Bundeswahlausschuss Mehr kleine Parteien zur Bundestagswahl zugelassen
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12. August 2021, 17:54 Uhr
Für die Bundestagswahl am 26. September hat der Bundeswahlausschuss 45 weitere kleinere Parteien und Vereinigungen zur Wahl zugelassen. Mit den neun in Bundestag und Landtagen bereits vertretenen sind es insgesamt nun 54 Parteien, die Kandidaten und Kandidatinnen ins Rennen schicken können – mehr als es bei der Bundestagswahl vor vier Jahren waren.
Der Bundeswahlausschuss hat in einer zwei Tage langen und öffentlich übertragenen Sitzung über die Zulassung kleinerer Parteien und Vereinigungen zur Bundestagswahl entschieden. In der gesetzlichen Frist waren bis 21. Juni insgesamt 87 beabsichtigte Teilnahmen angezeigt worden, 24 mehr als vor vier Jahren. Etwa die Hälfte von ihnen wurde zugelassen.
Das Verfahren müssen nur Parteien durchlaufen, die im Bundestag oder in Landesparlamenten nicht seit ihrer Wahl mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind. Neun Parteien mussten also bei der Einreichung ihrer Kandidaten für die Bundestagswahl keine Unterstützungsunterschriften vorlegen.
Insgesamt 54 Parteien zugelassen
Andere Parteien mussten zudem, etwa durch ihre Mitgliederzahlen oder ihr Auftreten in der Öffentlichkeit, eine Gewähr für Ernsthaftigkeit bieten. Als formale Kriterien mussten sie ein Programm und eine Satzung vorlegen und die dazu in einem bestimmten Rahmen zu fassenden Beschlüsse dokumentieren.
Diese Hürde hatten Anfang Juli 44 Parteien und Vereinigungen genommen. Zugelassen waren zu dem Zeitpunkt 53 Parteien. Ende Juli erhöhte sich die Zahl um eine Partei: Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hatte mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erreicht, dass sie bei der Wahl antreten darf. Ihr war zuvor die Teilnahme verweigert worden, weil sie Rechenschaftsberichte in den vergangenen sechs Jahren nicht fristgerecht eingereicht haben soll.
Zur Bundestagswahl am 24. September 2017 waren zunächst 48 Parteien zugelassen, wovon letztlich 42 mit eigenen Wahlvorschlägen tatsächlich teilnahmen.
Gleich zu Beginn seiner Beratungen hatte der Ausschuss einige Vereinigungen abgewiesen, etwa eine Gruppe namens "Undeutscher Verein" oder auch "MenschenRechte 100pro". Am Freitag traf es neben anderen die "Germanische Partei für Frauen, Rechtsstaat, Naturschutz, Kinderförderung und demokratische Liebe". Deren Beteiligung war nach Angaben von Wahlleiter Georg Thiel per E-Mail-Kontaktformular angezeigt worden, sonst aber sei nichts gekommen – keine Satzung und kein Programm.
Beschwerde innerhalb von vier Tage lang möglich
Wer abgewiesen wird, hat danach vier Tage lang Zeit eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Bis zu einer Entscheidung des BVerfG muss dann bis 59 Tage vor der Wahl die Partei wie eine zugelassene behandelt werden.
Der Bundeswahlausschuss besteht aus dem Bundeswahlleiter, aus weiteren acht von ihm berufenen Beisitzern und zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts. Bei der Berufung der Beisitzer sollen die von den Parteien im Bundestag vorgeschlagenen Personen nach der Reihenfolge der Zweitstimmenergebnisse berücksichtigt werden.
Kritik an Zulassung von rechtsextremer Partei
Auch weniger bekannte Vereinigungen wie die "Gartenpartei" oder "Menschliche Welt" waren zugelassen worden, ebenso wie die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei "Der III. Weg".
Bundeswahlleiter Georg Thiel hatte dazu gesagt, dass der Ausschuss keine Programminhalte prüfe, vielmehr nur formelle Voraussetzungen. Trotzdem sorgte die Entscheidung für Kritik. So sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider: "Das ist eine Partei, die paramilitärisch organisiert ist und noch weiter rechts steht als die NPD." Sie habe eine "neonazistische und faschistische Ideologie".
Auch der SSW und die Freien Wähler sind dabei
Erstmals seit 60 Jahren wagt sich zur Bundestagswahl wieder die Partei der Dänen und Friesen an den Start, der in Schleswig-Holstein beheimatete Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Per Sonderregel sind Parteien nationaler Minderheiten bei Bundestagswahlen von der Fünfprozenthürde ausgenommen. Da der SSW zuletzt bei Landtagswahlen wieder Ergebnisse hatte, die einen Einzug in den Bundestag realistischer erscheinen ließen, hat er im nördlichen Schleswig-Holstein nun einige Direktkandidaten aufgestellt und eine Landesliste für das Bundesland.
Auch die Freien Wähler wollen in den Bundestag. In Rheinland-Pfalz und in Brandenburg sitzen sie in Fraktionsstärke im Landtag, in Bayern sind sie als Koalitionspartner der CSU sogar Regierungspartei. Sie konnten ihr Fundament in der politischen Landschaft in den vergangenen Jahren also vergrößern.
Anmerkung der Redaktion: Am 12. August hat der Bundeswahlleiter bekannt gegeben, dass sieben der ursprünglich 54 zugelassenen Parteien keine Landeslisten oder Dirketkandidatinnen und -kandidaten aufgestellt haben und damit nicht zur Wahl antreten. Mehr dazu lesen Sie hier:
Quellen: AFD, MDR
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Juli 2021 | 18:30 Uhr