Ein Baby saugt an einer Trinkflasche aus Plastik und schaut dabei in die Kamera.
Kein Fencheltee mehr für Babys und Kleinkinder? Bildrechte: IMAGO / Design Pics

Lebensmittelwarnung EU-Arzneimittelagentur warnt: Fencheltee kann für Babys und Kleinkinder gefährlich sein

14. November 2023, 05:00 Uhr

Seit Wochen sorgt eine Meldung der europäische Arzneimittelagentur EMA in den sozialen Netzwerken vor allem bei Eltern für Aufregung: Die Behörde warnt vor Fencheltee. Diese Sorte enthalte den Stoff Estragol und der sei für Babys und Kinder unter vier Jahren nicht geeignet. In Tierversuchen wurden mögliche Krebsrisiken und schädigende Einflüsse auf das Erbmaterial festgestellt. Wie gefährlich ist Fencheltee für Kinder wirklich und was sollten Eltern tun?

Das in Fenchelfrüchten enthaltene ätherische Öl Estragol entfacht in der Fachwelt seit Jahren heftige Debatten. Jakob Maske ist Kinder- und Jugendmediziner und Sprecher des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte. Auch in seiner Praxis fragen Eltern immer wieder nach, ob sie ihren Kindern noch Fencheltee geben dürfen oder nicht.

Kinderarzt bekräftigt EMA-Warnung: Kein Fencheltee unter vier Jahren

Nach der aktuellen Sicherheitswarnung der EU-Arzneimittelagentur ist die Antwort des Mediziners jedoch eindeutig: "Fenchel wird immer eine heilende Wirkung zugeschrieben. Das ist nie wirklich nachgewiesen worden. Wir haben uns früher nie gegen Fencheltee gestellt. Das würden wir jetzt inzwischen tun. In den Tees sind so unterschiedliche Konzentrationen an Estragol drin, dass man tatsächlich mit normalen Mengen auf eine hohe Tagesdosis kommen kann. Und deswegen ganz klar, unsere Empfehlung: unter vier Jahren keinen Fencheltee." Auch stillende Mütter sollten keinen Fencheltee trinken, rät der Kinder- und Jugendmediziner.

Fencheltee als Mittel für "Schreibabys"

Jahrelang wurde Fenchel nicht nur eine heilende, sondern auch eine beruhigende Wirkung zugeschrieben. Besonders Eltern von sogenannten Schreibabys nutzten bisher Fencheltee als Getränk, um ihre Kinder zu beruhigen.

Doch dafür gibt es – aus fachlicher Sicht – andere Lösungen, sagt Jakob Maske: "Zunächst muss man sagen, dass das Schreien von Kindern etwas ist, das starke Emotionen auslösen kann. Und man sich das anhören und überlegen muss: Wie stark sind die Eltern betroffen? Für die Kinder würde ich eher versuchen, ganz individuell zu beraten, wie man sie zur Ruhe kriegen kann. Wir würden schauen, ob es eine Ursache gibt fürs Schreien, ob es doch Schmerzen sind. Und wenn es ein Schreibaby ist, würden wir individuelle Wege finden, um das Kind zu beruhigen."

Im Extremfall könne auch der Weg in eine sogenannte Schrei-Ambulanz ein geeignetes Mittel sein, um das Problem zu lösen, erklärt der Arzt. Andere Fachleute weisen darauf hin, dass die Unruhe von Babys oft nicht mit zum Beispiel Blähungen zusammenhängt, sondern mit einer problematischen Interaktion der Eltern. Es bestehe daher die Befürchtung, dass der Einsatz von Fencheltee möglicherweise nur zu einer Verschleierung der Ursachen beiträgt und damit eine Therapie verzögert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. November 2023 | 07:55 Uhr

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