Urteile der Woche Zu Unrecht bezogenes Bafög muss nur halb zurückgezahlt werden
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29. März 2025, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Zu Unrecht bezogenes Bafög muss wegen Behördenfehlers nur halb zurückgezahlt werden
Bundesverwaltungsgericht (Az. BVerwG 5 C 8.23)
Lisa Lisecke hat für ein Jahr die Ausbildungsförderung BaföG erhalten. Im entsprechenden Antrag hatte sie einen Einkommensteuerbescheid ihrer Eltern eingereicht. Darin waren für die Mutter geringe Einkünfte aus einer Berufstätigkeit und höhere Einkünfte aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung angegeben.
Letzteres stand aber nicht in der Einkommenserklärung der Mutter, die diese später nachreichte. Wären diese Einkünfte sofort korrekt eingerechnet worden, hätte die Tochter keinen oder nur einen geringen Anspruch auf BaföG gehabt. Deshalb fordert nun das Förderungsamt Schadenersatz für den zu Unrecht gezahlten Betrag, plus Zinsen – das macht 5.460 Euro.
Die anschließende Klage der Frau scheiterte erst vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz und dann vor dem Oberverwaltungsgericht Bautzen. Die Revision Frau in Leipzig hatte nun aber zum Teil Erfolg: "Der Schaden muss zwar ersetzt werden – aber nur zur Hälfte. Denn das Amt durfte sich nicht allein auf die Angaben in der Einkommenserklärung verlassen. Es hätte die Einkünfte aus der privaten Rente auch dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid entnehmen können. Das Verschulden ist deshalb auf beiden Seiten etwa gleich groß."
Das zu Unrecht bezogene BaföG muss also nur zur Hälfte zurückgezahlt werden.
Autofahrer haftet nicht bei Sturz eines Fahrgastes im Linienbus
Amtsgericht München (AZ: 338 C 15281/24)
Sigmar Siegbach ist 78 und schwerbehindert. Er steigt in einen voll besetzten Bus, kann dort keinen freien Platz finden und hält sich deshalb mit einer Hand an einer Haltestange fest. Vor dem Bus wechselt nun ein Auto urplötzlich die Spur. Der Busfahrer muss eine Vollbremsung machen, bei der der Fahrgast stürzt. Prellungen und eine Daumenverletzung sind die Folge. Er fordert 2.000 Euro Schmerzensgeld vom Pkw-Fahrer. Die Begründung: Der Autofahrer habe den Bus zur Bremsung gezwungen.
Am Amtsgericht München war man dagegen anderer Meinung: "Fahrgäste in Bussen sind verpflichtet, sich während der Fahrt einen sicheren Halt zu verschaffen. Die Videoaufzeichnungen der Bus-Innenkamera haben aber gezeigt, dass sich der Kläger nur locker mit einer Hand festgehalten hat. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs tritt hier gegenüber der Eigenverantwortung des Klägers vollständig zurück. Andere Fahrgäste wurden durch die Bremsung nicht verletzt, was dafür spricht, dass sich diese im Bus ordnungsgemäß verhalten haben."
Der Kläger ist also allein für seinen Sturz verantwortlich ist und kann keine Ansprüche gegen den Pkw-Fahrer geltend machen.
Gärtner haftet für heimliches Aufstellen eines Weihnachtsbaumes
Amtsgericht Hamburg (Az. 247 Cs 92/24)
Zacharias Zachmann ist Geschäftsführer eines Gartenpflanzen-Anbieters. Er will den Kindern einer Kita in der Weihnachtszeit eine Freude machen. Auf dem umzäunten Gelände der Kita stellt er heimlich einen großen Weihnachtsbaum auf und legt Geschenke darunter. Der Vorstand der Kita und auch die Eltern der Kinder finden das allerdings gar nicht gut. Sie hatten sich im Sinne der Religionsfreiheit zuvor bewusst gegen einen Weihnachtsbaum entschieden. Denn in der Kita sind auch etliche Kinder mit nicht christlichen Wurzeln aus dem arabischen Raum und aus Asien.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb gegen den Gärtner. Sie bietet ihm an, die Ermittlungen einzustellen, wenn dieser 500 Euro zahlt. Da er das nicht will, musste das Amtsgericht Hamburg entscheiden: "Die Rechtslage ist hier relativ simpel. Es gab ein Eingangstor zur Kita. Es ist nicht gewünscht, dass einfach jeder dieses Gelände betritt. Und das ist zu akzeptieren."
Der Gärtner ist zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Als Bewährungsauflage muss er 2.400 Euro an eine Einrichtung für Kinder zahlen.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. März 2025 | 06:00 Uhr