Donnerstag, 30.07.2020: 600 Jahre Turmmusik

Seit 600 Jahren erklingen vom Turm der Kreuzkirche Dresden Posaunen, Hörner und Trompeten. Und das alles auch ein bisschen deshalb, weil Martin Luther das hebräische Wort "Schofar“"in der Bibel mit "Posaune" anstatt mit "Widderhorn" übersetzte.

Im alten Israel und so auch in der jüdischen Tradition rüttelt der Schofar die Menschen wach und macht auf wichtige Ereignisse aufmerksam. In unseren Breiten wurde seit dem Mittelalter ebenfalls akustisch auf Feuer oder Kriegsgefahr hingewiesen. Die Türmer bliesen dann vom Kirchturm die Posaune.

Luther hatte beim Bibelübersetzen diese Lebenswelt seiner Zeitgenossen vor Augen. Und deshalb spricht er, wenn es in den alten Texten um das Widderhorn geht, immer nur von diesem schönen glänzenden Messinginstrument. Seine deutsche Variante eines Psalms lautet: "Lobt Gott in seinem Heiligtum. (…) Lobt ihn mit Posaunen!“ So kam es wohl, dass der Türmer, auch Stadthausmann oder Stadtpfeifer genannt, seit Jahrhunderten in Dresden regelmäßig auch bei Gottesdiensten eingesetzt wurde. Er spielte mit seinen Gesellen vor und nach der Predigt oder auch zur Freude der Stadtbewohner bei Festen und oben vom Kirchturm.

Die Choräle von da wurden als musikalische Predigt über die Häuser hinweg zu den Menschen getragen. Manche sangen oder beteten mit. Die Geschichte der Stadtpfeifer ist in den kommenden Wochen in einer Ausstellung in der Kreuzkirche zu sehen und zu hören. Sie ist zugleich Teil der Evangelischen Posaunenmission - in Sachsen der Dachverband für 438 Posaunenchöre mit 6.000 Bläserinnen und Bläsern. Einige von ihnen spielen auch heute regelmäßig vom Turm der Kreuzkirche. Zum Lob Gottes und zur Freude für die Mitmenschen.