
Literatur, Promis und Politik Rekord: 296.000 Besucher bei Leipziger Buchmesse
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30. März 2025, 17:00 Uhr
In Leipzig ist die diesjährige Buchmesse am Sonntagabend zu Ende gegangen. Literaturfans konnten zahlreiche Lesungen erleben und mit Autorinnen ins Gespräch kommen. Viele Promis waren zu Gast, darunter Hape Kerkeling, Tami Fischer, Sebastian Fitzek und die Manga-Star Kamome Shirahama. Ein Höhepunkt war die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse am Donnerstag. Gastland Norwegen präsentierte sich zwar ohne Kronprinzessin, dafür mit junger Literatur.
- Die Leipziger Buchmesse 2025 hat einen Besucherrekord aufgestellt: 296.000 Menschen besuchten das Literaturtreffen.
- Ein Highlight war die Verleihung des Leipziger Buchpreises.
- Aktuelle Brachentrends wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz waren ebenso Thema wie der andauernde Krieg in der Ukraine.
296.000 Literaturfans haben nach Angaben der Veranstalter die Leipziger Buchmesse 2025 besucht – ein Rekord. Den Besucheransturm haben die Literaturfans zeitweise deutlich gespürt: Am Donnerstag und Freitag haben sich einige über den langwierigen Einlass beschwert. Das Nadelöhr der Ticketkontrolle sorgte zeitweise für Menschenschlangen, die teilweise bis zum S-Bahnhof der Messe einige hundert Meter vor Glashalle reichte.
Messe-Direktorin: Es war ein Fest des Lesen
"Es war ein Fest des Lesen, ein Fest der Begegnung", sagt die Direktorin der Buchmesse, Astrid Böhmisch bei MDR KULTUR. Sie freut sich über eine "grandiose Resonanz" durch das Publikum: "So wie wir Lesen inszeniert haben, das wird angenommen und gefeiert." Auch bei herausfordernden gesellschaftlichen Themen seien die Plätze voll gewesen und vor allem junge Leute, so Böhmisch, hätten mit diskutiert.
Die Leipziger Buchmesse 2025 stand unter dem Motto "Worte bewegen Welten". Messe-Direktorin Astrid Böhmisch erklärte im Vorfeld der Messe bei MDR KULTUR: "Natürlich ist Lesen immer auch ein Aufbrechen in eine andere Welt." Das Lesen sei eine Entdeckungsreise in andere, vielleicht idyllischere Welten ohne die Schwierigkeiten unserer Realität. "Auf der anderen Seite schaffen Worte eine Wirklichkeit, schaffen Worte eine Realität", so Böhmisch.
Volle Hallen, lange Schlangen
Der rege Besucherandrang war vor allem am Freitag und Samstag zu spüren: Menschenmengen, die sich in den Hallen drängen und lange Schlangen wie etwa vor dem Eingang zum Messegelände. Die meisten Menschen waren aber trotz langer Wartezeiten guter Stimmung. Allerdings ärgerten sich einige Besucher, dass sie nicht rechtzeitig zu bestimmten Veranstaltungen auf die Messe kamen.
Zudem sorgten die Besuchermassen für überfüllte S-Bahnen und Trams. Auch wer mit dem Auto anreiste, musste Geduld mitbringen: Staus auf der Autobahn reichten zeitweise bis ins benachbarte Schkeuditz.
Feierliche Eröffnung: Ehrung für Autor aus Belarus
Bereits am Mittwochabend wurde die Buchmesse mit einem Festakt im Leipziger Gewandhaus eröffnet. Der belarussische Autor Alhierd Bacharevič erhielt im Rahmen der Veranstaltung den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Bacharevič wurde für seinen Roman "Europas Hunde" ausgezeichnet, der laut Jury eine "wilde Mischung aus Politthriller, Epos, Abenteuergeschichte, Satire und Märchen" darstelle. In seinem Heimatland Belarus wurde das Werk von den Behörden verboten. Der Schriftsteller lebt im Exil in Berlin.
Großes Interesse an Gastland Norwegen
Als Gastland der diesjährigen Leipziger Buchmesse wurde Norwegen geehrt. Knapp 50 Autoren und Autorinnen der norwegischen Literaturszene kamen anlässlich der Messe nach Leipzig. Die skandinavischen Literaturschaffenden stießen auf großes Interesse: So waren die Lesungen von Karl Ove Knausgård und Maja Lunde bestens besucht. Die beiden sind Stars der Literaturszene und ihre Romane führen auch in Deutschland regelmäßig die Bestsellerlisten an.
Für die Buchbranche Norwegens ist der deutsche Markt besonders wichtig. Ein Fokus lag auf norwegischer Literatur für Kinder und junge Erwachsene, so Buchmesse-Chefin Astrid Böhmisch. Dem Festakt vor der Buchmesse und der Eröffnung des norwegischen Messestandes sollte eigentlich auch Kronprinzessin Mette-Marit beiwohnen. Das Königshaus des skandinavischen Landes sagte den Besuch allerdings aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ab.
Der Schriftsteller Tore Renberg, der Leipzig von der Recherche für sein Buch "Die Lungenschwimmprobe" kennt, freute sich bei MDR KULTUR über das Publikum: "So viele junge Menschen!" Und auch Linn Strømsborg, die zur jungen Generation norwegischer Literatinnen gehört, stellte ihr Buch auf der Messe vor. "Verdammt wütend" handelt von einer Frau, die im Sommerurlaub mit ihrer Familie und Freunden einen Wutanfall bekommt und ihr bisheriges Leben als Mutter, Partnerin und Frau in Frage stellt.
Verleihung des Leipziger Buchpreises
Eines der großen Highlights war die Verleihung des Buchpreises der Leipziger Buchmesse. Am Donnerstagnachmittag wurden die Preise feierlich übergeben. Die Verleihung fand in der vollen Glashalle des Messegeländes statt. Das Publikum drängte sich, um Blicke auf die beiden Gewinnerinnen und den Gewinner zu erhaschen.
Der Preis wurde wie jedes Jahr sowohl für belletristische Werke, als auch in den Kategorien Sachbuch und Übersetzung verliehen. Er ist in jeder Sparte mit je 20.000 Euro dotiert.
MDR KULTUR und ARD mit vollem Programm
MDR KULTUR hat auf der eigenen Bühne am Bücherwagen in Halle 2 ein umfangreiches Programm angeboten. Das Publikum konnte bis Sonntagnachmittag Lesungen, Live-Hörspiele und Podiumsdiskussionen erleben. Zu Gast waren Literaturschaffende wie Christine Koschmieder, Jakob Hein oder Franziska Hauser.
Zudem haben ARD, ZDF und 3sat ein gemeinsames Programm auf die Buchmesse gebracht. Die gemeinsame Literaturbühne der öffentlich-rechtlichen Sender konnten Lesebegeisterte in der Glashalle des Messegeländes finden. Auch hier stellten dutzende Autoren und Autorinnen ihre Werk vor und kamen ins Gespräch mit ihren Lesern.
Promis auf der Buchmesse: Kerkeling, Gysi und Neubauer
Neben unzähligen gestandenen Schriftstellerinnen und Schriftstellern hat es auch Stars auf die Buchmesse gezogen, die sonst eher aus anderen Unterhaltungsbereichen bekannt sind: Die wohl größte Begeisterung löste Komiker und Autor Hape Kerkeling beim Publikum aus. Kerkeling beendete auf der Buchmesse die Lesereise zu seinem neuen Buch "Gebt mir etwas Zeit". Im Lächeln und Lachen der Menschen vor der Bühne kann man ablesen, wie beliebt der Komiker ist. Vor allem wenn er Anekdoten zu den Lieblingsrollen der Deutschen zum Besten gibt: Horst Schlämmer und Königin Beatrix.
Aber auch andere Promis stießen auf großes Interesse: "Die Ärzte"-Schlagzeuger Bela B, Eckart von Hirschhausen oder Content-Creator Tahsim Durgun stellten ihre neuen Bücher vor.
Leipzigs Buchmesse wurde auch zum Raum für politische Debatten: Neben Linken-Politiker Gregor Gysi, der unter anderem auf der MDR KULTUR-Bühne zu sehen war, traten Klima-Aktivistin Luisa Neubauer, der Publizist Niklaus Blohme oder der Politikwissenschaftler Herfried Münkler auf. Kein Wunder: In Zeiten multipler Krisen fanden die Diskussionsrunden vor dicht gedrängtem Publikum statt.
Trends: Young Adult-Literatur und Booktok
Die Buchmesse ist nicht nur ein Ort, um die Werbetrommel für neue Bücher zu rühren, sondern soll auch den Dialog über wichtige Entwicklungen in der Literaturbranche fördern. Ein Trend der die Branche elektrisiert: Der Erfolg von New-Adult Romanen.
Der Hype um New-Adult-Literatur wurde auch auf der Leipziger Buchmesse deutlich. Das Genre richtet sich an junge Erwachsene im Alter von 18 bis Mitte 20. Es umfasst Romance, Fantasy und teilweise auch erotische Liebesgeschichten. Am Stand des Lyx Verlags etwa hatte sich zwischnezeitlich eine über 100 Meter lange Schlange gebildet.
Die Leipziger Bestseller-Autorin Bianca Iosivoni erklärte den Erfolg bei MDR KULTUR so: "New Adult hat die Lücke zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur gefüllt." Vorher habe es zu wenig Literatur "über Liebe, Berufswahl, alle Probleme und Traumata" gegeben, sagte Iosivoni.
Angefeuert wird dieser Boom durch einen anderen Trend: Booktok. Die Community, die eigentlich auf Social-Media Plattformen wie TikTok ihren Platz hat, ist auch auf der Leipziger Buchmesse angekommen. Die BookTokerin Eva Pramschüfer ist seit einem Jahr auf TikTok aktiv, mit einer Fangemeinde von bereits 20.000 Followern.
Ukraine: Ein Land im Krieg auf der Buchmesse
Auch die Ukraine präsentierte ihre Literatur auf der Messe in Leipzig. Neben Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke haben auch Messe-Leiterin Astrid Böhmisch und Kulturstaatsministerin Claudia Roth an de Eröffnung des Messestandes teilgenommen.
In ihrer Rede betont Astrid Böhmisch, der Ukraine-Stand solle "als Brücke" dienen in die Kultur und die Literatur des kriegsgeplagten Landes. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat in einer energischen Rede auf die Beschädigungen von Weltkulturerbe in der Ukraine hingewiesen: "Dieser Krieg ist ein Krieg gegen die Kultur."
Das Land ringe weiterhin um seine Freiheit und kulturelle Identität, so die Veranstalter der Messe. "Wie der Krieg das Land verändert" und wie ukrainische Autoren "diese existenzielle Erfahrung literarisch verarbeiten", spiegelte laut den Messe-Veranstaltern sich in zahlreichen Veranstaltungen im Rahmen der Buchmesse wider.
Teil des ukrainischen Programms waren Lesungen und Diskussionsrunden mit Autoren wie dem Menschenrechtsaktivisten Maksym Butkevych, dem Journalisten Pavlo Kazarin und der Schriftstellerin und Filmemacherin Iryna Tsilyk. Zudem wurde posthum das Buch "Blick auf Frauen den Krieg im Blick" der Dichterin Victoria Amelina (1986-2023) vorgestellt. Amelina wurde 2023 bei einem russischen Raketenangriff getötet.
Leipzig liest: 2.500 Veranstaltungen
Zeitgleich mit der Leipziger Buchmesse fand auf der Messe auch wieder die Manga-Comic-Con statt und zog tausende Manga-, Cosplay, und Anime-Fans an. Zudem wurden in der gesamten Stadt im Rahmen des Lesefests "Leipzig liest" mehr als 2.500 Veranstaltungen angeboten.
Buchmesse mit Tradition
Die Leipziger Buchmesse zählt neben der Frankfurter Buchmesse zu den wichtigsten Branchentreffen im deutschsprachigen Raum. Ihre Ursprünge gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Seit 1998 findet das Literaturtreffen mit Unterbrechungen jährlich auf dem neuen Messegelände statt.
An der Messe nehmen laut den Veranstaltern über 2.000 Aussteller aus rund 40 verschiedenen Ländern teil. Als erste große Literaturmesse im Jahr läute die Messe das Bücherjahr ein, setzt also literarische Trends in der Branche.
Die Buchmesse zielt auch auf eine junge Zielgruppe ab: Die Hälfte der Besucherinnen und Besucher sind in der Altersgruppe bis 30 Jahre. Ein Grund dafür dürfte die Manga-Comic-Con sein, die seit 2014 im Verbund mit der Buchmesse stattfindet. Zeitgleich wird auch das europäische Lesefest "Leipzig liest" gefeiert.
Quellen: epd, Leipziger Buchmesse, MDR KULTUR (Ellen Schweda, Angelika Zapf, Andreas Berger, Simone Thielmann), Leipzig liest
Redaktionelle Bearbeitung: tis, pl, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 28. März 2025 | 16:30 Uhr