Heidi Klum (M) und die Finalistinnen Sabrina (v.l.n.r), Luise, Lovelyn und Maike von "Germany's next Topmodel" halten einen Kuchen in den Händen und lecken sich die Finger. 3 min
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Psychologie Wie Germany's next Topmodel das Selbstbild junger Frauen verändert

24. März 2025, 09:58 Uhr

Für die einen ist "Germany’s next Topmodel" entspannte Abendunterhaltung, für die anderen ein rotes Tuch. Die Kritik ist seit Jahren groß: Die Show vermittle unrealistische Schönheitsideale, propagiere ein extrem schlankes Körperbild und setze junge Zuschauerinnen unter Druck. Trotzdem läuft aktuell die 20. Staffel – "GNTM" feiert Jubiläum und seit ein paar Jahren auch eine größere Vielfalt an Körpern. Aber was macht die Show nun wirklich mit dem Selbstbild junger Frauen?

Porträtaufnahme einer weißen Frau mit zurückgebundenen Haaren, einer großen Brille und grüner Bluse
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In der Casting-Show "Germany’s next Topmodel" ist das Prinzip seit jeher: Sehr attraktive Kandidatinnen – und neuerdings auch Kandidaten – absolvieren Fotoshootings und laufen über den Catwalk. Dabei werden ihr Aussehen und ihre Körperform bewertet. Zwar hat sich Topmodel-Chefin Heidi Klum seit einigen Jahren "Diversity" und damit eine größere Varianz von Körperformen auf die Fahnen geschrieben, aber nach wie vor wird Schlankheit als Norm und zentraler Erfolgsfaktor inszeniert.

Deshalb stößt die Show seit jeher auf viel Kritik: Sie verstärke ein negatives Selbstbild und beeinflusse Essstörungen, heißt es unter anderem. Mittlerweile müsste es zu diesen angenommenen Effekten viel psychologische Forschung geben, würde man denken, aber das ist mitnichten so, sagt Silja Vocks von der Universität Osnabrück. "Es gab retrospektive Befragungen, aber dass man mal während einer Sendung Emotionen und das Körperbild erfasst hat, das gab es bis dato noch nicht",

Eine Staffel Gefühle: Zuschauerinnen beobachten sich selbst

Die Psychologie-Professorin und ihr Team haben deshalb untersucht, welchen Einfluss das Anschauen der Sendung auf die psychische Gesundheit junger Frauen mit und ohne Essstörung hat. Rund 180 Probandinnen zwischen 16 Jahren und Mitte zwanzig haben sich an der Untersuchung beteiligt. "Sie sollten in ihrem häuslichen Umfeld die Sendung schauen und vor, während und nach einer jeden Folge Angaben zu ihrer Stimmung, ihrem Selbstwertgefühl und den Einstellungen in Bezug auf ihren eigenen Körper machen, erklärt Vocks das Vorgehen. Die rund 180 Probandinnen hätten also über mindestens eine halbe Staffel hinweg Fragebögen beantwortet.  

Das Ergebnis: Zumindest auf das Selbstwertgefühl der jungen Frauen hatte das Anschauen der Casting-Show keinen Einfluss, sagt Vocks. Auf das Selbstbild aber sehr wohl: "Es hat sich gezeigt, dass sowohl die Frauen mit selbstberichteter Essstörung als auch die Frauen ohne Essstörung von Beginn einer Folge bis zum Ende der Folge unzufriedener mit dem eigenen Körper waren."

Stärkere Unzufriedenheit mit Essstörung

Insbesondere bei den Frauen mit Essstörungssymptomen sei das Ausmaß der Unzufriedenheit im Verlauf der Staffel stärker angestiegen. Bei ihnen habe sich auch die Stimmung während der Sendung verschlechtert, bei den gesunden Frauen jedoch nicht. Außerdem habe die Wahrnehmung der Diskrepanz zwischen dem eigenen und dem verinnerlichten Ideal eines optimalen Körpers im Verlauf der Staffel zugenommen.

Heidi Klum mit Tochter Leni Klum bei der Ankunft zum exklusiven Intimissimi Dinner Event im Bode-Museum.
Topmodel-Chefin Heidi Klum hat mittlerweile auch ihre Tochter Leni mit in die Castingshow geholt. Bildrechte: IMAGO / Future Image

Was also rät die Forscherin? Sollten Betroffene die beliebte Show lieber meiden? "Insgesamt muss man sagen, dass die Effekte klein sind. Sie sind statistisch signifikant, aber klein", so die Psychologie-Professorin. "Aber nichtsdestotrotz sollten sich Personen, die mit dem Essverhalten oder mit dem Körperbild besondere Schwierigkeiten haben, überlegen, ob sie Sendung schauen möchten oder nicht." Und wenn sie die Castingshow schauten, so die Forscherin, dann sollten sie versuchen, eine kritische Distanz zum Gezeigten aufzubauen.

Denn Essstörungen seien zwar multifaktoriell – also durch mehrere Faktoren beeinflusst – aber "Germany’s next Topmodel" könne durchaus dazu beitragen, dass junge Frauen sie entwickeln oder aufrechterhalten, schlussfolgert Vocks. Betroffene müssten sich dessen bewusst sein, dass sie besonders gefährdet sind, sich vom schönen Schein blenden zu lassen.

Links/Studien

Holtmann, Friederike-Johanna et. al.: Assessing the Impact of a Reality TV Fashion Model Contest on Women's State Body Dissatisfaction, Affect, and Self-Esteem: An Experience Sampling Study of Women With and Without Eating Disorders. In: European Eating Disorders Review, 2025. DOI: https://doi.org/10.1002/erv.3185.

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