
Arbeitszeitgesetz Arbeitszeiterfassung nicht einheitlich geregelt: Was das für Arbeitnehmer und Unternehmen bedeutet
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10. Juli 2024, 05:00 Uhr
Eine gesetzliche Regelung für die Arbeitszeiterfassung lässt auf sich warten. Die FDP zeigt Verständnis dafür, eine Gewerkschaftsvertreterin befürchtet dadurch Nachteile für Arbeitnehmer.
- Die FDP pocht auf eine bürokratiearme Lösung zur Erfassung von Arbeitszeiten und räumt dem Arbeitsministerium daher Zeit für einen Gesetzesentwurf ein.
- Susanne Wiedemeyer, Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes, befürchtet, dass Arbeitnehmer mehr arbeiteten, als sie sollten.
- Die Industrie- und Handelskammer (IHK) empfiehlt Unternehmen, auf Investitionen in Zeiterfassungssysteme zu verzichten, bis gesetzliche Vorgaben klar sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil 2022 klargestellt: Unternehmen sind verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden zu erfassen. Arbeitnehmer müssen seitdem Stundenzettel ausfüllen, Excel-Dateien führen oder ihre Arbeitszeiten elektronisch erfassen.
Aber: Eine bundesweit einheitliche Regelung gibt es zur Arbeitszeiterfassung noch nicht. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte bereits im April 2023 einen Gesetzesvorschlag unterbreitet. Der wird aber immer noch in den Fraktionen diskutiert.
FDP will praktikable statt schnelle Lösung
Thomas Kemmerich sitzt für die FDP im Thüringer Landtag und ist selbst Unternehmer. Er sieht derzeit keinen Zwang, etwa von Seiten der EU, die Arbeitszeiterfassung in Deutschland schnell nachbessern zu müssen: "Insofern kann man sich doch Zeit lassen, um gerade dem kleinen Mittelstand etwas anzubieten, was bürokratiearm ist, was praktikabel ist."
Kemmerich traue es den Unternehmen und insbesondere den Arbeitnehmern zu, Arbeitszeiten auch selber zu kontrollieren. Jeder habe inzwischen auf dem Handy ein entsprechendes System. Aber die Frage sei, ob diese Datenschutz-konform seien oder dem Gesetz genügten. "Insofern kann ich verstehen, dass sich das Ministerium etwas mehr Zeit lässt", sagt Kemmerich.
Gewerkschaftsvertreterin sieht Risiko von "zu viel Arbeit" ohne Erfassung
Susanne Wiedemeyer sitzt im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes – und ist unter anderem zuständig für den Bezirk Sachsen-Anhalt. Aus Gewerkschaftssicht sei die gesetzliche Regelung zur Arbeitszeiterfassung möglichst schnell nötig. Denn die Erfassung könne Arbeitnehmer vor zu viel Arbeit schützen.
Wiedemeyer kritisiert: "Es ist ja häufig so: Wenn das gar nicht festgelegt wird, wird eben deutlich mehr gearbeitet. Im Öffentlichen Dienst haben wir an vielen Stellen als Beispiel jetzt schon immer eine Zeiterfassung gehabt, aber bei Lehrern zum Beispiel gar nicht." Es sei sinnvoll, wenn die Unterrichtsvorbereitungszeiten sowie die Arbeit in den Ferien und auch die Unterrichtszeiten wirklich festgehalten würden.
Investitionen in Zeiterfassungssystem für Unternehmen derzeit sinnlos
Für eine einfache Möglichkeit, Arbeitszeiten zu erfassen, macht sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) Leipzig stark. Sie rät den von ihr vertretenen Unternehmen dazu, nicht vorschnell in elektronische Erfassungssysteme zu investieren, sondern die konkreten gesetzlichen Anforderungen abzuwarten, sagt der Geschäftsführer für Dienstleistungen, Mario Bauer. "Es sind ja keinerlei Formen vorgegeben darüber, wie dieses System am Ende funktioniert, ob es ein elektronisches ist oder ein Papiersystem."
Man müsse auch aus Sicht der Unternehmen schauen, was hinsichtlich der notwendigen Investitionen zumutbar sei. "Vor dem Hintergrund sollte jedes Unternehmen für sich auch entscheiden, wenn es dazu verpflichtet wird, die Arbeitszeit zu erfassen, dann auch das entsprechende System selbst festzulegen", argumentiert Bauer.
Derzeit kann jedes Unternehmen die Arbeitszeit nach eigenen Standards dokumentieren. Wann es tatsächlich eine einheitliche Regelung geben wird, ist weiter offen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 10. Juli 2024 | 06:01 Uhr