Ein Wecker steht vor Sparschweinen.
Wann verjährt mein Anspruch? Nach drei Monaten oder erst nach 30 Jahren? Es gibt unterschiedliche Fristen. Bildrechte: imago images / Alexander Limbach

Rechtsexperte Gilbert Häfner Wann verjährt eine Rechnung oder der Anspruch auf Schadensersatz?

14. Dezember 2023, 10:00 Uhr

Ob nach der mangelhaften Reparatur einer Waschmaschine, Mängeln beim Hausbau oder einer nicht gezahlten Mietkaution – wenn Sie noch Rechnungen mit anderen offen haben, müssen Sie Fristen beachten.
Welche das sind? Wann die Verjährungsfrist überhaupt einsetzt und ob manche Ansprüche niemals auslaufen, klärt der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichtes in Dresden, Gilbert Häfner.

MDR um 4 Rechtsexperte Gilbert Häfner, Experte zum Thema "Alles rechtens?".
Bildrechte: MDR/ Martin Jehnichen

Welche Bedeutung hat die Verjährung eines Rechtsanspruchs?

Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner eines Rechtsanspruchs berechtigt, die Leistung zu verweigern. Wer allerdings einen bereits verjährten Anspruch noch erfüllt, kann das Geleistete nicht zurückfordern, und zwar auch dann nicht, wenn er in Unkenntnis der Verjährung geleistet hat (§ 214 BGB).

Welche Fristen gelten für die Verjährung im Zivilrecht und wann beginnen sie?

Geldscheine und Stempel mit Aufdruck "Schmerzensgeld"
Die Verjährungsfrist endet bei Schadensersatzansprüchen unter bestimmten Voraussetzungen erst nach 30 Jahren. Bildrechte: IMAGO / Steinach

  • Die regelmäßige Verjährungsfrist im Zivilrecht beträgt drei Jahre und beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
  • Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis tritt die Verjährung spätestens zehn Jahre nach der Entstehung des Anspruchs ein (§ 199 Abs. 4 BGB).
  • Bei Schadensersatzansprüchen endet die Verjährungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen erst nach 30 Jahren, gerechnet von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB).

Inszeniertes Foto eines Hausmodells, dass in einer Mülltonne steckt.
Wollen Sie Ansprüche für Mängel an einem Bauwerk erheben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Bildrechte: IMAGO / serienlicht

  • Besonderheiten bestehen bei bestimmten Ansprüchen, wie etwa denjenigen auf Nacherfüllung, Schadensersatz und Ersatz vergeblicher Aufwendungen beim Kauf (§ 437 Nr. 1 und 3 BGB). Hier beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre bei bestimmten Rechtsmängeln, fünf Jahre bei Mängeln an einem Bauwerk und im Übrigen – also im Regelfall – zwei Jahre (§ 438 Abs. 1 BGB).

Wann beginnt die Verjährung?

ein Haus auf einem Grundstück
Bildrechte: imago/Panthermedia

Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB).
Hat der Verkäufer den Mangel arglistig (vorsätzlich) verschwiegen, verjähren die vorbezeichneten Ansprüche – mit Ausnahme derjenigen wegen bestimmter Rechtsmängel – in der Regel frühestens in drei Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind und der Käufer Kenntnis von dem Mangel erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, und höchstens in 10 Jahren von ihrer Entstehung an (§§ 438 Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 und 3, 195, 199 Abs. 1 und 3 Nr. 1, Abs. 4 BGB).

Worin besteht der Unterschied zwischen Verjährung und Verwirkung?

Während die Verjährung eines Anspruchs allein an den Ablauf einer bestimmten Frist anknüpft, setzt Verwirkung voraus, dass sich der Schuldner nach dem über einen gewissen Zeitraum an den Tag gelegten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dieser werde seinen Anspruch auch zukünftig nicht geltend machen.

Beispiel: Wer etwa nach Ausspruch einer Kündigung das Vertragsverhältnis dem äußeren Anschein nach unverändert fortsetzt, kann sich dem Einwand der Verwirkung aussetzen, wenn er sich erst nach längerer Zeit auf die Rechtsfolgen der Kündigung beruft.

Beispiele

Gibt es Ansprüche, die niemals verjähren?

Zu den nicht verjährbaren Ansprüchen gehören solche aus familienrechtlichen Verhältnissen, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet sind. Dazu gehören zum Beispiel Ansprüche auf Herausgabe eines Kindes an den sorgeberechtigten Elternteil bei widerrechtlicher Vorenthaltung oder der Anspruch auf Ehegattenunterhalt für die Zukunft.

Baustelle Holzriegelbau
Der Anspruch auf eine Berichtigung eines Grundbucheintrags verjährt nie. Bildrechte: imago/CHROMORANGE

Auch der Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung verjährt nicht. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer gesetzlicher Bestimmungen, welche die Verjährung von Ansprüchen ausdrücklich ausschließen, z. B. den Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 898 BGB) oder einzelne nachbarrechtliche Ansprüche (§ 924 BGB).

Wie ist die Verjährung von Steuerschulden geregelt?

Das Steuerrecht unterscheidet zwischen der Verjährung der vom Finanzamt noch nicht festgesetzten Steuerschuld (Festsetzungsverjährung, §§ 169 ff. Abgabenordnung – AO) und der festgesetzten Steuerschuld (Zahlungsverjährung, §§ 228 ff. AO).

Bei der letztgenannten beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre; sie beginnt nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem eine Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung wirksam geworden ist.

Die Frist für die Festsetzungsverjährung hingegen beträgt bei den meisten Steuerarten vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Bei Hinterziehung und leichtfertiger Verkürzung einer Steuer beträgt die Festsetzungsfrist allerdings zehn bzw. fünf Jahre.

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MDR (jba)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 14. Dezember 2023 | 17:00 Uhr

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