Julia Meyer und Julia Meyer sortieren ihre Briefe
Die beiden Julia Meyers erkennen häufig erst nach dem Öffnen eines Briefes, an wen er adressiert wurde. Bildrechte: MDR/Sophie Hartmann

Nachsendeauftrag Gleicher Name - selbes Haus: Post-Chaos lässt in Weimar Köpfe rauchen

25. Juli 2024, 18:34 Uhr

Eine Frau zieht aus ihrem Wohnhaus in Weimar aus. Kurze Zeit später zieht eine andere dort ein. Beide Frauen tragen identische Namen, wissen aber nichts voneinander. Ein Nachsendeauftrag für Briefe führt nun zu einem großen Durcheinander und lässt die Köpfe rauchen - auch bei der Post.

An einem Mittwochabend treffen sich Julia Meyer und Julia Meyer in einem Restaurant in Weimar. Beide haben einen Stapel Briefe mitgebracht, den sie nun gemeinsam durchgehen wollen. Keine neue Situation für sie, denn die Jagd nach der Post begleitet sie schon seit Monaten. Die anfängliche Belustigung über ihre geteilte Misere, sie ist nach und nach dem Frust gewichen.

Julia Meyer und Julia Meyer sortieren ihre Briefe
Julia Meyer und Julia Meyer treffen sich regelmäßig, um ihre Post auszutauschen. Bildrechte: MDR/Sophie Hartmann

Julia Meyer zieht aus - und Julia Meyer ein

Angefangen hat alles vor knapp einem Jahr, als Julia Meyer (35), Architektin in Ausbildung, aus ihrer Wohnung in Weimar auszog. Damit sie weiterhin ihre Post erhält, richtete sie einen Nachsendeauftrag ein. Nur wenige Wochen später zog eine 23-jährige Studentin im selben Haus ein. Ihr Name ist Julia Meyer. Von der Namensdopplung wissen beide zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

Es dauert nicht lange und erste Verwirrung macht sich breit. Pakete, die angeblich zugestellt worden sein sollen, sind nicht auffindbar. Manche Briefe kommen einfach nicht an, der Inhalt anderer Briefe erscheint keinen Sinn zu ergeben. Bei einem Flurgespräch mit einem Nachbarn dämmert es Julia Meyer (23) langsam.

Suche nach der Person mit dem eigenen Namen

Sie habe doch früher im Hinterhaus gewohnt, stellt der Nachbar fest - doch das hat sie nie. "Da habe ich zum ersten Mal realisiert, dass es eine andere Person mit meinem Namen in diesem Haus geben oder gegeben haben muss", erinnert sich die Studentin.

Mir ist die Sache aufgegangen, als ich einen Brief von der Stadtverwaltung erhielt. Darin stand, dass ich eine Zweitwohnsitzsteuer für die Wohnung abgeben soll, in der ich ja gar nicht mehr lebe.

Julia Meyer

Also macht sie sich auf die Suche nach der geheimnisvollen Julia Meyer - ohne Erfolg. Bis diese eines Tages unvermittelt vor ihrer Haustür steht. "Mir ist die Sache aufgegangen, als ich einen Brief von der Stadtverwaltung erhielt. Darin stand, dass ich eine Zweitwohnsitzsteuer für die Wohnung abgeben soll, in der ich ja gar nicht mehr lebe."

Da wurde die angehende Architektin stutzig und begann nachzuforschen. Nur die unterschiedlichen Geburtsdaten brachten schließlich Aufschluss über die Existenz der anderen Julia Meyer. "Zum Glück wusste ich ja, wo ich hin muss, um sie zu finden."

Völlig neue Situation für die Post

Und so stehen sich die Namenszwillinge eines Tages gegenüber. Im ersten Moment können es beide nicht fassen und amüsieren sich über den skurrilen Zufall. Sie wollen die Post darüber informieren, um das Briefchaos künftig zu umgehen.

Von dort heißt es aber, diese Situation sei völlig neu und da könne man nichts machen. Schließlich schreibe nicht die Post den Absender auf die Briefe, sondern die Kunden. Die Postboten könnten ja nicht raten, zu wem der Brief wirklich gehört. Auch die beiden Julia Meyers erkennen häufig erst nach dem Öffnen, wer adressiert wurde. Das war's also mit dem Briefgeheimnis.

Haben Julia Meyer und Julia Meyer wirklich einen Präzedenzfall geschaffen? Sie jedenfalls können sich das beim besten Willen nicht vorstellen. "Es ist doch sicher mal irgendwo eine Lisa Müller ausgezogen und eine andere Lisa Müller eingezogen?“, wundern sie sich.

Bislang klappt der unkomplizierte Brieftausch

Aber auch Post-Sprecher Thomas Kutsch ist eine solche Konstellation bisher nicht bekannt. "Das ist wirklich eine absolute Besonderheit und sehr kurios", sagt er. Die Post könne da tatsächlich wenig tun. "In diesem Fall müssen die Betroffenen die Absender darüber informieren, dass sie im Adressfeld eine Unterscheidung herbeiführen müssen." Ein Künstler- oder Ordensname wäre zum Beispiel eine Möglichkeit. In jedem Fall sei etwas Kreativität gefragt.

Für die Julia Meyers fühlt sich das alles wie ein dummer Schildbürgerstreich an. Weil aktuell beide in Weimar wohnen, ließen sich die Treffen zum Brieftausch bislang recht unkompliziert vereinbaren.

Ich bin im Begriff, einen weiteren Nachsendeauftrag einzurichten, weil ich morgen nach Bayern ziehe.

Julia Meyer

Doch schon bald könnte die Situation neue groteske Auswüchse bekommen. "Ich bin im Begriff, einen weiteren Nachsendeauftrag einzurichten, weil ich morgen nach Bayern ziehe", sagt Julia Meyer (35) und scheint dabei nicht zu wissen, ob sie lachen oder weinen soll. Jetzt können sich die Frauen die falsch zugestellten Briefe gegenseitig nur noch per Post zuschicken. Die wären dann schlimmstenfalls in einer Art Weiterleitungs-Bermudadreieck gefangen.

Wie man es auch dreht und wendet, das kuriose Postdilemma wird Julia Meyer und Julia Meyer wohl noch einige Zeit beschäftigen. Immerhin verstehen sich beide sehr gut und können (meistens) gemeinsam darüber lachen.

MDR (co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 25. Juli 2024 | 08:10 Uhr

32 Kommentare

lulu2020 vor 37 Wochen

Kennen Sie jeden Absender , der Ihnen schreibt? Ansonsten den Brief ungeöffnet wegwerfen so wie man unbekannte Rufnummern ignoriert? Könnte doch trotzdem wichtig sein. Ich nehme an, es geht nicht um Briefe der Familie oder der Hausbank.

Anita L. vor 37 Wochen

Als ich noch nicht verheiratet meinen ersten Telefonanschluss anmeldete, verlangte die Telekom eine Kaution von mir, weil "mein Mann" Schulden bei ihnen hätte. Als ich viele Jahre später tatsächlich verheiratet war (ganz klassisch mit Änderung meines Nachnamens), rief mich der Kundendienst der Telekom an und wollte quasi meinem "alten" Ich irgendeine Leistung verkaufen. Da habe ich erklärt, dass die Person unter dem Namen nicht unter dieser Rufnummer erreichbar sei. "Falsch verbunden" sozusagen. Ich kann nur sagen, dass selbst Heirat nicht vor Namensverirrungen in (schlecht gepflegten?) Datenbanken schützt.

Anita L. vor 37 Wochen

Und die Familienmitglieder ziehen alle ganz zufällig nacheinander an dieselbe Meldeadresse, nachdem bereits einer von ihnen ohne Wissen der anderen von genau dort weggezogen ist und einen Nachsendeantrag gestellt hat? Es geht ja nicht nur um denselben Namen, was tatsächlich häufig vorkommt, sondern dass beide auch noch unabhängig voneinander an derselben Adresse gemeldet sind/waren.

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