Erneuerbare Energien Sollten wir die EEG-Umlage ganz abschaffen?

15. Oktober 2021, 18:04 Uhr

Die EEG-Umlage sinkt im kommenden Jahr deutlich. Noch-Bundeswirtschaftsminister Altmaier will sie möglichst schnell abschaffen lassen. Was meint die Wissenschaft dazu?

Heute (15.10.2021) haben die Strom-Übertragungsnetzbetreiber die neue Höhe der EEG-Umlage bekanntgegeben. Demnach wird sie im nächsten Jahr nur noch 3,72 Cent pro Kilowattstunde betragen, sie wird also im Vergleich zu den vergangenen Jahren fast halbiert.

Ob dadurch der Strompreis für die Kunden ebenfalls sinken wird, ist angesichts der derzeit stark steigenden Energiepreise allerdings offen.
(Angenommen, die Senkung im Vergleich zum Vorjahr von 2,78 Cent pro Kilowattstunde würde 1:1 an den Endverbraucher weitergegeben, dann könnte eine durchschnittliche Familie mit 5.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch immerhin 139 Euro einsparen.)

Anfang der Woche brachte der scheidende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Idee ins Gespräch, mit den Parteien der kommenden Regierung die Möglichkeit abzuklopfen, die EEG-Umlage nicht erst im Laufe der kommenden vier Jahre abzuschaffen, sondern sehr schnell, also schon zu Beginn der neuen Legislaturperiode.

Wissenschaftliche Einschätzungen

Mehrere Wissenschaftler haben sich nun gegenüber dem Science Media Center (SMC) zu dieser Idee geäußert. Und bei ihnen überwiegt Skepsis, ob eine schnelle Abschaffung der richtige Schritt ist.

Prof. Dr. Claudia Kemfert ist Abteilungsleiterin für Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Sie ist gegen eine Abschaffung, aber für eine Reform der Umlage, weil die Kosten für erneuerbare Energien inzwischen deutlich niedriger sind als vor 20 Jahren.

Der Ausbau erneuerbarer Energien muss weiter vorangebracht werden, dafür bedarf es weiterer Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen. Allein der Strombörsenpreis kann dies nicht leisten, auch wenn dieser aktuell hoch ist.

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin "Energie, Verkehr und Umwelt", Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Der ehemalige Abteilungsleiter für Klimaschutz und Energie beim Umweltbundesamt Prof. Dr. Uwe Leprich, der jetzt Dozent an der Universität des Saarlandes ist, sagt, dass das EEG und die Umlage schon aus rechtlichen Gründen nicht abgeschafft werden können.

Das würde bedeuten, sich von den Ausbauzielen zu verabschieden und Strafzahlungen an die EU einplanen zu müssen.

Prof. Dr. Uwe Leprich, Dozent für Wirtschaftspolitik, Energiewirtschaft, Umweltpolitik, Universität des Saarlandes

Vielmehr gehe es (wahrscheinlich auch Peter Altmaier) darum, eine Finanzierung jenseits des Strompreises zu erreichen.

Aber Fakt ist: Jedes Jahr werden mehrere Milliarden Euro benötigt, die als Vergütungen ausgezahlt werden. Und die müssen irgendwo herkommen.

Woher das Geld in Zukunft kommt, dazu gibt es mehrere Ideen, Theorien und Modelle. Manche (wie Prof. Leprich) befürworten eine völlig neue marktunabhängige Finanzierung. Dafür wäre ein neues übergeordnetes Gesetz nötig. Ein zweites Modell beinhaltet eine Regelung über den CO2-Preis, was gleichzeitig die Dekarbonisierung (Ausstieg aus fossilen Energieträgern Kohle, Öl, Gas) der Industrie beschleunigen würde. Ein dritter Weg könnte eine Steuer sein, bei der man Besserverdienende, die ja normalerweise auch mehr Energie verbrauchen und mehr CO2 produzieren, stärker zur Kasse bittet als sozial Benachteiligte. Oder aber eine Kombination aus CO2-Preis-Einnahmen und "Energiegeld"-Abgaben an die Bürger, wie es Bündnis '90/Die Grünen vorschlagen.

Insgesamt gebe es viele Möglichkeiten, finanzschwächere Haushalte von steigenden Energiekosten zu entlasten, meint Eva Hauser, Forschungskoordinatorin am Institut für Zukunftsenergiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes.

Eine Umschichtung der EEG-Umlage – oder gar ihre immer mal wieder vorgebrachte Abschaffung – aus politischer Gefälligkeit ist hierfür kaum das Mittel der Wahl! Denn sie wäre weder umwelt- noch sozialpolitisch treffsicher.

Eva Hauser, Forschungskoordinatorin, Institut für Zukunftsenergiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (IZES), Saarbrücken

Über alle Ideen, Modelle und Theorien wird in der Wissenschaft stark diskutiert. Wofür sich die Politik letztlich entscheidet, ist noch nicht abzusehen.

(rr/smc)

4 Kommentare

ule am 16.10.2021

Umlagen sind das schlechteste Mittel, wirtschaftliche Prozesse nachhaltig zu gestalten.
Die Verflechtung aus Nachfrage und Angebot wird dabei aus den Augen verloren und zum Schluß bleibt nur noch ein Umverteilungsprozeß.

PS:
Warum Solarenergie zu 100% gefördert wird, die Solarzellen aber nur halbtags arbeiten, dass kann ein nachhaltig und wirtschaftlich denkender Mensch sich auch nicht erklären.
- Vernunft mit Weitblick geht anders -

Oder hat die Bundesrepublik sich verpflichtet, die gesamte Solarzellenproduktion aus China abzukaufen, um damit ein mögliches Handelsdefizit auszugleichen ?

kleinerfrontkaempfer am 16.10.2021

Warum "begeistern" sich z.Zt alle für diese EEG-Umlage?!
Da bei sind 3/4 des zu zahlenden Strompreises STEUERN + ABGABEN!
Der Staat langt kräftig zu und kann es gar nicht fassen wie es in seiner Kasse klingelt. Ohne auch nur einen kleinen Finger zu rühren.
Ähnlich sieht es beim Preis an der Tankstelle aus: TANKE SCHÖN, heißt es aus Berlin bei jedem gezapften Liter . Damiit sich die allmählich hochlaufenden Gemüter nicht zu stark erhitzen (siehe Gelbwesten in Frankreich) wird dem Volk halt die EEG-Umlage "angeboten". Vorher hat sich der Staat aber mit Milliarden € Sonderzahlung an diverse Konzerne und Unternehmen die Zusage dafür erkauft. Natürlich aus Steuergeldern. Das Geld ist ja reichlich vorhanden.

Eulenspiegel am 15.10.2021

Also ich fand schon immer das die EEG Umlage ein großer Fehler war. Sie sollte umgehend abgeschafft werden und gegebenen Falls durch eine Subventionierung aus Steuermitteln finanziert werden wie es ja bei Kohle- und Atomstrom auch der Fall ist.