahren Tausende Menschen ums Leben.

Im Jahr 2024 registrierte die europäische Grenzschutzagentur Frontex insgesamt rund 240.000 Geflüchtete, die irregulär nach Europa kamen. Allerdings sind es immer noch deutlich weniger als in den Jahren 2015/16, als bis zu 1,8 Millionen Menschen ankamen. Der Rückgang hängt auch mit strikteren Kontrollen der Grenzen und Abkommen beispielsweise mit der Türkei zusammen, nach dem Schutzsuchende wieder dorthin abgeschoben werden dürfen. Aktuelle Zahlen erhalten Sie mit Klick auf die jeweilige Fluchtroute auf der Karte:

Über die Zentral-Mittelmeer-Route verzeichnete die EU-Grenzschutzagentur Frontex im Jahr 2024 66.855 irreguläre Einreisen. Im kompletten vergangenen Jahr waren es noch 158.026. Über das östliche Mittelmeer kamen laut Frontex 70.219 Menschen irregulär nach Europa (Vorjahr 61.098). Nachgelassen hat der Druck über die West-Balkan-Route. Dafür kamen deutlich Menschen über die Osteuropa-Route nach Polen und über die Westafrika-Route auf die Kanarischen Inseln.

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MDR (sar)

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