Ehemalige Kiesgrube Vermüllter See soll zum stillen Erholungsort werden
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27. Februar 2025, 08:44 Uhr
Damit ihm im Alter nicht langweilig wird, hat Dirk Förstel einen See im Jerichower Land gekauft – und seiner Familie gewidmet. Allein die Aufräumarbeiten an der ehemaligen Kiesgrube können sich noch Jahre hinziehen. Doch das nimmt die Familie für ein besonderes Naturerlebnis fernab der alten Heimat in Kauf.
"Ich bin ein Spinner, nur Spinner machen so etwas", sagt Dirk Förstel über sich selbst. Zusammen mit seiner Frau Gabriele hat er einen See gekauft. Doch nicht etwa, um an seinem Ufer ein Haus zu bauen. Nein, vielmehr suchte der heute 60-Jährige eine neue Herausforderung im Leben. Die haben er und seine Familie im Jerichower Land nun wahrlich gefunden. Die Arbeit zur Renaturierung des Fabjen-Sees genügt für Jahrzehnte. Und wie kam der See zu diesem besonderen Namen? Ganz einfach: Er ist ein Familien-See.
Von der "Kiesgrube 2" zum "Fabjen-See"
Der Fabjen-See heißt so, weil See-Besitzer Dirk Förstel ihn nach seinen Kindern Fabian und Jennifer benannt hat. Die beiden sind 13 und 16 Jahre alt. Ihr Vater hat ihnen damit in gewisser Weise ein Naturdenkmal gesetzt. Der See liegt bei Brettin – nahe Genthin im Jerichower Land – mitten im Wald.
Von Pforzheim nach Brettin
Dirk Förstel und seine Frau aus Pforzheim in Baden-Württemberg haben gezielt nach einem See gesucht. Sie haben sich überall umgeschaut, auch in Österreich und in Niedersachsen und sich dann für die Kiesgrube 2 bei Brettin entschieden. In ihrer alten Heimat haben sie alle Zelte abgebrochen und in Sachsen-Anhalt einen Neustart gewagt. Das liegt jetzt fünf Jahre zurück und genau so lange sind sie schon mit der Entrümpelung des idyllisch gelegenen Sees beschäftigt.
Nach dem Ende des Kiesabbaus in den Neunzigern haben viele ihren Schrott und ihren Müll in und um den Fabjen-See herum entsorgt. Unzählige Autoreifen, Flaschen, Maschinen, Asbest, Hausmüll, sogar zwei ganze Wohnwagen haben die Förstels am Ufer und unter Wasser gefunden. In den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden des Kiesabbau-Betriebes stehen bis heute gefüllte Ölbehälter. Dirk Förstel, gelernter Handwerkermeister für Sanitärinstallation, ist bisher ausschließlich mit der Entrümpelung und Renaturierung des Sees beschäftigt, in Handarbeit. Ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.
Die Zukunft des Fabjen-Sees
Es gibt schon kleine Lichtblicke. Denn hier und da kommt zwischen dem Müll grüner Rasen und glasklares Wasser zum Vorschein. Die Zukunft hat parallel zur Beräumung der Vergangenheit begonnen. Es gibt am Fabjen-See schon einen kleinen Campingplatz. Der wird von Radtouristen und vor allem von Anglern genutzt.
Anglerparadies Fabjen-See
Ralf und Jürgen Schulze sind leidenschaftliche Angler. Sie kommen schon seit neun Jahren zum Fabjen-See. Schon als er noch Kiesgrube 2 hieß, warfen sie hier ihre Angeln aus. Sie lieben den Fabjen-See, weil sie dort ihre Ruhe haben und weil es dort dicke Fische herauszuholen gibt. Riesige Welse, Karpfen und Störe haben sie schon geangelt und auch wieder zurück in den Fabjen-See gesetzt.
"Wir lieben die Ruhe hier. Wir Angler haben viel Platz, keine Badegäste schwimmen zwischen den Schnüren herum und es gibt sanitäre Anlagen, anders als an anderen Angelgewässern", erzählt Jürgen Schulze aus Magdeburg. Und schön sei, dass sie ihre Zelte gleich auf dem kleinen Campingplatz aufstellen dürfen. Dirk Förstel freut sich über die treuen Gäste. "Willkommen sind hier alle, die die Stille der Natur zu schätzen wissen, auch Familie und Radtouristen von den umliegenden Radwegenetzen. Wir wollen keine Massen hier haben, es soll überschaubar bleiben", so Förstel.
Aufgeben ist keine Option
Ein offizielles Badegewässer soll der See übrigens nicht werden. Denn dann müsste Dirk Förstel dauerhaft die Wasserqualität testen lassen und vor allem permanent einen Rettungsschwimmer beschäftigen. Das will er nicht, er setzt mehr auf Naturgenuss und absolute Ruhe. Nur die Vögel soll man rufen und den Biber nagen hören.
Die Förstels planen auch nicht, ein Haus am Ufer ihres Sees zu bauen. Nur eine kleine Betreiberwohnung und eine Ferienwohnung soll es geben. Leicht haben sie es schon dabei nicht. Aktuell geht um Bauanträge, Fördermittel und Behörden, die es ihnen nicht leicht machen. Aber Aufgeben ist für die Familie am Brettiner Fabjen-See keine Option.
MDR (Anja Nititzki, Oliver Leiste) | Erstmals veröffentlicht am 25.02.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 19. Februar 2025 | 19:00 Uhr
Sonnenanbeter vor 4 Wochen
Unter heutigen Gesichtspunkten und im Vergleich mit entsprechenden Flächen in den alten Bundesländern wurden viele solcher Objekte nicht nur im Jerichower Land leider für 'nen Appel und 'nen Ei an Privatinvestoren verschachert. Eine fehlende Weitsicht kann man den Gemeinden dabei aber nicht wirklich unterstellen. Denn für die Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts fehlt(e) es schlicht und ergreifend an finanziellen Mitteln. Dass das hier aber auch keine Goldgrube ist, ist ja offensichtlich. Die Beseitigung von den ganzen Hinterlassenschaften hat sicher nicht nur unfassbar viel Zeit gekostet, sondern auch 'ne Menge Geld. Wenn da jetzt auch im Ausgleich gewisse finanzielle Interessen verfolgt werden, wem will man da was vorwerfen. Nichtsdestotrotz, wenn der Allgemeinheit durch Einzäunung letztlich der Zugang zu Gewässern verwehrt wird, dann ist der Beigeschmack einfach da. Klassisscher Interessenskonflikt, vor allem für die, die im Umfeld vielleicht schon jahrzehntelang gelebt haben.
Sabberack vor 4 Wochen
Ohne dem Betreiber zu nahe treten zu wollen und böse Absichten zu unterstellen, etwas ähnliches gab es 2011 in Niegripp. Auf einer Halbinsel wurde ein Hotel sowie eine Marina versprochen...Nun ist die gesamte Halbinsel am Niegripper See mit einem Tor verriegelt und verrammelt, um das dahinterliegende private Haus von der Öffentlichkeit abzuschirmen. Von Marina, Hotel u.s.w keine Spur weit und breit!!!
Siehe Beitrag Volksstimme: Wem gehören die Seeufer?
Sonnenanbeter vor 4 Wochen
Diese jahrelange Eigeninitiative ist sicher mehr als löblich. Aber so ganz erschließen tut sich mir dieses Konzept nicht. Denn wenn ich wirklich möchte, dass dieser See langfristig ein stiller Erholungsort bleibt, wieso dann hier dieser Artikel? Wenn ich an die Öffentlichkeit gehe, dann würde ich auch gleich für eine gewisse Transparenz sorgen. Ich las zum Beispiel anderswo, dass der See selbst wohl umzäunt sein soll, was in der Vergangenheit mehr als einmal für eine gewisse Enttäuschung bei Zufallsbesuchern sorgte. Außerdem soll das Angeln wohl nur gegen Pacht möglich sein soll. Und ich nehme an, dass das Campen wahrscheinlich auch nicht kostenlos ist. Aber aus dem Artikel hier werde ich auch nicht schlauer.