Colette Boos-John
Colette Boos-John ist Thüringens neue Wirtschaftsministerin Bildrechte: picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Landesregierung "Extreme Entfesselung" nötig: Die Prioritäten der neuen Thüringer Wirtschaftsministerin

17. Dezember 2024, 07:34 Uhr

Die neue Thüringer Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (CDU) hat die Prioritäten für ihre Amtszeit genannt. Sie fordert eine "extreme Entfesselung", schränkt aber zugleich ihren Handlungsspielraum ein.

Die neue Thüringer Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (CDU) hat sich für einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik ausgesprochen. "Wir brauchen eine extreme Entfesselung" auch beim Senken von Steuern und Abgaben, sagte sie dem MDR. Sie sprach sich unter anderem dafür aus, die verschiedenen Vergabegesetze in den Bundesländern abzuschaffen.

Die CDU-Politikerin forderte, man müsse weg von der Ordnungspolitik. Durch Steuersenkungen und Deregulierung könnten Freiräume geschaffen und die Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt werden. Sie sieht im Abbau der Bürokratie eine ihrer zentralen Aufgaben.

Bürokratie-Abbau als ein Schwerpunkt für Boos-John

Für die 55-Jährige gibt es in der Wirtschaftspolitik viele Baustellen, es sei viel Sand im Getriebe. Enorm wichtig werde sein zu entbürokratisieren, damit die Unternehmer wieder Kraft hätten zum Arbeiten. Laut Boos-John kann die Digitalisierung dabei einen wichtigen Beitrag leisten.

Zu mehr unternehmerischer Freiheit gehört für sie auch, bei den Strompreisen die Netzentgelte zu senken. Auch das Lieferkettengesetz lehnt sie ab. Sie schränkt jedoch auch ein, dass, wie beim Lieferkettengesetz, Thüringen bei 80 Prozent der entsprechenden Gesetze wenig Einfluss habe, da diese von der EU kommen. Kümmern will sich die neue Ministerin zudem um das Thema Fachkräftemangel.

Insolvenzen in Thüringen treffen vor allem kleinere Unternehmen

Von den ansteigenden Insolvenzen in Deutschland sieht sie Thüringen weniger stark betroffen. Etwa 200 Thüringer Unternehmen mit circa 1.600 Beschäftigten aus den Branchen Bau, verarbeitendes Gewerbe oder Handel sind laut Boos-John aktuell in Thüringen in einem Insolvenzverfahren. Vor allem Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten befinden sich in einer Insolvenz.

Neue Wirtschaftsministerin ist langjährige Familienunternehmerin

Boos-John war bis November dieses Jahres Vorsitzende des Landesverbandes der Thüringer Familienunternehmer. Mehr als 20 Jahre leitete sie zudem ein Bauunternehmen in Walschleben bei Erfurt.

Sie studierte Betriebswirtschaftslehre und stammt aus Marburg in Hessen. Mit der Übernahme des Ministeramtes ändere sich auch die Perspektive, so Boos-John. Als Vertreterin eines Wirtschaftsverbandes habe sie früher den Finger in die Wunde gelegt. Künftig müsse sie diese Wunde versorgen.

Die einstige Bauunternehmerin warb auch für eine weltoffene Wirtschaft und unterstützte eine Initiative für mehr Vielfalt. Dabei lieferte sie sich auch einen Streit mit AfD-Landeschef Björn Höcke, der den Initiatoren "schwere wirtschaftliche Turbulenzen" gewünscht hatte. Sie warf ihm daraufhin vor, "unpatriotisch" zu sein, weil er dem Rückgrat der Wirtschaft den Niedergang wünsche. Zudem distanzierte sie sich scharf von der AfD.

Boos-John ist eine der neu ernannten Minister von Ministerpräsident Mario Voigt. Hier gibt es die anderen Thüringer Minister im Überblick.

Kritik von Linke

Die Linke in Thüringen hatte die Besetzung von Boos-John vergangene Woche kritisiert. Die Ernennung sei "etwas einseitig". Boos-John habe sich an der Spitze des Landesverbandes der Familienunternehmer immer wieder gegen gerechte Steuern für Reiche, gegen den Mindestlohn und Flächentarifverträge gestellt.

MDR (ws/rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 12. Dezember 2024 | 12:00 Uhr

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