Dienstags direkt | 11.03.2025 | 20-23 Uhr Stadt-Land-Fluss - wo und wie wir siedeln
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Wir leben am Wasser, in kleineren und größeren Städten oder in Dörfern auf dem Land. Die meisten Ortschaften, die wir heute kennen, entstanden bereits vor Jahrhunderten. Wie zeitgemäß ist unsere Art zu siedeln noch? Bleibt es attraktiv, in die Metropolen zu ziehen oder ändert sich da etwas? Und welche Infrastrukturprojekte sind nötig, um das Leben auf dem Land attraktiver zu mache? Darüber haben wir bei Dienstags direkt gesprochen.
Mit diesen Gästen waren wir im Gespräch:
- Prof. Dr.-Ing. Alexander Stahr | Professur für Tragwerkslehre an der HTWK Leipzig
Die Integration digitaler Konzepte ist zwingend erforderlich, um das Bauen zukunftsfähig zu machen. Das Problem fehlenden Wohnraums lässt sich dadurch allein aber nicht lösen.
- Andreas Ruby | Direktor Schweizerisches Architekturmuseum (Basel)
Die Stadt der Zukunft ist eher für Menschen als für Autos da.
- Eckehard Bielitz | Geschäftsführer der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen
Den Flüssen Raum geben heißt Abstand halten - auch in der Stadt.
- Dr. Matthias Lerm | Amtsleiter Amt für Stadtplanung und Mobilität Dresden
Zukunftsfähige Städte, eingebettet in starke Regionen, sollen zu gutem Miteinader einladen, was alle Facetten der Urbanität einschließt, und zugleich resilient gegen die Gefahren der Erderhitzung werden.
Dazu dient das Konzept der dreifachen Innenentwicklung - kompakt, durchgrünt und auf neue Weise mobil.
Ohne Infrastruktur ist alles nichts
Regina Kraushaar ist seit Dezember vorigen Jahres Sächsische Staatsministerin für Infrastruktur und Landesentwicklung. Ihr Ministerium folgt auf das bisherige Ministerium für Regionalentwicklung.
Sie ist nun auch für Verkehr bzw. Mobilität verantwortlich. Dass gerade in diesem Bereich viel Arbeit wartet, schrecke sie nicht. Im Gegenteil: die Verbindungen zwischen Städten und ländlichem Raum und zwischen den Orten sei ein wesentlicher Aspekt der Landesentwicklung. Wer mit der Familie auf dem Land lebe und z.B. die kulturellen Angebote der nächsten Stadt nutzen wolle, müsse das leicht hinbekommen. Konzentrieren wolle sie sich auf den Erhalt vorhandener Infrastruktur. Wo Brücken oder Straßen erneuert werden müssen, solle das künftig auch mit weniger Bürokratie möglich sein.
Die Orte sind an der richtigen Stelle
Die Mehrheit der Städte, die heute existieren, gab es im Ansatz so schon vor zweitausend Jahren, sagt Prof. Dr. Harald Simons, der an der HTWK in Leipzig und am Empirica Institut in Berlin arbeitet. Meist entstanden sie an sogenannten Gunstlagen: am Fluss und mit fruchtbarem Ackerboden. In Deutschland sei die Siedlungsstruktur generell sinnvoll. Es komme darauf an, Stadt und Land gut miteinander zu verzahnen. Simons, der einst die Schwarmstadt-Theorie aufstellte, sieht inzwischen Zeichen dafür, dass der Trend in die Städte zu ziehen, sich bereits umkehre. In Berlin sei zu beobachten, dass vor allem junge Familien zunehmend die Stadt verlassen und ins Umland ziehen.
Die Stadt der Zukunft ist nicht für Autos sondern für Menschen da
Der Begriff "ruhender Verkehr" ist für den Architekturpublizisten Andreas Ruby ein Euphemismus. Wären die parkenden Autos weg, würden unsere Städte auf einen Schlag weitaus lebenswerter sein.
Ein Wohnort sei für Menschen dann gut, wenn sie in 15 Minuten ohne Auto alles erledigen könnten, sagt der Direktor des Schweizer Architekturmuseums. Ein Fluss in der Stadt ist für ihn auch wichtig. Er liebe das Gefühl sich zwischen zwei Uferseiten entscheiden zu können, sagt der gebürtige Dresdener. Basel biete das zum Glück. Die Stadt der Zukunft müsse auch neue Formen des Zusammenwohnens ermöglichen, sagt Ruby.
Heute verfüge eine Person im Schnitt über 46 Quadratmeter Wohnraum. Das sei mehr als doppelt so viel, wie vor hundert Jahren. Neue Wohngemeinschaften würden auch dem Problem der Einsamkeit entgegenwirken.
Instandhaltung ist nachhaltiger als Neubau
Prof. Dr. Edeltraud Günther leitet seit 2018 die UN-Universität "UNU-FLORES" in Dresden. Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin und beschäftigt sich vor allem mit Nachhaltigkeitsmanagement und Umweltökonomie. Für unser Thema gibt es in ihrem Forschungsbereich jede Menge Ansätze.
Auch wenn immer häufiger umweltschonendere oder wiederverwendbare Materialien zum Einsatz kommen, generell werde zu oft abgerissen und neu gebaut. Der Erhalt der Bausubstanz sei unterm Strich immer die bessere Alternative sagt sie. Die zeitliche Dimension würde oft nicht beachtet, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Um Prognosen für künftige Belastungen bei Brücken oder Straßen abschätzen zu können, könnten KI-Modelle helfen.
Leitung: Lucas Görlach