
Medien Kommentierende User zu Besuch bei MDR THÜRINGEN
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15. Dezember 2024, 12:50 Uhr
Alles dabei: Löschen, Wartezeiten oder Zeitstrafen beim Kommentieren im Netz beschäftigten unsere User beim Besuch im MDR Landesfunkhaus in Erfurt. Natürlich ging es auch um Problemkandidaten, Nervensägen und KI.
Täglich stehen wir auf unserer Website und in den Sozialen Netzwerken im Austausch mit unseren Usern. Dabei ergeben sich auf beiden Seiten natürlich Fragen. Umso besser, wenn wir als MDR mit den Kommentierenden direkt sprechen können. So haben wir am Samstag zwölf User im Funkhaus begrüßt und mit ihnen über das Kommentargeschehen auf der Internetseite diskutiert.
"Etwas mehr Höflichkeit, Anstand und Benehmen wären gut", war ein mit viel Kopfnicken begleiteter Wunsch. Wir mussten natürlich darauf verweisen, dass die Meinungsfreiheit eben auch viel Unhöfliches, ziemlich Unanständiges und schlechtes Benehmen erlaubt.
Ein mehrfach geäußerter Verdacht waren Mehrfach-Benutzernamen von Usern - was sich aus sehr deutlichen Ähnlichkeiten bei Sprache und Postingverhalten ergebe. Richtig harte Beweise sind das allerdings noch nicht, und mehr Belege nötig. "Da liken sich doch welche selber", war nur eine der Unmutäußerungen.
Viele Fragen und Antworten
Über mehr als vier Stunden zogen sich Fragen der User und Fragen von uns. Eine Auswahl:
"Weshalb werden manchmal Kommentare erst mit Verzögerung freigeschaltet?"
Auf der Internetseite kommt es manchmal zu Verzögerungen bei der Freischaltung von Kommentaren. Das ist meistens dann der Fall, wenn Instagram und vor allem Facebook massive Zahlen an Kommentaren liefern. Wir haben alle drei Kanäle im Blick und Facebook ist nach wie vor der kommentarstärkste Kanal des Trios - auch mit der größten Unberechenbarkeit nach oben. Dazu kommt, dass Kommentare auf Facebook anders als auf unserer Seite sofort nach dem Posten sichtbar sind und "Problemkandidaten" schnell zu Eskalationen führen, die wir möglichst schnell einzudämmen versuchen.
Bei Wartezeiten von deutlich mehr als einer halben Stunde - und eindeutig unproblematischem Posting - können Sie uns ja einen "Kommentar nicht zur Veröffentlichung" schreiben und nachfragen. Manchmal müssen wir zum Beispiel einen zentralen Fakt noch nachrecherchieren oder haben Sie per E-Mail bereits mit einer Nachfrage kontaktiert.
"Warum werden persönliche Beleidigungen von Politikern immer wieder zugelassen?"
Die Meinungsfreiheit gibt in Deutschland viel her, und gerade Politiker müssen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit sogar mehr hinnehmen als etwa User, was Juristen mit dem Punkt "Machtkritik" begründen. Das bedeutet aber keine Freiheit für rein persönlich herabsetzende oder verunglimpfende Kritik. Der im Zusammenhang mit Politikern vielzitierte Paragraf 188 Strafgesetzbuch (StGB) greift aber erst, wenn eine eindeutige Beleidigung vorliegt und bringt dann einen höheren Strafrahmen. Entscheidend ist der Unterschied zwischen Kritik an der Arbeit oder Herabsetzung der Person.
"Was halten Sie von stundenweisen Auszeiten für einzelne User zum emotionalen Auskühlen?"
"Ja - sinnvoll", war die Antwort, etwa auch bei zu häufiger Wiederholung ein und desselben Inhalts. Hintergrund der Idee ist, dass es im Vergleich zu einer Accountsperre ein mildes Mittel ist und wie eine Zeitstrafe etwa beim Eishockey wirken soll.
Ein Wunsch war, bei Antworten an einen User dann auch dessen Pseudonym zu nennen, um klar zu machen, wer konkret mit einem Kommentar gemeint war. Die klassische Variante dafür ist "@XY" oder "Hallo XY".
Kommentar kommt nicht
Natürlich spielte Löschen von Kommentaren eine Rolle. Wir erklärten noch einmal die schwierige Balance mit Meinungsfreiheit und digitalem Hausrecht auch für Dinge unterhalb der Strafbarkeit, wie es sich unter anderem nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ("grundsätzlich berechtigt, den Nutzern die Einhaltung bestimmter Kommunikationsstandards vorzugeben, die über die strafrechtlichen Vorgaben hinausgehen") immer mehr als Richterrecht herausschält.
Typische Löschgründe
Zwei Stichproben zu Löschungen zeigten, dass Beleidigungssachen rund die Hälfte der Fälle ausmachen. "Fehlende Themennähe" lag bei zehn und 30 Prozent, falsche oder unbelegte Faktenbehauptungen machten acht und 19 Prozent aus. Angeschaut hatten wir dafür einen Thread zu den Schleusinger Demonstrationen und eine ganze Woche. Beim prozentual mickrigen Löschgrund "Unverständliches" blieb ein Kandidat für alle rätselhaft.
Meine Güte solle doch die kostenlose weeblocs für ihre i da endlich verschwide
Stimmen zu KI-Stimmen
Am Ende gab es noch einmal Kommentare, die per Künstlicher Intelligenz (KI) aus dem digitalen Extrakt realer Stimmen erzeugt wurden.
Die Qualität der Stimmen wirkte schon überzeugend bis sehr überzeugend. Eine mögliche Nutzung hängt aber erkennbar von den individuellen Gewohnheiten ab, also etwa lieber lesen oder gerne auch Podcast hören. Da die KI-Stimme umso echter wirkt, je mehr der eingegebene Text wie gesprochene Sprache geschrieben ist, entstand ein interessanter Gedanke mit Blick auf diejenigen, die nicht so gerne und gut schreiben: Direkte Spracheingabe und Umwandlung in den Kommentartext ist ja jetzt schon bei vielen Geräten möglich. Dieses letztlich Gesprochene dann auch akustisch wiederzugeben, wäre ein Gewinn für diejenigen, sich besser mündlich als schriftlich ausdrücken.
Begleitet und interviewt wurden Beteiligte der Runde zwischendurch von einem Team von Medien 360G für einen Beitrag zum Thema Userkommentare Anfang kommenden Jahres.
MDR (csr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. Dezember 2024 | 19:00 Uhr
Wessi vor 14 Wochen
Manche(r) User hat sich zur Aufgabe gemacht Einzelzitate aus komplexen Zusammenhängen herauszuziehen @ martin, um Inhalte zu verfälschen und dadurch zielgerichtet OT zu werden, um Diskussionen zu zerstören,weil er vllt. komplexe Posts nicht begreifen kann...und durch intelligentes Posting seine Feindbilder zerstören könnte.
MDR-Team vor 14 Wochen
@klaus.kleiner77 Für Sie "war es interessant", zu erfahren... Interessant. Jetzt sind wir neugierig: Wann haben Sie denn von wem was erfahren? Konkret statt allgemein wäre dabei schön. Wir sind gespannt. Wir sehen uns in unseren bisherigen Kontakten zu (unseren) Juristen in durchaus auch intensiven Diskussionen genauso ernst genommen wie in unseren bisherigen Kontakten zu Kommunikationswissenschaftlern (z.B. https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/userkommentare-webseite-facebook-instagram-april100.html)
klaus.kleiner77 vor 14 Wochen
Für mich war es interessant zu erfahren, was Journalisten, Kommunikationswissenschaftler und Juristen über die journalistischen Arbeit und über die Moderationspraxis bei MDR THÜRINGEN online denken!