Ein Mann sitzt mit einem Notebook am Tisch, eine Frau erledigt im Hintergrund Hausarbeiten.
Frauen verrichten immer noch mehr Arbeit im Haushalt als Männer. Bildrechte: IMAGO / photothek

Wissen-News Männer überschätzen ihren Beitrag zur Hausarbeit deutlich

29. Januar 2025, 16:32 Uhr

Männer gehen davon aus, dass die Arbeit im Haushalt zwischen ihnen und ihrer Partnerin gleich verteilt ist. Doch mit dieser Einschätzung liegen sie daneben – und erschweren damit den Frauen die Teilhabe am Arbeitsmarkt, wie eine Studie der Bertelmann-Stiftung ergeben hat.

Mehr als zwei Drittel der befragten Männer (68 Prozent) sagen, dass beide Partner "gemeinsam" oder zumindest "meistens gemeinsam" für Aufgaben im Haushalt zuständig sind. Frauen sehen das allerdings ganz anders: nur 44 Prozent von ihnen geben an, dass die Aufgaben gleich verteilt sind. Ähnlich unterschiedlich ist die Wahrnehmung, wenn es um die klassische, getrennte Zuständigkeit für den Haushalt geht: in 54 Prozent der Fälle sehen Frauen die Zuständigkeit immer oder meistens bei sich selbst. Demgegenüber sagen nur knapp 22 Prozent der Männer, dass die Zuständigkeit zumeist bei ihrer Partnerin liegt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Onlinebefragung, die das Institut Arbeit und Qualifikation im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat. Befragt wurden gut 1.600 Personen im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 65 Jahren, die zum Zeitpunkt der Befragung in einer heterosexuellen Beziehung lebten

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Verantwortung der Männer stärker in den Blick nehmen

An den unterschiedlichen Wahrnehmungen ändert sich auch dann nichts, wenn man nur die Haushalte betrachtet, in denen beide Partner in Vollzeit arbeiten. Während 70 Prozent der Männer mit Vollzeitjobs angeben, dass sich beide gemeinsam oder meist gemeinsam um den Haushalt kümmern, sagen das nur 49 Prozent der Frauen. "Auch wenn beide in vollem Umfang erwerbstätig sind, führt das nicht automatisch zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Haushaltsaufgaben", sagt Michaela Hermann, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung. "Solange traditionelle Geschlechterrollen die Ungleichverteilung von Haus- und Sorgearbeit zementieren, beschränken wir die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt mit entsprechenden Folgen für Einkommen und Renten. Und wir verschärfen den Fachkräftemangel."

Damit Frauen Zeit für mehr Erwerbsarbeit haben, muss folglich in vielen Partnerschaften die Hausarbeit anders verteilt werden. "Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Frauen nach der Kinderphase nicht wieder voll erwerbstätig sind", sagt Luisa Kunze, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung. "Männer müssen ihre Verantwortung in Haushalt und Familie stärker wahrnehmen und für diesen Zweck auch Angebote wie Brückenteilzeit und flexible Arbeitszeitmodelle häufiger in Anspruch nehmen." Damit das gelingt, müssten auch Betriebe ihren Beitrag leisten. "Führungsaufgaben in Teilzeit oder Rücksichtnahme auf Kita-Schließzeiten sollten auch für Männer normal sein und vom Arbeitgeber offensiv angeboten werden."

Links/Studien

Mehr zur Studie der Bertelsmann-Stiftung erfahren Sie hier.

cdi/pm

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 15. Januar 2025 | 10:47 Uhr

49 Kommentare

MDR-Team vor 2 Wochen

[2/2]
In diesem Fall wurden die Befragten einerseits nach der Wahrnehmung der Verteilung im Haushalt gefragt und ob sie diese gleichmäßig wahrnehmen. Darüber hinaus wurden sie dann gefragt, was der jeweilige zeitliche Umfang ihrer Aufgaben ist. Dabei ergaben sich sichtliche Diskrepanzen. Selbst bei den Befragten, die das Prinzip "Wir machen das gemeinsam" bejahen, geben Männer an, pro Woche 6,7 Stunden für den Haushalt zu investieren. Bei Frauen sind es 10,6 Stunden – also deutlich mehr. Noch eklatanter ist der Unterschied bei der Kinderbetreuung. In Paaren mit gemeinsamer Sorgeverantwortung investieren Männer nach eigener Einschätzung durchschnittlich 17,5 Stunden, bei Frauen sind es dagegen 27,5 Stunden pro Woche.
file:///H:/Dokumente/Downloads/Studie_Spannungsfeld_Vereinbarkeit_Arbeitaufsteilung_Geschlechterrollen_Aushandlungen_Paar.pdf

MDR-Team vor 2 Wochen

Befragungen gehören zum wissenschaftlichen Standard Repertoire. Befragungen ermöglichen es, Daten direkt von einer großen Anzahl von Personen zu sammeln. Dies ist besonders nützlich, um Meinungen, Einstellungen, Verhaltensweisen und demografische Informationen zu erfassen. Durch sorgfältige Auswahl der Stichprobe können Befragungen repräsentative Daten liefern, die auf eine größere Population verallgemeinert werden können. Standardisierte Befragungen ermöglichen den Vergleich von Daten über verschiedene Gruppen hinweg und über die Zeit. Dies ist wichtig, um Trends und Muster zu erkennen. [1/2]

MDR-Team vor 2 Wochen

Dazu aus der Interpretation der Studie: An den unterschiedlichen Wahrnehmungen ändert sich auch dann nichts, wenn man nur die Haushalte betrachtet, in denen beide Partner:innen in Vollzeit arbeiten. Während 70 Prozent der Männer mit Vollzeitjobs angeben, dass sich beide gemeinsam oder meist gemeinsam um den Haushalt kümmern, sagen das nur 49 Prozent der Frauen. "Auch wenn beide in vollem Umfang erwerbstätig sind, führt das nicht automatisch zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Haushaltsaufgaben", sagt unsere Arbeitsmarktexpertin Michaela Hermann.
Die ganze Studie inklusive Methodik und Ergebnissen finden Sie hier: file:///H:/Dokumente/Downloads/Studie_Spannungsfeld_Vereinbarkeit_Arbeitaufsteilung_Geschlechterrollen_Aushandlungen_Paar.pdf