Innenministerin Tamara Zieschang (CDU,Sachsen Anhalt)
Innenministerin von Sachsen-Anhalt, Tamara-Zieschang (CDU) sollte nach einem Antrag der Linken im Landtag offiziell gerügt werden. Das Parlament lehnte ab. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Christian Schroedter

Missstände bei der Polizei Aufbewahrung von Beweismitteln: 274 Waffen nicht wie vorgesehen vernichtet

27. April 2024, 08:51 Uhr

Nach diversen Verstößen bei der Asservatenlagerung der Polizei in Sachsen-Anhalt ist am Freitag im Innenausschuss ein weiterer Verstoß öffentlich geworden. Mehr als 270 beschlagnahmte Waffen sind nicht ordnungsgemäß vernichtet worden. Die Angelegenheit reiht sich ein in eine Reihe von Mängeln in der Asservatenverwaltung.

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Über wahrscheinlich drei bis vier Jahre sind in Sachsen-Anhalt Waffen und waffenähnliche Gegenstände nicht wie vorgesehen vernichtet worden – trotz staatsanwaltschaftlicher Anordnungen. Das teilte die zuständige Abteilungsleiterin des Innenministeriums bei einer Sitzung des Landtags-Innenausschusses am Freitag mit. Die betroffenen 274 Gegenstände wurden demnach aus der Asservatenkammer der Polizeien an eine Vergleichswaffensammlung des Landeskriminalamtes übergeben. Man sei in der Aufarbeitung, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU).

In der Sammlung befinden sich nach Angaben des Ministeriums insgesamt rund 5.000 Waffen. Sie werden unter anderem zu Ausbildungszwecken aufbewahrt. Die Mitarbeiterin sagte, die Waffen seien dort sicher verwahrt. Sie habe keine Sorge, dass Waffen verschwinden könnten.

Vorgehen muss geprüft werden

Ein Vertreter des Justizministeriums sagte, man sei erst vor wenigen Tagen vom Innenministerium über den Sachverhalt informiert worden. Man habe den Generalstaatsanwalt eingeschaltet. 

Ziel der staatsanwaltschaftlichen Anordnungen sei es gewesen, die Waffen dem freien Verkehr zu entziehen. Mit der Aufnahme in die Vergleichswaffensammlung sei der Zweck nach einer ersten Einschätzung erfüllt worden. Dennoch müsse es eine Aufarbeitung geben.

Aufarbeitung von Rechnungshofsbericht: Innenministerium räumt Fehler ein

In der Vergangenheit war im Innenausschuss die Frage diskutiert worden, ob eine vom Landesrechnungshof aufgefundene Waffe eindeutig als Attrappe zu erkennen war. Am Freitag musste das Innenministerium klarstellen, dass die gefundene AK 47, eine Maschinenpistole chinesischer Produktion, ursprünglich eine scharfe Waffe war, die unbrauchbar gemacht wurde und somit nicht sofort als sogenannte Dekowaffe zu erkennen war. Interne Berichte des Ministeriums hatten in der Vergangenheit zu einer missverständlichen Darstellung geführt.

Der Landesrechnungshof hatte im Januar erhebliche Mängel bei den Asservatenverwaltung öffentlich gemacht. Innenministerin Zieschang nahm mit Blick darauf bei der Innenaussschusssitzung am Freitag die Polizei in die Pflicht. Die Polizei mache ihre eigene Ermittlungsarbeit zunichte, wenn sie Beweismittel nicht ordnungsgemäß aufbewahre. Zieschang ist als Innenministerin die oberste Chefin der Polizei.

Polizeirevier Harz: Beamter hatte Beweismittel privat gelagert

Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Halberstadt gegen einen Beamten des Polizeireviers Harz ermittelt, weil er Beweismittel privat gelagert haben soll. Das bestätigte die Behörde MDR SACHSEN-ANHALT. Der Beamte soll eine Stabgranaten-Attrappe im Kofferraum seines Pkws transportiert haben. Welche Gegenstände noch betroffen sind und aus welchen Verfahren diese stammen, wird nach Angaben von Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck nun untersucht.

Weitere Ungereimtheiten bei der Polizei waren aus dem Polizeirevier Salzlandkreis bekannt geworden. In Schönebeck verschwanden 13.000 Euro aus einem Stahlschrank. Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT soll der Stahlschrank in einem Büro aufgestellt worden sein. Der dazugehörige Generalschlüssel soll in einer Art Hausmeisterbüro in Bernburg gelegen haben. Die Ermittlung eines Tatverdächtigen wurde nach vier Tagen eingestellt.

Beamte der Polizeihochschule in Aschersleben lagern Übungsmunition privat

 Rektor Polizeischule Aschersleben Thorsten Führing
Der Jurist Thorsten Führing leitet künftig die Fachhochschule der Polizei in Aschersleben. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Für Brisanz sorgt zudem ein internes Schreiben der Polizeihochschule Aschersleben, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt. Daraus geht hervor, dass Beamte der Polizeihochschule in Aschersleben mehr als 5.000 Schuss Trainingsmunition zum Teil privat, aber auch in unverschlossenen Schränken in den Trainerbüros gelagert haben sollen.

Zunächst waren fast 1.000 Schuss aufgefunden worden. Bei einer anschließenden Überprüfung wurden insgesamt 5.474 Knall- und Farbmunition an diversen Orten gefunden. Die Polizeihochschule gibt im Schreiben an, dass es keinen Zusammenhang mit einer Straftat gibt. Es seien aber dienstrechtliche Maßnahmen ergriffen worden.

Innenministerium prüft Polizeifachhochschule

Auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT teilte das Innenministerum mit, es habe am Donnerstag mit einer unangekündigten Geschäftsprüfung der Polizeifachhochschule in Aschersleben begonnen. Der Sachverhalt werde umfangreich aufgearbeitet.

Zeitgleich teilte die Fachhochschule mit, bisher regelmäßig das Ministerium über die Geschehnisse informiert zu haben. "Die Prüfung des Sachverhalts – auch in dienst- und disziplinarrechtlicher Hinsicht – sind noch nicht abgeschlossen", teilt die Schule weiter mit. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass Übungsmunition das Gelände der Fachhochschule verlassen hat, so die Hochschule weiter.

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MDR (Lars Frohmüller, Julia Heundorf, Kalina Bunk), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. April 2024 | 15:00 Uhr

14 Kommentare

maheba vor 48 Wochen

Wenn ich den Artikel hier lese geht es doch nur um Schreckschussmunition, Farbpatronen und Attrappen von Waffen. Verbotene Sachen, Anscheinswaffen, Spielzeug - ist doch alles sehr weit hergeholt.

Mediator vor 48 Wochen

Das halte ich für ein Gerücht. In Untergeordneten Dienststellen ändert sich der Schlendiran nicht von jetzt auf gleich, nur weil ganz oben ein Kopf wechselt.

Mediator vor 48 Wochen

Wir leben aber nicht mehr in der SED Diktatur wo das Recht einen Dreck wert war, wenn es vom Staat gebeugt wurde.

Beweismittel haben nur einen Wert, wenn diese auch sicher verwahrt werden. Auch für Polizisten gilt das Waffengesetz. Wenn einer da keinen dienstlichen Auftrag / Zweck hat eine Waffe von A nach B zu transportieren, dann macht er sich strafbar wie jeder andere Bürger auch.

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