Auftakt mit Preisverleihung Leipziger Buchmesse 2025 ist eröffnet: Autor Bacharevič bekommt stehende Ovationen
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26. März 2025, 22:04 Uhr
Bevor die Buchmesse am Donnerstag für das Publikum öffnet, fand am Mittwochabend eine feierliche Zeremonie im Leipziger Gewandhaus statt. Dabei erhielt der belarussische Schriftsteller Alhierd Bacharevič den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung – für ein Buch, das in seinem Heimatland verboten ist. Der Abend stand außerdem schon ganz im Zeichen des Gastlandes Norwegen – nicht zuletzt musikalisch.
- Alhierd Bacharevič hielt in seiner Dankesrede ein Plädoyer für das Buch, das freie Wort und die Freiheit an sich.
- Auch die weiteren Reden waren auffallend politsch – auf der Bühne standen unter anderem Burkhard Jung und Claudia Roth.
- Schon am Eröffnungsabend war das Gastland Norwegen präsent: Das Gewandhausorchester spielte Grieg und Svendsen.
Mit einem Festakt ist am Mittwochabend die Buchmesse Leipzig feierlich eröffnet worden. Im Rahmen der Eröffnung wurde der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung an Alhierd Bacharevič verliehen. Der Autor aus Belarus erhielt den renommierten Preis für seinen Roman "Europas Hunde".
Die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde von der sächsischen Kultur-Staatsministerin Barbara Klepsch (CDU) überreicht. Die Laudatorin Sieglinde Geisel würdigte Bacharevičs Roman zuvor als "existenziell". Das Buch trage dazu bei, "Belarus auf unserer literarischen Landkarte sichtbar zu machen." Es sei eine Mischung aus "Märchen, Agententhriller und Politsatire".
Buch von Bacharevič ist in Belarus verboten
In Belarus wurde das Buch von Zensurbehördern als extremistisch eingestuft und verboten. Mit dem Verbot streiche das belarussische Regime ihn "von der Liste der Lebenden", sagte Bacharevič in seiner Dankesrede, die ein Plädoyer für das Buch, das freie Wort und die Freiheit an sich wurde.
Diese Sprache ist unser Schmerz und unser Schatz zugleich.
Er frage sich, ob die Zensoren die verbotenen Bücher jemals gelesen hätten: "Können sie überhaupt lesen? Zensur ist eine pervertierte Kunst des Lesens", ergänzte Bacharevič, der in Berlin im Exil lebt.
Trotz all der negativen Erfahrungen und Gängelungen schreibe er weiter auf Belarussisch: "Diese Sprache ist unser Schmerz und unser Schatz zugleich", so Bacharevič im Gewandhaus.
Im letzten Teil seines Romans, der von Thomas Weiler ins Deutsche übersetzt wurde, entwirft Bacharevič ein bedrohliches Szenario: Die EU hat sich aufgelöst und im Osten ist ein großrussisches Reich entstanden, zu dem auch Belarus gehört.
Bacharevič mahnte in seiner Rede nach der Preisverleihung: "Zwischen unserer freien Welt und dem Russischen Reich steht heute nur die ukrainische Armee."
Politische Reden von Claudia Roth und Burkhard Jung
Es war ein auffallend politischer Eröffnungsabend - und das nicht nur aufgrund der vielen Berufspolitiker, die den Festakt einleiteten. Für den ersten emotionalen Höhepunkt sorgte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Karin Schmidt-Friderichs, als sie sich für die Freilassung des Autoren Boualem Sansal aussprach, der im algerischen Gefängnis auf sein Urteil wartet. Für ihn blieb symbolisch ein zentraler Platz in den Besucherrängen leer.
Sansal soll wegen eines Vergehens gegen die Staatssicherheit des Landes verurteilt werden. "Ich verneige mich vor seinem Mut, vor seinem Werk und ich tue das trotz allem voller Hoffnung", sagte Schmidt-Friderichs.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte anschließend in ihrer Rede nicht nur das Gastland Norwegen, sie betonte auch die Wichtigkeit der Leipziger Buchmesse für die Gesellschaft: „Gerade in finsteren Zeiten, in denen unsere Demokratie von innen wie von außen bedroht wird, brauchen wir die Kraft der Kultur - sie ist der Sound unserer Demokratie“, sagte Roth.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte in seiner Rede, er erwarte sich von diesem "Fest des Buches" auch einen politischen Diskurs und die Auseinandersetzung über Demokratie, "über das, was diese Welt zusammenhält".
Gastland Norwegen steht im Fokus
Bereits am Eröffnungsabend wurde das Buchmesse-Gastland Norwegen besonders geehrt. Das Gewandhausorchester spielte gleich zwei Stücke von norwegischen Komponisten – eines von Johan Svendsen und eines von Edvard Grieg.
Wir freuen uns darauf, die große Vielfalt der norwegischen Literatur mit Ihnen zu teilen.
Die norwegische Kulturministerin Lubna Jaffery sagte in ihrer Rede bei der Eröffnung, es sei eine große Ehre, dass Norwegen auf der Buchmesse als Gastland dabei sein dürfe: "Wir freuen uns darauf, die große Vielfalt der norwegischen Literatur mit Ihnen zu teilen".
Sie erinnnerte auf der Bühne an große norwegische Literaten wie Henrik Ibsen, Knut Hamsun und Sigrid Undset, aber auch an den Komponisten Edvard Grieg, der einst in Leipzig studierte.
In den kommenden Tagen werden knapp 50 norwegische Autoren und Illustratoren auf der Buchmesse erwartet – darunter bekannte Namen wie Karl Ove Knausgård und Maja Lunde, aber auch Shootingstars wie Oliver Lovrenski. Das Motto des Gastlandes lautet "Traum im Frühling".
Buchbranche wirbt auf Buchmesse Leipzig um neue Leser
Für das Publikum öffnet die Buchmesse am Donnerstag um 10 Uhr. Die Messe vom 27. bis 30. März fällt in eine wirtschaftlich schwierige Zeit, insbesondere für die kleineren Verlage. 2024 wurden weniger Bücher als im Jahr zuvor verkauft.
Der Börsenverein, der die Interessen der Buchbranche vertritt, beziffert den Rückgang auf 1,7 Prozent. Weil die Bücher teurer wurden, legte der Umsatz aber um 0,8 Prozent zu. Bei der Leipziger Buchmesse wollen die Verlage in den kommenden Tagen wieder kräftig Werbung für das Lesen machen.
Quellen: MDR KULTUR, ARD (Maren Ahring, Andreas Berger), Leipziger Buchmesse, dpa, EPD
Redaktionelle Bearbeitung: bh, pb, lk
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. März 2025 | 06:30 Uhr