Wohin entwickeln sich die Batterien der Zukunft? (Symbolbild)
Bildrechte: MDR Wissen mit Hilfe von KI (Firefly)

Stand der Forschung Rohstoffe, Technologien, Recycling: Wie sieht die Batterie der Zukunft aus?

02. Oktober 2024, 12:36 Uhr

Batterien als Energiespeicher sind schon jetzt extrem wichtig und werden es in Zukunft noch deutlich mehr. Derzeit dominiert die Lithium-Ionen-Technologie. Bleibt das so? Welche anderen Technologien sind im Kommen? Sind überhaupt ausreichend Rohstoffe da? Und wird es bald "die Super-Batterie" geben, leistungsstark und langlebig? Wir haben uns in der Forschungslandschaft umgehört, um die drängendsten Fragen zu beantworten.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
Bildrechte: Robert Rönsch

Energie speichern und wieder abgeben – das Grundprinzip einer Batterie ist simpel. Aber umso komplizierter und vielschichtiger sind die Möglichkeiten, wie die Batterie ihren Zweck am besten erfüllt. Demensprechend viel wird geforscht und entwickelt: an den Materialien für Kathode, Anode und Elektrolyte, an Design und Architektur der Batterie, an Leistung und Lebensdauer, an der Sicherheit, an der Recycling-Fähigkeit und natürlich an ganz neuen Technologien.

Und so gibt es auch nicht "die eine" Forschungseinrichtung für Batterien in Deutschland, sondern viele. Zum Beispiel zwei Fraunhofer-Institute in Dresden. Am Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) wird an Batteriewerkstoffen geforscht. Und am Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) steht die Optimierung von Leistung, Lebensdauer und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Dem Recycling von Batterien hat sich auch die TU Bergakademie Freiberg verschrieben, dort wird seit 15 Jahren das mechanische Zerstückeln und Sortieren der einzelnen Batteriebestandteile weiterentwickelt. Und am Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) wiederum versucht man, die globalen Trends und Innovationen in der Batterie-Technologie im Blick zu behalten.

Zu den drängendsten Batterie-Themen für Gegenwart und Zukunft haben wir die jeweils führenden Expertinnen und Experten aus all den genannten Forschungseinrichtungen befragt. Das sind Holger Althues vom Fraunhofer IWS, Mareike Partsch und Matthias Schulz vom Fraunhofer IKTS, Urs Peuker von der TU Bergakademie Freiberg (zu den Themen Recycling und Langlebigkeit) und Tim Wicke vom Fraunhofer ISI.

Von links nach rechts: Dr. rer. nat. Holger Althues (Abteilungsleiter Batteriewerkstoffe, Fraunhofer IWS Dresden) Dr.-Ing. Mareike Partsch (Abteilungsleiterin Mobile Energiespeicher und Elektrochemie, Fraunhofer IKTS Dresden) Dr.-Ing. Matthias Schulz (Abteilungsleiter Stationäre Energiespeicher, Fraunhofer IKTS Dresden) Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker (Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, TU Bergakademie Freiberg) Tim Wicke (Batterie-Experte im Competence Center Neue Technologien, Fraunhofer ISI Karlsruhe)
Von links nach rechts:
Dr. rer. nat. Holger Althues (Abteilungsleiter Batteriewerkstoffe, Fraunhofer IWS Dresden)
Dr.-Ing. Mareike Partsch (Abteilungsleiterin Mobile Energiespeicher und Elektrochemie, Fraunhofer IKTS Dresden)
Dr.-Ing. Matthias Schulz (Abteilungsleiter Stationäre Energiespeicher, Fraunhofer IKTS Dresden)
Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker (Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, TU Bergakademie Freiberg)
Tim Wicke (Batterie-Experte im Competence Center Neue Technologien, Fraunhofer ISI Karlsruhe)
Bildrechte: H. Althues, M. Partsch, M, Schulz, U. Peuker, T Wicke, MDR Wissen

Im Folgenden werden wir deren Antworten zu jedem Themenbereich zusammenfassen, oft (aber nicht immer) sind die Meinungen der Expertinnen und Experten auch sehr ähnlich. Unter der Zusammenfassung finden Sie immer eine Schaltfläche. Wenn Sie diese anklicken, werden die kompletten (und oft komplexen) Antworten angezeigt.

Macht die Wissenschaft genügend Fortschritte bei Batterien?

Recht einig sind sich die Experten, dass es schon heute sehr gute Batterien gibt. Preise und Leistungsfähigkeit haben sich in den vergangenen Jahren stark verbessert. Aber die Forschung geht natürlich weiter, Verbesserungspotenzial gibt es immer. Die aktuellen Hausaufgaben liegen jedoch nicht so sehr bei der Wissenschaft, sondern bei der Industrialisierung von schon erforschten Batterietechnologien.

Die größten Meilensteine der vergangenen Jahre

Den Werdegang der heute dominierenden Lithium-Ionen-Batterie (LIB) hält die gesamte Expertenschaft für beeindruckend, auch wenn es im Wesentlichen seit vielen Jahren Weiterentwicklungen waren – und keine grundlegenden Innovationen. Als Meilensteine angesehen werden können auch andere Batteriearten wie Natrium-Ionen-Batterien (NIB) und Feststoffbatterien, neue Anoden-Materialien, das schrittweise Ersetzen kritischer Materialien oder effizientere Fertigungsprozesse wie zum Beispiel die platz- und kostensparende Trockenbeschichtung.

Gibt es bald "die Super-Batterie", die alles kann?

Nein, der Wunsch nach der einen Super-Batterie, die alle Vorzüge (super-leistungsstark, super-langlebig, super-schnell aufladbar, super-nachhaltig) in sich vereint, wird in naher Zukunft höchstwahrscheinlich nicht erfüllt, da sind sich die Experten einig. Dafür gibt es immer irgendeinen Haken zu viel an der Sache. Die Lithium-Ionen-Batterie wird in ähnlicher Form, wie wir sie schon haben, auch in den nächten Jahren dominieren. Für manche Nutzungsarten von Batterien wird es aber andere Lösungen geben, so dass man sagen könnte: Die eine "Super-Batterie" gibt es zwar nicht, aber mehrere verschiedene "Gut-für-diesen-Zweck-Batterien".

Kann man vom Lithium wegkommen?

Nein, ganz wegkommen wird man vom Lithium nicht so bald. Zwar ist die Natrium-Ionen-Batterie eine Alternative, sie wird der Lithium-Variante aber nicht komplett den Rang ablaufen, höchstens eine Ergänzung darstellen. Gerade bei hoher nötiger Speicherdichte wird Lithium führend bleiben. Allerdings ist die Rohstoffsituation beim Lithium auch gar nicht allzu kritisch. Es gibt noch große Ressourcen, neue Abbau-, sowie neue Aufbereitungsmöglichkeiten, und der starke Preisanstieg ist auch überwunden.

"Nebenwirkungen" wie Umweltschäden und Kinderarbeit

Um solche ungewünschten Nebenwirkungen zu verhindern, sind mehrere Ansätze notwendig, die gesetzlich geregelt werden müssen, weil es der Markt allein nicht tun wird. Kritische Rohstoffe könnten durch andere ersetzt werden. Wenn das nicht möglich ist, muss die Umweltverträglichkeit garantiert sein. Manches entwickelt sich schon in eine bessere Richtung. Zum Beispiel spielt Kobalt, der vor allem aus dem Kongo kommt und dessen Abbaubedingungen oft kritisiert wurden, in neuen Zellchemie-Arten von Batterien eine immer geringere Rolle. Am wichtigsten ist aber das Recycling von Batterie-Rohstoffen, so dass möglichst wenige neue Rohstoffe gebraucht werden.

Verheißungsvollste Technologien bei kleinen Alltagsbatterien, E-Autos und großen Energiespeichern

Die Lithium-Ionen-Technologie wird bei kleinen Alltagsbatterien auch in Zukunft genutzt werden. Natrium-Ionen- und Feststoff-Batterien könnten aber auch alltagstauglich werden, zumindest für manche Zwecke. Wichtig wird in jedem Fall sein, dass Batterien wiederaufladbar und damit lange nutzbar sind.

Bei Batterien von Elektrofahrzeugen ist es so ähnlich. Lithium-Ionen-Batterien werden vorerst weiter dominieren. In Zukunft könnte aber (vor allem in kleinen Fahrzeugen) die leistungsschwächere, aber preiswertere Natrium-Ionen-Technologie zum Zuge kommen. Und die Feststoff-Batterie mit ihrer höheren Energiedichte wird sich auch durchsetzen, allerdings wegen ihres höheren Preises vor allem im Premiumsegment von E-Autos.

Bei großen Energiespeichern wird die Varianz vermutlich am größten sein. Wenn die Lithium-Ionen-Technologie weiterhin immer preiswerter wird, bleibt sie auch in diesem Segment interessant. Mit ihr werden aber verschiedene Batterie-Arten auf Natrium-Basis und Redox-Flow-Batterien konkurrieren.

Wie verhindert man ein großes "Wegwerf"-Problem bei Batterie-Bestandteilen?

Die Experten sind optimistisch, dass es zu keinem großen Wegwerf-Problem kommt. Zwar wird nicht alles der Markt regeln, weil sich Recycling nicht bei jedem Material in Batterien preislich lohnt. Aber Gesetze wie die EU-Batterieverordnung schaffen einen sehr guten Rahmen, so dass Abfall als Wertstoff gesehen werden muss und es trotzdem hohe Recycling- und Wiederverwendungsquoten geben wird. Zumindest in Europa.
Die Langlebigkeit von Batterien wird auch verbessert werden, wenn auch aus chemisch-physikalischen Gründen mittelfristig nicht so extrem, wie man sich vielleicht wünschen würde.

Langlebigkeit von Batterien im E-Auto

Die Angst, dass die Batterie eines modernen Elektroautos ihren Geist schon vor dem Rest des Wagens aufgibt und ersetzt werden muss, ist ziemlich unbegründet. Eine Lebensdauer von 200.000 Kilometern (und zum Teil deutlich mehr) ist absolut üblich und damit mit der von Verbrenner-Fahrzeugen vergleichbar. Auch vor einem relativ schnellen Kapazitätsverlust, wie man ihn vielleicht vom Handy kennt (Akku hält nach einer Weile nicht mehr so lange durch wie am Anfang), muss man beim E-Auto keine Angst haben.

Wie versuchen die von uns befragten Forscher selbst, zukünftige Batterien zu verbessern?

So vielfältig wie das Innenleben einer Batterie sind auch die Forschungsschwerpunkte unserer Expertinnen und Experten. Manchmal geht es um Themen, von denen Außenstehende wahrscheinlich noch nie gehört haben, wie zum Beispiel die Trockenbeschichtung oder das Recycling der sogenannten Schwarzmasse.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 18. September 2024 | 21:48 Uhr

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