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6 min
Dirk Schlesier über die Hera-Mission. Bildrechte: MDR, Planetarium Halle, Dirk Schlesier, Esa

Hera-Asteroidenmission Wie eine Kamera aus Jena den Mars im Nahflug beobachtet

11. März 2025, 17:00 Uhr

Die europäische Asteroiden-Mission Hera, ausgestattet mit einer Bordkamera der Jena-Optronik aus Thüringen wird auf ihrem Weg zu ihrem eigentlichen Zielobjekt zunächst am Mars vorbeifliegen. Am 12. März 2025 sollen die ersten Marsfotos gemacht werden – die Kamera hilft aber auch bei der Navigation im Weltraum.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
Bildrechte: privat

Ein Stückchen Optik aus Jena scheint wohl überall zu sein. Nicht nur in Mitteldeutschland, sondern auch auf dem Mond und bald bereits in der Nähe des Mars. Nachdem die US-Firma Intuitive Machines hochsensible Sensoren vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) aus Jena auf den Mond gebracht hat (auch wenn die Landung letztendlich noch nicht funktioniert hat), wird am 12. März 2025 die Hera-Raumsonde der europäischen Raumfahrtbehörde Esa am Mars und einem seiner Monde vorbeifliegen. An Bord befindet sich die AFC-Kamera (Asteroid Framing Camera) von Jena-Optronik, die nicht nur Fotos schießt, sondern auch für die Navigation benötigt wird. 

Ein Foto der Asteroid Framing Camera (AFC) von Jena-Optronik aus Thüringen. Die Kamera befindet sich an Bord der europäischen Hera-Asteroidenmission der Esa.
Ein Foto der Asteroid Framing Camera (AFC) von Jena-Optronik aus Thüringen. Die Kamera befindet sich an Bord der europäischen Hera-Asteroidenmission der Esa. Bildrechte: Jena-Optronik

Zwischenstopp auf dem Weg zum Asteroidenpaar Didymos

Der Mars ist dabei nur ein Zwischenstopp, bei dem die Raumsonde ein Swingby-Manöver vollzieht. Dabei wird "die Schwerkraft des Mars genutzt, um Hera in Richtung Didymos zu beschleunigen", sagt Pablo Muñoz vom europäischen Raumflugkontrollzentrum Escoc in Darmstadt. Dieses Manöver sorgt für "erhebliche Treibstoffeinsparungen" und bringt Hera schneller zu ihrem eigentlichen Zielobjekt, dem Doppelasteroidensystem (65803) Didymos.

Die Raumsonde DART mit ihren Solarflügeln in der Nähe eines großen Asteroidenbrockens. Im Hintergrund ist der Weltraum zu erkennen sowie ein weiterer kleinerer Asteroid – insgesamt eine sehr dunkele künstlerische Darstellung.
Die Raumsonde DART mit ihren Solarflügeln in der Nähe eines großen Asteroidenbrockens. Im Hintergrund ist der Weltraum zu erkennen sowie ein weiterer kleinerer Asteroid – insgesamt eine sehr dunkele künstlerische Darstellung. Bildrechte: Steve Gribben, Johns Hopkins APL, NASA

Bereits im September 2022 steuerte die Dart-Raumsonde (Double Asteroid Redirection Test) der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf dessen Begleiter Dimorphos zu und schlug gezielt auf seiner Oberfläche auf. Damit wurde die Umlaufbahn von Dimorphos um Didymos verändert. Das war der erste erfolgreiche Versuch der Asteroidenabwehr – auch, wenn dieses konkrete System für die Erde keine Gefahr darstellt. Hera soll nun die genauen Auswirkungen des Einschlags aus nächster Nähe untersuchen.

Mögliches Szenario, wenn Asteroiden über einer Stadt auf die Erde rasen.
Mögliches Szenario, wenn Asteroiden über einer Stadt auf die Erde rasen. Bildrechte: Deutsche Raumfahrtagentur im DLR

Die richtige Position zum richtigen Zeitpunkt

Um das Asteroidenduo im Herbst 2026 zu erreichen, musste Hera im November 2024 bereits das erste Korrekturmanöver durchführen; die zweite Flugbahnkorrektur ist für Februar 2026 geplant. In der Zwischenzeit soll Hera am 12. März 2025 am Mars und seinem Mond Deimos vorbeifliegen.

"Durch den Mars-Vorbeiflug gewinnt Hera einen gravitativen Schwung für die Reise zu Didymos und es bietet sich grundsätzlich die Gelegenheit, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehungszeit des roten Planeten zu erlangen", erklärt Axel Kwiatkowski, der Projektmanager der AFC-Kamera bei Jena-Optronik gegenüber MDR WISSEN. "Der Mars bietet außerdem die Möglichkeit, Satelliteninstrumente zu überprüfen und gegebenenfalls zu kalibrieren. Natürlich erhoffen sich alle Beteiligten auch spektakuläre Weltraumfotos."

Deimos ist der kleinere der beiden Marsmonde und sieht ein wenig wie eine Kartoffel aus. Seine Maße betragen etwa 15 × 12 × 10 Kilometer. Den Mars umrundet er mit einer fast exakten Kreisbahn in einem Abstand von ungefähr 23.500 Kilometern, womit er weiter von seinem Mutterkörper entfernt ist als der größere Marsmond Phobos. Für eine Marsumrundung benötigt Deimos einen Tag, sechs Stunden und 18 Minuten.

Erst Deimos, dann Mars – mit einem Stückchen Jena an Bord

Bei ihrem Marsbesuch wird Hera zuerst an Deimos vorbeifliegen, bevor sie den Mars passieren wird. Die ersten Beobachtungen mit der AFC-Kamera aus Thüringen beginnen in einem Abstand von 1.000 Kilometern zu Deimos. Aus Heras Blickwinkel wird sich der Mars dann hinter dem Mond befinden.

Bei dieser Gelegenheit können die Instrumente den Marsmond für einen kurzen Moment genauer untersuchen. Zunächst soll sich Hera auf 300 Kilometer an Deimos annähern, schreibt die Esa. Laut den Bahnberechnungen soll die Raumsonde dann um 13:12 Uhr (MEZ) mit einem Abstand von weniger als 80 Kilometern an dem Mond vorbeifliegen.

Die Jena-Optronik hat das Objektiv der Kamera an die speziellen Missionsbegebenheiten angepasst. Sie ist auf Detailbeobachtungen im Nahbereich ausgelegt und kann eine hohe Abbildungsqualität sowie Kontrastschärfe garantieren – und das über einen Temperaturbereich von -30 bis zu +50 °Celsius.

Um 13:51 Uhr (MEZ) wird Hera am Mars vorbeifliegen, wobei sich die Raumsonde bis auf 5.670 Kilometer an den Roten Planeten annähert. Das AFC-System soll dabei nicht nur schöne Fotos machen. 

"Einerseits kann es aufgrund seiner Lichtstärke schwache punktförmige Objekte erkennen und dient damit der Navigation aus sehr großer Distanz", sagt Kwiatkowski. Die AFC weist eine entsprechend hohe Lichtempfindlichkeit für diese Mission auf. Immerhin ist der Zielasteroid mit weniger als einem Kilometer Durchmesser nicht besonders gut zu erkennen.

Vierzehn aufeinanderfolgende Arecibo-Radarbilder des erdnahen Asteroiden (65803) Didymos und seines kleinen Mondes, aufgenommen am 23., 24. und 26. November 2003. Die photometrischen Lichtkurvendaten deuten darauf hin, dass Didymos ein Doppelsternsystem ist, und die Radaraufnahmen zeigen deutlich den zweiten Körper. Die Bilder sind schwarz-weiß und sehr pixelig.
Vierzehn aufeinanderfolgende Arecibo-Radarbilder des erdnahen Asteroiden (65803) Didymos und seines kleinen Mondes, aufgenommen am 23., 24. und 26. November 2003. Die photometrischen Lichtkurvendaten deuten darauf hin, dass Didymos ein Doppelsternsystem ist, und die Radaraufnahmen zeigen deutlich den zweiten Körper. Die Bilder sind schwarz-weiß und sehr pixelig. Bildrechte: NASA/JPL-Caltech

Die Reise geht weiter

Die ersten Aufnahmen des AFC-Instruments vom Mars sollen bereits wenige Tage nach dem Vorbeiflug von der Esa veröffentlicht werden. In einem Jahr soll Hera auf Didymos und seinen Begleiter treffen, um die Spuren vom Dart-Einschlag genauer zu untersuchen.

"Aus großer Entfernung erscheint der Asteroid als ein helles Objekt unter vielen Sternen. Durch Auswertung von Bildserien kann er identifiziert werden, indem wir etwa bekannte Sternenmuster ausblenden", erklärt der Projektmanager. "Auch durch die Beobachtung seiner Bewegung gegen den statischen Sternenhintergrund kann der Asteroid erkannt werden."

Illustration der Raumsonde Hera der europäischen Raumfahrtbehörde Esa (im Hintergrund), während diese über die Oberfläche von Asteroid Dimorphos hinweg fliegt.
Illustration der Raumsonde Hera der europäischen Raumfahrtbehörde Esa (im Hintergrund), während diese über die Oberfläche von Asteroid Dimorphos hinweg fliegt. Bildrechte: ESA/Science Office

Am Asteroidenpaar angekommen, soll die Kamera sie fotografieren. Die teilweise helle Asteroidenoberfläche kann dabei ohne Überblendungseffekte abgebildet werden. Das ist für die Navigation aus nächster Nähe wichtig, erörtert Kwiatkowski und fährt fort: "Aus näherer Entfernung zwischen 30 und zehn Kilometern füllt der Asteroid teilweise das Gesichtsfeld der Kamera aus. Die Navigation orientiert sich dann an der Kontrastgrenze zwischen dem Asteroiden und dem Weltall."

Wenn die Raumsonde näher an ihr Zielobjekt heranfliegt, werden Oberflächenformen wie Steine, Krater und andere Hell- und Dunkelstellen mit den Bildsequenzen zur Navigation verfolgt. Die Aufnahmen werden dabei an das Lagerregelungssystem gesendet, welches für die Ausrichtung von Hera und seiner Flugbahn verantwortlich ist. Die Messdaten stammen von der AFC. Die mitteldeutsche Technik spielt damit eine wesentliche Rolle für den Erfolg der Mission.

Links/Studien

Esa-Beitrag vom 8. November 2024: Hera burns towards Mars

Pressemitteilung von Jena-Optronik vom 8. Oktober 2024: Ein Asteroid wartet nicht

Bahnberechnungen: HERA: Mars-Swingby am 12.3.2025

Pressemitteilung vom DLR vom 7. Oktober 2024: Hera – Planetare Verteidigung gegen Asteroideneinschläge

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 07. März 2025 | 14:20 Uhr

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