Dienstag, 23.02.2021: Lachen

Ein kleiner Aufkleber zog bei einem Spaziergang durch Dresden mein Interesse auf sich. Meine Augen scannten zuerst das Wort "systemrelevant". Dieses Wort war vor Corona erstmalig bei der Bankenkrise in Gebrauch. "Banken seien systemrelevant" hieß es. Gegenwärtig ist von Menschen die Rede, die durch ihren Beruf als systemrelevant bezeichnet werden: Krankenschwestern zum Beispiel, aber doch auch die starken Männer von der Müllabfuhr. Das erscheint mir einsichtiger als die Banken. Der kleine Aufkleber hatte aber eine ganz andere Botschaft: "Lachen ist systemrelevant".

Hier geht es nicht um Personen, Institutionen, sondern um eine menschliche Regung, das Lachen. Nun ist oder war in den letzten Monaten sicher vielen überhaupt nicht nach Lachen zu Mute, dazu gab und gibt es zu viel Trauer um Menschen und Sorge um die eigene Existenz. Trotzdem erinnert der Aufkleber an etwas, was wir Menschen unbedingt brauchen. In anderen Zeiten wie z.B. in der DDR entstanden Witze über die wir - wenn auch manchmal heimlich - herzhaft lachten.

Worüber ich lache, verliert an Macht über mich. Erstaunlicherweise entstehen derzeit keine Witze oder haben Sie schon mal in letzter Zeit gehört: Trifft eine Virus ein anderes Virus. Sagt das eine …" - oder so ähnlich. Vielleicht fehlen die Witze, weil niemand Sorge haben muss, nach dem Lachen verhaftet zu werden. Ich weiß es nicht. Aber ich bin überzeugt, es ist gut zu lachen, selbst in der Not. Über sich, über die Welt, manche wollen über Gott lachen - sollen sie, wenn's hilft. Wenn es Menschen fröhlich macht, wird er sich's gefallen lassen. Lachen ist systemrelevant, nicht weil es sich über die Not und die Trauer lustig macht, sondern weil es ausdrückt, was ich jetzt erlebe, hat nicht das letzte Wort. Und wenn es mir gelingt, über mich selbst zu lachen, dann nicht einmal die Bitterkeit.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Elisabeth Muche

Elisabeth Muche

Leiterin der Kontaktstelle für Lebens- und Glaubensfragen der katholischen Kirche in Leipzig. Ordensschwester in der Kongregation der Helferinnen.

Geboren am 11.06.1990 in Chemnitz | Aufgewachsen in Chemnitz| Journalistische Ausbildung am Institut für publizistische Nachwuchsförderung (ifp) 2011-2013 | Studium der Psychologie in Leipzig 2011 - 2016 | Ignatianische Ordensausbildung in Cergy, Frankreich und Wien, Österreich 2017 - 2019 | Erstprofess 2019 | seit September 2019 in der Leitung der Kontaktstelle in Leipzig

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Stephan Ringeis

Stephan Ringeis

geb. 18.09.1962 in Jena | aufgewachsen in Berlin | 1982 bis 1987 Studium der Theologie am Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Bad Klosterlausnitz | 1987 bis 1990 Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche in Neudorf/Erzgebirge | 1990 bis 1997 Pastor in Wilkau-Haßlau | 1997 bis 2009 Pastor in Zwickau | 2009 bis 2019 Superintendent des Distrikts Zwickau der evangelisch-methodistischen Kirche | 2019 bis 2023 geistliche Begleitung von Gemeinden in Umbruchsituationen | seit 2023 Aufsichtsratsvorsitzender der Agaplesion gAG, einem christlichen Gesundheitskonzern | verheiratet | drei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.