Häuschen in Park.
Bildrechte: MDR/Martin Krause

WISSEN-NEWSWie der Blick in die Natur Schmerzen lindert

14. März 2025, 05:00 Uhr

Das Betrachten von Naturszenen kann Schmerzen lindern. Das ist seit 40 Jahren bekannt. Nur das Warum war unklar. Eine Forschungsgruppe hat nun eine Antwort.

Oma hatte doch recht! Ein Spaziergang in der Natur kann Schmerzen lindern. Dabei reicht aber auch einfach der Blick auf eine natürliche Szenerie. Eine Forschungsgruppe unter Leitung der Universität Wien hat dafür ein makaberes Experiment durchgeführt.

Inspiration fanden sie in einer Studie, die vor 40 Jahren durchgeführt wurde. Damals hatte ein Forschungsteam erkannt, dass Krankenhauspatienten weniger Schmerzmittel einnahmen und sich schneller erholten, wenn ihre Fenster auf eine Grünfläche statt auf eine Ziegelmauer gerichtet waren.

Doch trotz jahrzehntelanger Forschung blieben die Mechanismen, die diesem Effekt zugrundeliegen, unbekannt. Die österreichischen Wissenschaftler liefern jetzt die erste robuste Erklärung dafür, warum die Patienten aus der damaligen Studie weniger Schmerzen hatten.

Ein kleines bisschen Schmerz gefällig?

Etwas sadistisch oder masochistisch – je nachdem auf welcher Seite man stand – war der Versuchsaufbau schon. Mit einem fMRT-Scanner (funktionelle Magnetresonanztomographie) überwachte das Forschungsteam die Gehirnaktivität von 49 Teilnehmern, während sie einer Reihe kleiner Elektroschocks ausgesetzt wurden und dadurch Schmerzen erhielten.

Währenddessen sollten die Versuchspersonen sich Videos von Szenen aus der Stadt, dem Innenraum eines Büros oder der Natur ansehen. Die Teilnehmer merkten, dass sie weniger Schmerzen verspürten, wenn sie eine natürliche Szene betrachteten.

Das Forschungsteam untermalte diese Aussagen, indem sie die Scans auswerteten und darauf erkannten, dass sich die spezifischen Gehirnreaktionen, die mit der Schmerzverarbeitung verbunden sind, veränderten.

Analyse mit dem Einsatz von KI

Um die Gehirnnetzwerke zu analysieren, die mit der Schmerzverarbeitung verbunden sind, setzte das Forschungsteam maschinelles Lernen ein. Beim Betrachten einer sorgfältig gestalteten, qualitativ hochwertigen, virtuellen Naturszene reduzierten sich die rohen sensorischen Signale, die das Gehirn bei Schmerzen erhält.

"Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Menschen durchweg weniger Schmerzen empfinden, wenn sie der Natur ausgesetzt sind", erklärt der Erstautor der Studie, Max Steininger (Universität Wien), in einer Mitteilung. "Bisher waren die Gründe für diesen Effekt jedoch unklar."

Die Studie belegt, dass es sich nicht nur um einen Placebo-Effekt handelt. Durch natürliche Szenen reagiert das Gehirn weniger auf Informationen über die Herkunft des Schmerzes und wie intensiv er sich anfühlt, so Steiniger. Die Wirkung des Effekts war jedoch nur halb so hoch wie die von Schmerzmitteln. "Menschen, die Schmerzen haben, sollten auf jeden Fall weiterhin alle Medikamente einnehmen, die ihnen verschrieben wurden."

Links/Studien

Die Studie wurde am 13. März 2025 in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht: Nature exposure induces analgesic effects by acting on nociception-related neural processing.

Zur dazugehörigen Pressemitteilung vom 13. März 2025: Watching nature scenes can reduce pain, new study shows

pk

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | 03. Februar 2025 | 16:10 Uhr

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