Wärmewende Wärmeplanung in Jena: Heizen mit grüner Fernwärme und Wärmepumpen
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11. Februar 2025, 15:42 Uhr
Wenn es ums Heizen geht, werden wir uns langsam von Öl und Gas verabschieden müssen. Doch wie bekommen wir dann unsere Wohnungen warm? Um diese Frage zu beantworten, stellen die Kommunen zur Zeit so genannte Wärmepläne auf: Wo lohnt sich Fernwärme, wo gibt es Wasserstoff, bei wem wird es auf eine Wärmepumpe hinauslaufen? In Jena weiß man jetzt, wo die Reise hingeht.
Jena setzt seit jeher auf Fernwärme. Mehr als die Hälfte aller Wohnungen werden mit Wasserdampf beheizt. Über 100 Kilometer der dicken Leitungen ziehen sich ober- oder unterirdisch durch die Stadt. Bis 2035 will die Stadt klimaneutral werden. Heißt also, auch die Erzeugung der Fernwärme muss dekarbonisiert werden. Aktuell wird für den Wasserdampf noch jede Menge Erdgas verbrannt.
Große Hoffnung auf Flussthermie-Kraftwerk an der Saale
Damit die Fernwärme grün wird, setzt die Stadt große Hoffnungen auf ein riesiges Flussthermie-Kraftwerk, das künftig die benötigte Energie aus der Saale holen soll. Die Hälfte der Fernwärme-Kunden könnten auf diese Weise versorgt werden. Weitere Wärmeenergie soll aus der der Kraft-Wärme-Kopplung mit Wasserstoff und Biogas, Elektro-Kesseln sowie Geo- und Solarthermie kommen.
Leitungsnetz für Fernwärme soll sich fast verdoppeln
Seit Montag ist der Entwurf der Wärmeplanung unter mitmachen.jena.de online. Eine Karte gibt Aufschluss, wie die Stadt künftig versorgt werden könnte. Klar wird: Fernwärme ist das Jenaer Zukunftsthema. Das Leitungsnetz wird sich fast verdoppeln. Der Strategie-Chef der Stadtwerke Jena Netze, Christian Dornack, rechnet mit einem Zubau von rund 100 Kilometern: "Bisher werden rund 56 Prozent aller Haushalte in Jena mit Fernwärme versorgt. Diesen Anteil wollen wir deutlich steigern."
Für die kommunale Wärmeplanung haben die Stadtwerke Jena Netze alle notwendigen Daten zugeliefert. Wer heizt aktuell womit? Wieviel Wärme wird benötigt - jetzt und vor allem in Zukunft? Welche erneuerbaren Energien können langfristig genutzt werden? Lässt sich auch die Abwärme bestehender Prozesse nutzen?
Bisher werden rund 56 Prozent aller Haushalte in Jena mit Fernwärme versorgt. Diesen Anteil wollen wir deutlich steigern.
Stadtwerke: 20.000 Jenaer Haushalte ohne zentralen Anschluss
Herausgekommen ist eine Karte Jenas mit 62 Versorgungsgebieten. Grundlegend wird es dort zwei Versorgungsarten geben. Zum einen das (Fern-)Wärmenetz, das erweitert und dessen Lücken geschlossen werden sollen. Dazu gehören auch Quartierslösungen, also kleine Nahwärmenetze. Ein Beispiel für eine schon bestehende Quartierslösung ist das Wohngebiet Friedensbergterrassen. Zwei kleine Blockheizkraftwerke (BHKW) versorge dort alle neun Wohngebäude. Künftig könnte es noch erweitert und die BHKW durch große Wärmepumpen ersetzt werden.
Zum anderen empfiehlt der Wärmeplan Einzelhauslösungen. Also jene Gebäude, die sich nicht an das Fern- oder ein Nahwärmenetz anschließen lassen, würden dann mit Strom beheizt, zum Beispiel mit einer Wärmepumpe. Das betrifft etwa 20.000 Wohnungen.
Noch keine Entscheidung gibt es für die sogenannten Prüfgebiete: Strom oder Grüner Wasserstoff als Energieträger? Diese Frage muss dort noch beantwortet werden.
Die Stadtwerke durchdenken derzeit aber auch originellere Lösungen. Da ist zum Beispiel das Projekt "Anika". In ihm soll die Abwärme der Kläranlage in Zwätzen für eine grüne Nahwärmeversorgung genutzt werden.
Hunderte Millionen Euro müssen wohl investiert werden
Jede Menge Strom für Wärmepumpen und die massive Aufstockung des Fernwärmenetzes - die Ertüchtigung der Netze kostet natürlich. Christian Dornack erwartet, dass beide Vorhaben mit jeweils einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag zu Buche schlagen. Egal, wie die Wärmeplanung ausgeht. Denn in Stein gemeißelt ist sie noch nicht.
Der städtische Klimaschutzkoordinator Kevin Muschalle-Momberg spricht in diesem Stadium von "Unverbindlichkeit": "Keine Rechte und Pflichten gehen damit einher. Wir informieren mit diesem Plan. Wir wollen Planungs- und Investitionssicherheit schaffen." Im April aber soll die Wärmeplanung den Stadtrat passieren.
Am online einsehbaren Entwurf der Jenaer Wärmeplanung können sich Jenaer auch beteiligen. Am Dienstag in einer Woche will die Stadt zudem auf einer Veranstaltung über die Zukunft des Heizens informieren.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN | 10. Februar 2025 | 19:00 Uhr
Ralf G vor 4 Wochen
AL - Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie im Inland produzierter Strom ohne grünen Wasserstoff grün werden soll?
In 2024 lag der Mix bei 59% Erneuerbaren. Aber auch bei der Verdopplung der WA und PV wird in Dunkelflauten nicht mehr erzeugt.
Ich frage mich schon lange und das ist keine Polemik, gibt es im grünen Wirtschaftsministerium keine Entscheidungsträger, die auch mal mit Physik und Chemie in Berührung gekommen sind?
astrodon vor 4 Wochen
@Ralf: Vaillant schreibt auch: "... die Berechnung der JAZ mittels der VDI-Richtlinie 4650 Blatt 1 ... Folgende Formel wird hierfür verwendet: JAZ = kWh/a (Heizwärme) : kWh/a (Strom)".
astrodon vor 4 Wochen
@Ilse: Klar sind hinterher sind immer alle schlauer - manche (wie Sie) sind es ja schon vorher gewesen ...
Selbst wenn diese Kalkulation nicht stimmen sollte - Ihre Behauptung: "kann nur bezahlbar sein, wenn es in gewaltigen Tarifforderungen des ÖD der dortigen Bewohner einfließt" - ist einfach Quatsch.