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MDR KLIMA-UPDATE | 17. November 2023 Sicher nicht ganz sicher: Die schwierige Kommunikation über Unsicherheiten

Ausgabe #115 – von Kristin Kielon

17. November 2023, 11:00 Uhr

Darüber, dass es den anthropogenen Klimawandel gibt, herrscht in der Klimaforschung Einigkeit. Doch bei den Details gibt es unzählige Unsicherheiten. Wie lassen die sich gut kommunizieren?

Porträtaufnahme einer weißen Frau mit zurückgebundenen Haaren, einer großen Brille und grüner Bluse
Bildrechte: Tobias Thiergen

Hallo liebe Lesende,

also das war am Mittwoch eine Entscheidung, die ich erstmal verdauen musste. Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass die Bundesregierung gegen das Grundgesetz verstößt, wenn sie nicht verbrauchte Corona-Hilfen für den Klimaschutz ausgibt. Das heißt, es klafft jetzt eine Finanzierungslücke von ganzen 60 Milliarden Euro bei der Klimapolitik. 

Das ist also eine ganz schöne Hiobsbotschaft so kurz vor der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai Anfang Dezember. Und bei der müssen den Vereinten Nationen zufolge endlich erhebliche Fortschritte gemacht werden. Andernfalls stehe es schlecht um die Einhaltung der Klimaziele, heißt es. 

Angesichts so vieler schlechter Nachrichten möchte ich etwas innehalten. Reflektieren. Vor der eigenen Haustüre kehren sozusagen. Wie steht es um unsere Klima-Kommunikation? Also nicht die von Ihnen untereinander, sondern die von uns Journalistinnen und Journalisten? Denn im Feld der Klimaforschung gibt es zahllose Unsicherheiten. Können wir da Sachverhalten vereinfachen, um sie besser verständlich zu machen? Ist es zulässig, zu dramatisieren? Oder sollten wir lieber verschweigen, was wir nicht sicher wissen? Mit diesen Fragen beschäftige ich mich in der heutigen Ausgabe des Klima Updates. 

Aber erstmal zur...


#️⃣ Zahl der Woche:

226

… Gigatonnen Kohlenstoff zusätzlich könnten gebunden werden, wenn weltweit geeignete Flächen aufgeforstet und bestehende, degradierte Wälder instandgesetzt würden. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, an der Autoren und Autorinnen von über 200 Institutionen beteiligt waren. Demnach steckt vor allem in der Wiederherstellung von Wäldern viel Potenzial: Sie trügen mit 61 Prozent deutlich mehr zum gesamten Speicherpotential bei als das Aufforsten komplett neuer Wälder, so die Forschenden. Aber womöglich bleibt die Zahl bloße Theorie: Die meisten der ermittelten potenziellen Flächen liegen in tropischen Regionen. Das könne für politische Konflikte sorgen, glauben Fachleute. Allerdings könnten die Ergebnisse gut zur Ausweisung neuer Schutzgebiete genutzt werden. 

Die Unsicherheit liegt in der Natur der Sache - aber wie kommunizieren wir sie?

In der Klimaforschung gibt es viele könntes, wenns und wäres. Es kommt eben drauf an, denn die Welt ist komplex und das Klima ist es auch. Einfache Antworten und simple Zusammenhänge gibt es da leider selten. Die Forschung spricht dann von Unsicherheiten. 

Was sind Unsicherheiten?

Der anthropogene Klimawandel ist sehr gut belegter wissenschaftlicher Konsens. Es ist also klar, dass durch den Ausstoß von Treibhausgas-Emissionen eine globale Klimaerwärmung stattfindet, die schon heute mess- und auch spürbar ist. Was dagegen weniger klar ist, ist zum Beispiel, wie stark die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 noch ausfallen wird. Und wir werden das auch nie sicher sagen können, es bleibt immer eine Unsicherheit. Versuchen wir uns zunächst an einer Definition: Unsicherheit ist ein Zustand unvollständigen Wissens, der aus einem Mangel an Informationen oder unterschiedlichen Bewertungen objektiver Daten resultieren kann. Dieser Zustand kann mehrere Ursachen haben, von Ungenauigkeiten in den Daten über mehrdeutig definierte Konzepte oder Terminologien, bis hin zum unkalkulierbaren menschlichen Verhalten.

Ein ganz wesentlicher Faktor ist also der Mensch: Wird er den Ausstoß von Treibhausgasen in kommenden Jahrzehnten massiv einschränken? Davon hängt die Richtung, in die sich das Klima entwickelt, ganz wesentlich ab. Aber zum Beispiel auch die Modelle und die physikalischen Formeln, mit denen Forschende ihre Prognosen berechnen, enthalten Unsicherheiten. Deshalb gibt etwa der IPCC für die Erwärmung bei einer Verdopplung des CO2-Gehalts der Atmosphäre im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter eine Spannbreite von 1,5 bis 4,5 Grad Celsius Erwärmung an. Denn ganz präzise lässt sich das nicht berechnen. Das Klimasystem hat nämlich zahlreiche Unwägbarkeiten, da die Klimaerwärmung etwa zu Rückkopplungen führen kann, die die Effekte weiter verstärken oder auch abschwächen können. Das heißt, unanfechtbare Erkenntnisse wird es von der Klimaforschung nicht geben – die Unsicherheit schwingt immer mit.

Das größte Problem an wissenschaftlicher Unsicherheit ist wohl, dass sie viele Menschen falsche Schlüsse ziehen lässt. Nehmen wir etwa die Sachstandsberichte des IPCC. Sie sind gespickt mit dem Wort "wahrscheinlich". Doch wo etwas wahrscheinlich ist, ist es nicht sicher. Das heißt also im Umkehrschluss, dass die Berichte viele Unsicherheiten enthalten. Dieses Angeben von Wahrscheinlichkeiten hat dem Weltklimarat in der Vergangenheit Anfeindungen eingebracht. Leugner des anthropogenen Klimawandels etwa nutzen die Angaben nur zu gern für ihre Zwecke. Denn die wissenschaftlichen Unsicherheiten werden von Laien häufig falsch verstanden, denn im Alltagsverständnis gibt es keine Fragezeichen. Unsichere Ergebnisse sind demnach "schlechte Ergebnisse" oder dienen als Rechtfertigung dafür, noch nicht handeln zu müssen.

Auf der Suche nach dem richtigen Ton

Erinnern Sie sich noch an den Begriff Heißzeit? Das war das Wort des Jahres 2018. Es steht ein bisschen exemplarisch für einen Alarmismus, der die Berichterstattung über den Klimawandel sehr oft begleitet. Doch das hat in der Vergangenheit schon einigen kommunikativen Schaden angerichtet: Hamburg steht noch immer noch nicht unter Wasser und im Sommerurlaub hat es ganz schön viel geregnet. Wie dramatisch kann das dann alles schon sein, fragt sich da mancher Ottonormalverbraucher. Und wir Journalistinnen und Journalisten fragen uns: Wie können wir die Ergebnisse und die Unsicherheiten der Klimaforschung verständlicher kommunizieren? Und wie bekommen wir die eindeutigen Grundzusammenhänge mit den unsicheren Einzelereignissen wie Hitzewellen oder Hochwasser zusammen?

Das Dilemma, vor dem Klimaforschende sowie Journalistinnen und Journalisten stehen, ist also die Frage, ob sie Aussagen trotz Unsicherheiten zuspitzen sollen, um der Öffentlichkeit die Dringlichkeit des Problems klarzumachen oder sollten sie sich auf wissenschaftlich eindeutige Aussagen beschränken, wobei aber womöglich die Warnungen der Fachwelt untergehen?

Der Meteorologe Karsten Haustein von der Universität Leipzig spricht sich klar für eine offene Kommunikation aus. Haustein ist Attributionsforscher. Er versucht also genauer zu bestimmen, in welchem Zusammenhang Extremwetterereignisse mit dem Klimawandel stehen. Das hat ein Forschungsteam auch nach der Flut-Katastrophe in Libyen im September gemacht, bei der nach UN-Angaben mehr als 11.000 Menschen ums Leben kamen. Insbesondere Flutereignisse riefen immer die Medien auf den Plan, erklärt Haustein, denn die vielen Todesopfer sehe man im Gegensatz etwa zu Hitzetoten sofort. Deshalb habe man hier Antworten liefern wollen, solange die Aufmerksamkeit für diese wenig beachtete Weltregion da gewesen sei – auch, wenn die Unsicherheiten bei Starkregenereignissen besonders groß seien. Die Forschenden haben sich deshalb dazu entschieden, so Haustein, die "komplette Bandbreite" zu kommunizieren. Und die habe eben besagt, dass das Wetterereignis durch die Klimaerwärmung bis zu 50 Mal wahrscheinlicher geworden sein könnte. "Und 50 Mal, das ist eine Zahl, die wirklich schon absurd hoch ist und genau das den Leuten nicht mitzugeben ist, glaube ich, der größere Fehler als umgedreht zu sagen, wir können nicht sagen, was passiert ist, weil die Unsicherheit zu groß ist", so Haustein.

Auch Jochem Marotzke, Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, bestätigt, dass es besonders schwer sei, Niederschläge in den Computermodellen abzubilden. Die Wahrscheinlichkeiten, die man dann mit ihnen berechne, seien eben mit großen Unsicherheiten behaftet. Bei Hitzeereignissen dagegen seien die fast gar nicht mehr vorhanden. Hier könne demnach von einem direkten Zusammenhang ausgegangen werden. Marotzke spricht sich ebenfalls dafür aus, Ergebnisse aller Unsicherheit zum Trotz zu kommunizieren. "Was wäre die Alternative? Die Alternative wäre möglicherweise gar nichts zu sagen und dann wird man dem Informationsbedürfnis der Gesellschaft auch nicht gerecht." Er versuche immer, die Ungewissheiten, die da sind, auch zu benennen.

Etwas zurückhaltender ist die Attributionsforscherin Johanna Baehr vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an der Universität Hamburg. Sie sagt, dass sie gern die Wahl hat, welche Informationen sie zu welchem Zeitpunkt sie über ihre eigene Forschung veröffentlichen möchte. „Da haben wir eine Wahl zu einem bestimmten Zeitpunkt zu sagen, da hatten wir jetzt eine Chance das gründlich zu untersuchen“, so Baehr. Bei kurzfristigen Einschätzungen zu aktuellen Ereignissen sei das natürlich nicht möglich. Diese Dringlichkeit hält sie für gefährlich. "Ich glaube, da begeben wir uns in eine Spirale, aus der wir nicht wieder rauskommen. Natürlich gibt es aktuelle Dinge, über die man berichten muss und will, aber immer nur dringender wird nicht die Lösung sein."

Und die Journalistinnen und Journalisten? Treffen die den richtigen Ton? Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal etwa, habe es schnell geheißen, dass sich hier der Klimawandel zeige. Denn klar, Extremwetterereignisse werden häufiger. Die Meteorologen haben da eine differenziertere Meinung. Der kausale Zusammenhang sei so klar nicht. Aber das eigentliche Versagen der Medien sieht Haustein vor der Flut: So seien die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes nicht ausreichend beachtet worden. Tatsächlich hätte man die Menschen im Vorfeld aufklären müssen, was genau die Prognose für ein Risiko berge, so der Leipziger. Wenn immer nur der Zusammenhang von Extremereignissen mit dem Klimawandel thematisiert würde, rückten Themen wie die Anpassung an das sich verändernde Klima vernachlässigt.

Überfluteter Ort Dernau im Ahrtal 2021
Haben die Medien die Menschen im Ahrtal zu schlecht gewarnt? Bildrechte: imago images/Future Image

Kommunikation von Unsicherheiten kommt gut an

Aber was wollen die Leserinnen, die Hörer oder die Menschen vor dem Fernseher eigentlich? Die wollen, dass Unsicherheiten mit kommuniziert werden, sagt Psychologin Astrid Kause von der Leuphana Universität Lüneburg. Die Evidenz zeige, dass es grundsätzlich gut sei, Unsicherheit mit zu kommunizieren. Andernfalls laufe man nämlich Gefahr, unglaubwürdig zu werden. "Irgendwer findet es doch raus", sagt Kause. Es wirke sich dagegen positiv aus, wenn erwähnt werde, in welchem Kontext die Forschung stattgefunden hat. Sinnvoll sei es für die Wissenschaft auch, so Kause, "zu vermitteln, wir sind da weiter dran, wir geben uns Mühe. Es kann sein, dass die Empfehlungen in ein paar Wochen oder in ein paar Jahren ganz anders sind."

Und dann sei da noch das Problem, dass einige Menschen gar nicht richtig verstünden, was Forschungsergebnisse eigentlich genau aussagten, erklärt die Psychologin. Auch dadurch entstehe Unsicherheit – allerdings beim Rezipienten. Wenn also ein Ereignis 50 Prozent wahrscheinlicher würde, sei das für Personen, die sich mit Wissenschaft oder dem Fachgebiet nicht auskennen, schwer zu verstehen. Die Unsicherheit entstehe dann dadurch, dass man nicht wisse, wie man mit einer relativen Veränderung umgehen solle. Kause rät deshalb Fachleuten und Journalisten dazu, nach Möglichkeit mit verständlichen Zahlen und ohne Fachworte zu kommunizieren. "Vielleicht haben Menschen gar nicht genug Hintergrundwissen, um diese Häufigkeiten oder diese Veränderungen zu interpretieren", ergänzt die Psychologin.

Attributionsforscher Haustein verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass er und seine Kollegen bereits bemüht seien, ihre Ergebnisse für Laien verständlich aufzuarbeiten und plausibler zu machen. Dafür gebe es in den Forschungsteams sogar speziell Kolleginnen und Kollegen, die das übernehmen. Auch Max-Planck-Forscher Marotzke betont, dass er es auch als eine Anforderung an sich sehe, sich für die Öffentlichkeit verständlich auszudrücken. Es sei nun einmal nicht möglich, dass alle Klimamodelle und Statistik problemlos verstünden.

Zumindest in Sachen Statistik hat die Hamburgerin Baehr etwas mehr Vertrauen in die Allgemeinheit. "Wenn ich mir anschaue, wie viel Statistik Leute im Kopf hinkriegen, wenn sie in der Bundesliga-Tabelle die letzten zwei Spieltage hochrechnen und die Wahrscheinlichkeiten, mit denen sie dann umgehen, dann ist das ja nicht so, dass die Menschen mit Statistik, mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten nicht umgehen können", sagt sie. Das Verständnis sei natürlich abhängig vom jeweiligen Kontext, aber grundsätzlich sei es möglich, Annahmen und Unsicherheiten entsprechend zu kommunizieren.

Haben wir es übertrieben?

In den verschiedensten Medien bekommen jedoch vor allem die zugespitzten Drama-Überschriften einen Platz auf der Titelseite oder Sendefläche. Sind die Menschen abgestumpft von der Drama-Berichterstattung? Gibt es einen Rückschritt und die Menschen wollen nichts mehr hören vom Klima? Eher nicht, glaubt Psychologin Kause. Umfragen zeigten, dass die Menschen, die den Klimawandel leugnen, eine recht laute Minderheit seien. Das ermögliche das Phänomen der False Balance. "Das ist der gute Wille, verschiedene Sichtweisen darzustellen, der auch im Journalismus verbreitet ist." Die gleichrangige Darstellung verschiedener Standpunkte führe aber zu dem Eindruck, dass die Evidenz für alle Seiten ähnlich groß wäre. Das sei aber bei der Klimaforschung nicht der Fall. Hier sagten fast alle Studien und Fachleute: Okay, das gibt's und das macht ein riesen Problem und wir müssen wirklich was machen.

Die Psychologin rät dazu, immer transparent über die Folgen und Auswirkungen der Klimakrise zu kommunizieren und eine Sprache zu verwenden, die verständlich ist. Kommunikationswissenschaftler empfehlen noch etwas anderes: Hilfreich sei es, nicht von Unsicherheiten zu sprechen, sondern Risiken abzuwägen und Vorsorgestrategien zu benennen. Das knüpfe an Dinge an, die die Menschen aus ihrem Alltag kennen würden wie Altersvorsorge oder Versicherungen und mache die Inhalte so verständlicher.

Und vielleicht müssen wir auch mehr Augenmerk auf die positiven Entwicklungen legen, die optimistisch stimmen, so klein die Fortschritte auch manchmal scheinen. Mein Kollege Max Fallert hat das einfach mal gemacht: Hier können Sie den Artikel lesen.


🗓 Klima-Termine

Dienstag, 21. November – Suhl

Die Stadt Suhl im Süden Thüringens hat einen neuen Klimaschutzmanager. Wer mit Michael Schäfer persönlich über seine Pläne sprechen möchte, kann am Dienstagabend zum Kennenlerngespräch mit dem BUND kommen und alle Fragen loswerden. Start ist um 19 Uhr. Infos hier

Mittwoch, 22. November – Dresden

Wer sich in Sachsen am Feiertag den großen Fragen des Klimawandels stellen will, muss um 14:30 Uhr in die Frauenkirche kommen. Franz Josef Rademacher hält hier einen Vortrag mit dem Titel "Energie, Klima, Zukunft – Sind wir noch zu retten?!". Der Forscher ist unter anderem auch langjähriges Mitglied des Club of Rome und betrachtet insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Hier erfahren Sie mehr.

Donnerstag, 23. November – Online

Der Lancet Countdown, eine interdisziplinäre Forschungskooperation aus 52 Forschungseinrichtungen und UN-Organisationen, analysiert jedes Jahr die globalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Diese Woche ist der Bericht veröffentlicht worden, aber kommende Woche gibt es noch ein virtuelles Launch-Event für Deutschland. Dabei besprechen Fachleute aus dem Klima- und Gesundheitsbereich über die Ergebnisse - darunter auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Mehr dazu hier.


📰 Klimaforschung und Menschheit

Das Krankheitsrisiko durch den Klimawandel steigt

Selbst in vormals gemäßigten Regionen sind extreme Hitze und tropische Infektionskrankheiten im Zuge des Klimawandels auf dem Vormarsch. Selbst wenn der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bei knapp unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bliebe, würde die Zahl der globalen Hitzetoten bis zur Mitte des Jahrhunderts um 370 Prozent steigen. Das ist ein Ergebnis der neuen Studie "Lancet Countdown on health and climate change" - einer Analyse von 114 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Fachmagazin "The Lancet". Den Ergebnissen zufolge werden die Menschen weltweit an doppelt so vielen Tagen extremer Hitze ausgesetzt sein wie im Zeitraum 1986 bis 2005. Die Forschenden warnen vor den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit des Menschen. Nichtstun werde Menschenleben kosten, heißt es.

Erwärmung der Arktis sorgt global für schnelleren Temperaturanstieg

Die schnellere Erwärmung der Arktis beschleunigt offenbar den globalen Temperaturanstieg. Wie eine Studie unter Leitung des University College London zeige, werde der Anstieg um zwei Grad Celsius durch die schnellere Erwärmung der Arktis acht Jahre früher erreicht, als wenn die Region sich mit der durchschnittlichen globalen Geschwindigkeit erwärmen würde. Allerdings erwärme sich die Arktis aktuell fast viermal schneller. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass diese sogenannte arktische Verstärkung Prognosen unverhältnismäßig unsicher mache, da die Abweichungen in den Computermodellen für diese Region größer seien als für den Rest des Planeten.

UN-Analyse: Staaten beim Klimaschutz weit vom 1,5-Grad-Pfad entfernt

Die Vereinten Nationen haben die aktuell von den Staaten des Pariser Klimaabkommens vorgelegten Klimaschutzpläne analysiert und kommen zu einem vernichtenden Ergebnis. Demnach seien die Staaten meilenweit davon entfernt, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. UN-Klima-Chef Simon Stiell sprach von Babyschritten. Die Weltklimakonferenz in Dubai müsse ein "Wendepunkt" werden. Der Analyse zufolge lägen die im Jahr 2030 noch ausgestoßenen weltweiten Treibhausgas-Emissionen, wenn die Pläne eingehalten würden, nur zwei Prozent unter dem Niveau von 2019. Notwendig für das 1,5 Grad-Ziel wäre es, dass die Emissionen 43 Prozent darunter lägen. Verglichen mit dem Jahr 2010 läge der Ausstoß im Jahr 2030 der Berechnung zufolge sogar noch immer 8,8 Prozent höher.

Australische Waldbrände verringerten möglicherweise Regen weltweit

Die riesigen Waldbrände in den Jahren 2019 und 2020 in Australien haben weltweit womöglich zu weniger Luftfeuchte, weniger Zirruswolken und weniger Niederschlag geführt. Das zeigt eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung in Leipzig. Mithilfe von Computersimulationen zeigen die Forschenden, dass die Absorption des Sonnenlichts durch den australischen Rauch zu einer relevanten Erhöhung der Temperatur um einige Grad Celsius in der oberen Troposphäre und der unteren Stratosphäre geführt haben muss. Das hatte demnach Einfluss auf das Wetter. Letztlich ließen die Ergebnisse darauf schließen, so das Forchungsteam, dass durch die Wirkung des australischen Rauches ein Rückgang des globalen Niederschlags um zirka 0,2 Prozent im Bereich des Möglichen ist.


📻 Klima in MDR, ARD und ZDF


👋 Zum Schluss

Man kann nicht nicht kommunizieren, hat schon der bekannte Philosoph und Psychotherapeut Paul Watzlawick gesagt. Stellt sich also die Frage des "wie". Was meinen Sie? Ist Zuspitzung erlaubt oder birgt das die Gefahr, zu sehr in den Aktivismus überzugehen? Wie würden Sie denn gern über Unsicherheiten informiert werden? Schreiben Sie uns doch kurz Ihre Meinung zum Thema an klima@mdr.de. Denn mithilfe ihrer Meinung und Kritik können wir besser werden in unserer Kommunikation. 

In den kommenden Wochen wird die Klimakonferenz COP28 in Dubai mit ihren Inhalten hier im Klima Update ein großes Thema sein. Und rund um die Konferenz gibt es alljährlich auch immer zahlreiche Publikationen von Forschenden. Es dürfte also spannend werden in den kommenden Tagen. 

Vielen Dank, dass Sie uns wieder gelesen haben!

Mit den besten Wünschen und bis bald,
Kristin Kielon


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Schreiben Sie uns an klima@mdr.de.

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