Ein Mann spricht bei einer Veranstaltung.
Besorgt um die Leistungsbereitschaft in Deutschland: Dieter Bauhaus, Präsident der IHK Erfurt. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Wirtschaft "Weniger Teilzeit, weniger Homeoffice": Präsident der IHK Erfurt fordert Leistungsbereitschaft

29. Januar 2025, 17:11 Uhr

Die Industrie- und Handelskammer Erfurt hat eine Debatte über allgemeine Leistungsbereitschaft angestoßen. IHK-Präsident Dieter Bauhaus warnt vor einer Abwärtsspirale und vor Wohlstandsverlusten.

Weniger Homeoffice, weniger Teilzeit, weniger Geld im Krankheitsfall: Mit einem Brandbrief fordert der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt, Dieter Bauhaus, mehr Leistungsbereitschaft.

Nicht allein die Innovationskraft, sondern die gesellschaftliche Bereitschaft, sich anzustrengen und Verantwortung zu übernehmen, entscheide über den wirtschaftlichen Erfolg des Landes, schreibt Bauhaus in einer Stellungnahme anlässlich eines bundesweiten "Wirtschaftswarntages".

IHK-Chef warnt vor zu viel staatlicher Fürsorge

Die Vorstellung von einer "anstrengungslosen Gesellschaft", in der Wohlstand durch geringe eigene Anstrengung oder übermäßige staatliche Fürsorge generiert wird, sei eine gefährliche Illusion. Bauhaus warnt vor einer Abwärtsspirale und Wohlstandsverlusten. Künftige Generationen müssten so mit einer anderen medizinischen Versorgung, niedrigeren Renten oder weniger Urlaub rechnen. 

Der Staat müsse zwar notwendige Unterstützung bieten, "insbesondere für diejenigen, die temporär oder dauerhaft nicht in der Lage sind, durch eigene Anstrengung für ihren Lebensunterhalt zu sorgen". Doch gleichzeitig müsse der Wert von harter Arbeit, Innovation und Unternehmertum gefördert werden.

Linke-Fraktion kritisiert IHK-Brief

Scharfe Kritik an dem Schreiben kommt von der Linksfraktion im Thüringer Landtag. IHK-Erfurt-Chef Bauhaus habe den Bezug zur Lebensrealität von Millionen arbeitender Menschen verloren und wolle offenbar eine Arbeitswelt aus dem 19. Jahrhundert zurück, sagte die arbeitspolitische Sprecherin Lena Saniye Güngör.

Die stellvertretende Vorsitzende des DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) Hessen-Thüringen, Renate Sternatz, sagte, Bauhaus beleidige pauschal Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und unterstelle ihnen Fauheit.

Hier werde die soziale Absicherung frontal angegriffen, die die Beschäftigten erkämpft haben. Keine der Verbesserungen sei von der Arbeitgeberseite geschenkt worden. Die Menschen leisteten jeden Tag ihren Beitrag für den Wohlstand unserer Gesellschaft, sie brauchten keine Mahnungen, sondern Fairness.

Diese Forderungen stehen im IHK-Brief Bei Krankentagen plädiert IHK-Erfurt-Chef Dieter Bauhaus nicht nur für weniger Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sondern auch für Eigenanteile der Versicherten bei Krankenkosten. Die telefonische Krankschreibung gehöre abgeschafft.

Teilzeit werde nicht nur für Kinderbetreuung und Pflege genutzt, sondern diene der Work-Life-Balance, schreibt Bauhaus. "Solange trotz Teilzeit mehrere Auslandsurlaube pro Jahr möglich sind, vielleicht dazu noch eine Kur, scheint ja alles in Ordnung zu sein."

Großzügige Homeoffice-Regelungen sollten deutlich eingeschränkt werden, schreibt Bauhaus.

Schwangerschaft solle nicht als Phase gesehen werden, in der leichte Bürotätigkeiten immer öfter mit einem Beschäftigungsverbot verbunden sein müsse, wenn das medizinisch nicht nötig sei, schreibt Bauhaus

Wirtschaftsministerin mit Ideen für Thüringen

Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (CDU) forderte am bundesweiten "Wirtschaftswarntages" eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik auf Bundesebene. Der "freie Fall des Wirtschaftsstandorts Deutschland" müsse gestoppt werden.

Mit Blick auf Thüringen fügte sie hinzu, das Land könne sich von den Entwicklungen auf Bundes- und EU-Ebene nicht abkoppeln. Die Landesregierung verfüge vor allem über strukturpolitische Instrumente, mit denen sie Investitionen, Wachstum und Expansion der Betriebe unterstützen könne.

Schwerpunkte sind dabei laut Boos-John unter anderem das Modernisieren der wirtschaftsnahen Infrastruktur, der Bürokratieabbau etwa bei Förderprogrammen sowie das Gewinnen von Fachleuten aus dem Ausland.

Bundesweit beteiligten sich am Mittwoch rund 50 Verbände und Unternehmen an Aktionen für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit. Dazu aufgerufen hatte die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). In Berlin gab es eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor.

Die IHK Erfurt beteiligte sich den Angaben zufolge nicht an den Aktionen, der Verband der Wirtschaft Thüringens dagegen schon. Dessen Hauptgeschäftsführer Matthias Kreft nannte die Lage "höchst dramatisch". Nach der Bundestagswahl brauche es eine Wirtschaftswende.

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MDR (mm), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 29. Januar 2025 | 14:00 Uhr

113 Kommentare

zenkimaus vor 2 Wochen

Ich bin für folgenden Vorschlag. Abschaffung der Kammern im Handwerk und Industrie sowie Handel. Das sind Beiträge die gerade die kleinen Handwerksbetriebe brauchen können.
Ich weiß bis heute nicht,was machen die da? Kann mir das mal jemand richtig erklären.

Sia vor 2 Wochen

.... und genau deshalb gibt es für selbstständige Schwangere eine freiwillige Versicherung dafür. Eine schwangere Selbsständige kann sich ebenso "freistellen". wie eine Angestellte. Dafür muss man nur eine, im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung, sehr günstige Krankentagegeldversicherung abschließen. Damit kann man dann, bei jenen genanten Gründen, auch zu hause bleiben. Die meisten selbsttänigen entscheiden sich dann doch wohl eher für die Kosteneinsparung bei der PKV.

Sia vor 2 Wochen

also, wenn ich daran Denke wie "ehrlich" die Arbeit meiner Frieseurin während Corona war...... Dunkelschwarz trifft es eher. Sie hat nach eigenen Angaben ihren "Lohn" mit weniger Arbeit verdoppelt.
Es gibt über all sone und solche. Auch während Corona gab es Vermieter, die in die Privatinsolvenz mussten oder Pleite gingen.
Es gibt über all Menschen, die nicht ehrlich Arbeiten und es gibt auch Reiche die ehrliche Arbeiter schätzen.

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