Recycling Warum Mehrwegverpackungen kaum genutzt werden

28. Januar 2024, 12:01 Uhr

In der Gastronomie gibt es seit einem Jahr eine Mehrwegpflicht. Das neue Verpackungsgesetz schreibt vor, dass Getränke und Speisen zum Mitnehmen auch in einer wiederverwendbaren Packung angeboten werden müssen. Doch die Mehrwegverpackungen werden von Kundinnen und Kunden kaum genutzt.

Ein Vormittag in der Innenstadt von Halle. Hier betreibt ein großer Kaffeeröster einen Laden und wirbt für seinen Mehrwegbecher für unterwegs. Filialleiterin Elisabeth König erklärt das Prinzip: Wenn Kundinnen und Kunden einen Cappuccino im Mehrwegbecher haben möchten, zögen sie den Becher zusätzlich ab. Wenn ein Deckel gebraucht werde, komme der auch noch drauf: Der Deckel koste 20 Cent und der Becher 80 Cent – insgesamt also ein Euro.

"Dann kommt der Kunde am nächsten Tag wieder, bringt den Becher mit und dann tauschen wir den aus. Oder er kriegt sein Geld zurück– je nachdem, wie er das möchte." Das Angebot wird laut der Filialleiterin angenommen, allerdings: "Nicht in dem Ausmaß, wie wir es erhofft haben."

To-Go-Becher werden selten zurückgegeben

Der Mehrwegbecher aus recycelbarem Material hat es schwer. Viele Becher würden nie mehr in die Filiale zurückkommen. Bei einem Euro Pfand, zeige die Erfahrung, sei der Anreiz für die Kundinnen und Kunden nicht besonders groß.

Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen-Anhalt, Michael Schmidt, macht ähnliche Beobachtungen: "Selbst in großen Food-Courts, ich bin gerade in Berlin gewesen, da ist es mir aufgefallen, dass da wirklich alles Einweg gewesen ist. Es schreckt die Leute ab, sich dann immer wieder mit diesem Mehrweg-Geschirr belasten zu müssen."

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Der Dehoga-Chef aus Naumburg betreibt selbst ein Gasthaus und sieht, wie die Mehrweg-Idee im Alltag an Grenzen kommt. Es gebe allerdings Unterschiede. "Bei Getränken ist das ein bisschen was anderes. Gerade bei Kaffee. Da sieht man vermehrt, dass der To-Go-Becher genommen wird, weil das ein Ritual ist, jeden früh diesen Prozess abzuspulen. Das ist bei Speisen deutlich anders, da ist es deutlich spontaner."

Anteil von Mehrwegverpackungen deutlich unter zehn Prozent

Und so gehen weiterhin vor allem Einwegverpackungen über den Ladentisch. Das sind Becher, Teller, Boxen, Dosen oder Pizzakartons. Der Anteil von Mehrwegverpackungen lässt sich auch ein Jahr nach Einführung der Mehrwegpflicht in der Gastronomie kaum messen.

Nach Berechnungen der Umweltschutzorganisation WWF liegt er im niedrigen einstelligen Bereich. Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, sieht deshalb den Staat in der Pflicht: "Man muss es richtig umsetzen. An erster Stelle stehen die Kontrollen. An zweiter Stelle muss es so sein, dass es einen finanziellen Anreiz gibt. Was wir wollen ist, dass die klimaschädlichen Einwegverpackungen teurer sind als das Pendant im Mehrweg. Dann habe ich auch einen Hebel, dass Menschen das nachfragen."

Beim Kaffeeröster in Halle herrscht inzwischen Hochbetrieb. Jetzt werden viele Becher gefüllt, meist sind es Pappbecher. Da fällt es schon auf, wenn Kundinnen und Kunden gezielt zu einem Thermobecher greifen und damit zur nachhaltigen Alternative. So wie diese Kunden: "Ich brauche den für die Arbeit, weil wir nicht mehr mit dem Pappbecher und dem Deckel in das Lager rein dürfen."

Manchmal allerdings kann Mehrweg auch richtig zur Last fallen. In der Kaffee-Filiale haben sie kürzlich die zurückgebrachten Becher mit der Hand reinigen müssen. Die Spülmaschine war kaputtgegangen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 28. Januar 2024 | 08:05 Uhr

14 Kommentare

nasowasaberauch am 29.01.2024

Die To-Go-Generation lebt also nicht besonders nachhaltig, für mich keine Überraschung. Dafür bekommen die älteren, die nicht im Überfluss gelebt haben und auf den einen Euro keinesfalls verzichtet hätten erklärt, was Nachhaltigkeit ist. Alles nur Schall, Rauch und Nabelschau für die Galerie im social media.

THOMAS H am 29.01.2024

Ja leider, @astrodon, und deshalb verstehe ich die Aufregung nicht, denn wenn Ausnahmen von einer Pflicht gemacht werden die weniger "belastend" für die Menschen sind, ist doch die Aufregung nicht angebracht.

ENTWEDER PFLICHT ODER KEINE PFLICHT !!!!

Ich nicht am 29.01.2024

Beim Denken käme man sehr schnell zu dem Ergebnis dass die Wegwerfgesellschaft für alle sehr teuer ist. Produktion, Transport und Entsorgung wird von allen bezahlt, auch von denjenigen die keine Wegwerfartikel benutzen.
Der richtige Weg wäre es also die realen Kosten auf die Artikel umzulegen, schon wäre das Problem gelöst.
Das hat also nichts mit "Ökosozialismus" zu tun, sondern es ist unsozial die entstehenden Probleme nicht selbst tragen und bezahlen zu wollen!

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