Ein Raumschiff im All, im Hintergrund als Wasserzeichen die Zahl 10. 11 min
Bildrechte: MDR / NASA, ESA, CSA, STScI
11 min

Acht Monate dauert eine Reise allein zum Mars! Um das Universum zu erobern, bräuchten wir Millionen, Milliarden Jahre. Fällt uns da was ein?

MDR Mi 10.05.2023 12:00Uhr 10:42 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Podcast: Große Fragen in 10 Minuten Werden wir das Universum erobern?

11. April 2024, 12:55 Uhr

Acht Monate dauert eine Reise allein zum Mars! Um das Universum zu erobern, bräuchten wir Millionen, Milliarden Jahre. Ginge es mit dem Atomantrieb, den die NASA erprobt, schneller? Oder fällt uns sogar hier in Sachsen etwas anderes ein? MDR WISSEN Reporter Karsten Möbius hat nachgefragt.

Wir machen uns Gedanken, ob wir vielleicht auch auf einem anderen Planeten leben könnten, aber eigentlich wissen wir gar nicht, wie wir dahinkommen sollen. Denn noch sind wir im All viel zu langsam unterwegs. Das findet auch Martin Tajmar, Professor für Raumfahrtsysteme an der TU Dresden.

Ich möchte es auf jeden Fall zum nächsten Stern schaffen, wenn nicht sogar darüber hinaus.

Martin Tajmar, Professor für Raumfahrtsysteme

Der nächste Stern, das wäre Proxima Centauri, 4,2 Lichtjahre von uns entfernt. Stand heute betrüge die Reisezeit siebzig- bis achtzigtausend Jahre. Wie viel schneller wären wir mit dem Atomantrieb der Nasa? So pauschal sei das schwer zu sagen, so Tajmar.

Statt in acht bis neun Monaten zum Mars könnten wir es in zwei Monaten schaffen. Also auf jeden Fall einen Faktor 3 in der Geschwindigkeit. Sie könnten mit so einem System in sechs Monaten bemannt zum Jupiter fliegen.

Für den Wissenschaftler sind das Zeiträume, mit denen Menschen arbeiten könnten. "Wenn man sich anguckt, dass jetzt schon Astronauten 1,5 Jahre auf der internationalen Raumstation waren. Da können sie auch zum Jupiter fliegen, dort herumbasteln und wieder zurückkommen."

Faktor 3 reicht nicht fürs Universum, aber eine Mini-Atombombe schon

Was uns im Sonnensystem voranbringt, reicht fürs Universum nach wie vor nicht. Mit dem Atomantrieb der Nasa bräuchte man immer noch zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend Jahre bis Proxima Centauri. Tajmar bringt eine Idee ins Spiel, die ebenfalls mit Atomkraft zu tun hat. Er denkt dabei nicht an einen Reaktor, sondern an einen Mini-Atomsprengkopf, den man hinten am Raumschiff hinter einer Platte zündet. Mit wiederholten kleinen Detonationen mit einem Radius von 10 Metern könnte man es vielleicht in 50 Jahren bis zum nächsten Stern schaffen.

Ungefähr ein Sechstel der Energie, die so freigesetzt wird, klatscht an eine Platte hinten am Raumschiff und schiebt es nach vorn. Das ist das effizienteste Antriebssystem, das wir uns bisher ausgedacht haben.

Martin Tajmar, TU Dresden

Diese Idee ist nicht neu, sondern stammt aus den 1950er-Jahren. Aber so wie damals stehen wir noch heute vor vielen nicht gelösten Problemen: "Die Masse der Atombomben, die man dafür bräuchte, entspräche der Masse der Sonne", so Tajmar. Und je schneller wir fliegen wollen, desto mehr steigt der Energiebedarf ins Unermessliche. Denn das Vakuum im Universum ist keineswegs leer, sondern voller Teilchen, die immer größeren Widerstand leisten, je schneller wir unterwegs sind. Die Lichtgeschwindigkeit wäre ohnehin das absolute Limit, das wir eh nie erreichen würden. Stand heute, gibt der Experte für Raumfahrtsysteme zu bedenken. "Früher hat man auch gesagt, es wird niemals etwas fliegen, das schwerer als Luft ist. Und vor 50 Jahren wäre ein Handy noch als Zauberei durchgegangen. Genauso sagen wir heute, es ist unmöglich zum nächsten Stern zu fliegen."

Es ist völlig klar: Unmöglich heißt nur, dass es JETZT nicht möglich ist. Das ist alles. Es ist nichts unmöglich. Es ist nur jetzt unmöglich.

Martin Tajmar

Tajmar zieht in Betracht die Dunkle Materie als zu nutzen, die das Universum durchzieht und es auseinanderdrückt. Dann bräuchten wir nie wieder Energie zu transportieren oder zu tanken. Dem Zeitproblem ließe sich mit künstlicher Intelligenz begegnen und unsere Stellvertreter ins All schicken.

Wenn ich etwas erschaffe, das diese biologische Abhängigkeit nicht mehr hat, dann kann ich diesen Zeitschlüssel vielleicht entfernen und kann sagen: Dann bauen wir Sonden, die mit einer Chat GPT 10.0 ausgestattet sind. Die schlagen in 50-tausend Jahren auf, um den Stern zu besiedeln.

Martin Tajmar

Wenn wir also fragen: Werden wir das Universum erobern – dann müssen wir auch fragen, wer wir eigentlich sind? Werden wir uns einfrieren oder werden wir Maschinen entfernte Regionen besiedeln lassen? Und was ist eigentlich mit dem WARP-Antrieb der Enterprise? Dem Raumschiff, das den Raum vor sich verkürzt und den Raum hinter sich erschafft und so in einer Art Raumblase mit Überlichtgeschwindigkeit durchs All düst. Das wäre so als ob man die Autobahn vor sich wegnimmt und hinten wieder dranlegt und dadurch in Nullkommanichts ans Ziel kommt. Unvorstellbar – aber Mathematiker sitzen an diesen Modellen und berechnen, ob da was gehen könnte.

Ich glaube es ist nur eine Frage der guten Idee. Das ist das einzige Limit. Ich habe zwei Buben und ich möchte denen mal sagen: Ich hab's versucht. Papa hat es wirklich versucht. 

Martin Tajmar

Und was ist eigentlich mit den vielzitierten Wurmlöchern, den Abkürzungen im Universum? Sie wären eine weitere Möglichkeit, schnell durch Raum und Zeit zu reisen und sind demnächst Thema bei den großen Fragen.    

Illustration zur Magnetosphäre der Erde
Die Magnetosphäre der Erde ist eine magnetische Blase, die unseren Planeten umhüllt und vor den meisten geladenen Teilchen schützt, die von unserer Sonne kommen. Wenn jedoch solare Teilchen auf die Magnetosphäre treffen, können sie die Magnetfeldlinien und das Plasma um die Erde wie die gezupften Saiten einer Harfe in Schwingung versetzen und Wellen mit sehr niedrigen Frequenzen erzeugen. Bildrechte: Martin Archer (Imperial College London), Emmanuel Masongsong (UCLA), NASA

Autor

Dieses Thema im Programm: MDR+ | MDR WISSEN Podcast | 10. Mai 2023 | 12:00 Uhr