Tausende protestieren am Freitag, den 7. März 2025, während der Kundgebung "Stand-Up for Science" in Washington D.C. gegen die von der Trump-Regierung vorgenommenen Kürzungen der Bundesmittel.
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Wissenschaftsfreiheit in Gefahr Trumps Wissenschaftsfeldzug: Wie geht es mitteldeutschen Forschungsprojekten damit?

18. März 2025, 16:46 Uhr

Die Trump-Regierung hat massive personelle und finanzielle Kürzungen in der US-Wissenschaftslandschaft veranlasst. Forschungsprojekte weltweit werden davon betroffen sein, denn Wissenschaft ist kein nationales Geschäft. Sie braucht den internationalen Austausch. Wie blicken mitteldeutsche Forschende auf die Entwicklungen in den USA?

Wetterforscher, Klimaexpertinnen, Krebsforscher oder Wissenschaftlerinnen in Gesundheitsinstituten – seit dem Amtsantritt der Trump-Regierung stehen Forschung und Wissenschaft durch Sparmaßnahmen massiv unter Druck. Das trifft nicht nur die USA, sondern auch die internationale Forschungslandschaft. Denn Wissenschaft ist kein nationales Konstrukt, sondern lebt von Austausch und Zusammenarbeit – und das auf globaler Ebene.

Sparkurs auf Kosten des wissenschaftlichen Fortschritts

In den kommenden Jahren sollen die staatlichen Ausgaben der USA um bis zu 2 Billionen US-Dollar sinken. Möglich soll das durch einen massiven Rückbau des Staatsapparates sein. Unter anderem sollen staatliche Stellen gestrichen und staatliche Förder- und Forschungsbudgets eingefroren oder gekürzt werden und zwar radikal. Dafür will das Department of Governmental Efficiency unter Tech-Milliardär Elon Musk sorgen.

Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Forschungslandschaft, weil es zu Einschränkungen in der Forschungsförderung, zu Unterbrechungen von Projekten und Verzögerungen in der Mittelvergabe führen. Was das konkret bedeutet, hat gerade die Universität Rostock erfahren. Das Außenministerium der USA hat vor einer Woche seine finanzielle Unterstützung für ein Deutsch-Amerikanisches Institut (DAI) in Rostock gekündigt. "Wenn die Trump-Administration jetzt transatlantische Austausch-Projekte ohne Vorwarnung beendet und damit Brücken für die Wissenschaftskooperation einreißt, ist das ein verheerendes Zeichen", so die Präsidentin der Wissenschaftsministerkonferenz der Länder und Wissenschaftsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Bettina Martin in einer Mitteilung

Das Bild zeigt eine Frau im Porträt 25 min
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MDR AKTUELL So 02.03.2025 08:17Uhr 24:47 min

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Kahlschlag statt sinnvoller Kürzung

Nach welchen Maßgaben über die Kürzungen entschieden werden, ist dabei äußerst fraglich. Kritiker sehen darin ein Mittel, unliebsame Themen der Regierung wie zum Beispiel den Klimawandel oder bestimmte Bereiche in der Gesundheitsforschung mundtot und die Wissenschaftslandschaft sowie Universitäten etwas gefügiger zu machen. Die fehlende Wertschätzung des US-Präsidenten gegenüber der Wissenschaft wurde schon 2020 deutlich, als er sagte: "Ich glaube, Wissenschaft weiß gar nichts." Nun soll also ordentlich ausgedünnt werden.

Von diesen Kürzungen sind sowohl US-Bundeseinrichtungen als auch Hochschulen betroffen. Dazu gehören zum Beispiel die Environment Protection Agency (EPA), die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), die National Aeronautics and Space Administration (NASA) sowie das National Institutes of Health (NIH).

Allein das NIH hat in den letzten Wochen über 1.200 Stellen streichen müssen. Die Einrichtung gehört zu den größten und einflussreichsten Forschungsinstituten im Bereich der biomedizinischen Wissenschaften. Wichtige wissenschaftliche Entdeckungen in verschiedenen Bereichen der Krebsforschung, Infektionskrankheiten und Immunologie werden durch das Institut gefördert und finanziert.

Spüren international arbeitende Wissenschaftler in Mitteldeutschland schon Auswirkungen?

Auch das Meiler Lab finanziert seine Forschung hauptsächlich durch staatliche Förderung in den USA. So zum Beispiel durch das NIH oder die Advanced Research Projects Agency for Health (ARPA-H).

Es wird sowohl von der Vanderbilt University in Nashville als auch von der Universität Leipzig betrieben und konzentriert sich auf die Entwicklung und Anwendung von Computermodellen zur Vorhersage von Strukturen von Proteinen und deren Funktionen. Wichtig ist das für die Entwicklung neuer Medikamentenwirkstoffe.

Verunsicherung ist spürbar

Das Labor sei von den Maßnahmen der Regierung noch nicht betroffen, sagt Prof. Dr. Jens Meiler, der zu den weltweit renommiertesten Forschern der computergestützten Wirkstoffentwicklung zählt. Er hat zum Beispiel einen Teil des Computercodes programmiert, der 2024 den Chemie Nobelpreis erhielt. Aber natürlich gehen die Entwicklungen nicht spurlos an ihm und seinen Mitarbeitern vorbei.

Prof. Jens Meiler
Bildrechte: Christian Hüller/Universität Leipzig

"Momentan ist die Verunsicherung in den USA, in Nashville, bei meinen Kollegen, Mitarbeitern und Studenten zu spüren. Das hat auch kurzfristige Auswirkungen. Die Universitäten versuchen durch die Unsicherheit der Finanzierung, die im Raum steht, im Augenblick ihre Gelder beisammenzuhalten. Das betrifft bestimmte Einstellungen. Neue Doktoranden aufzunehmen ist seit ein paar Wochen etwas komplizierter", sagt Meiler. Auch andere Universitäten wie etwa Harvard haben mit einem Einstellungsstopp reagiert.

Wissenschaftliche Erkenntnis sollte am Ende obsiegen

Für Meiler ist schwer abzuschätzen, wo das alles hinsteuert und welche langfristigen Auswirkungen das Handeln der US-Regierung hat. Eine mittel- oder langfristige Verhärtung der Situation erwartet er aber nicht.

"Das US-amerikanische Wissenschaftsmodell ist das weltweit erfolgreichste. Die Maßnahmen, die vorgestellt wurden, würden es nachhaltig schädigen. Davon wäre das ganze Land betroffen. Ich glaube, dass dann Widerstand der gesamten Bevölkerung sichtbar werden würde. Ich habe Hoffnung, dass die wissenschaftliche Erkenntnis am Ende obsiegt", ergänzt Meiler vorsichtig optimistisch.

Bei anderen schwindet die Hoffnung

Bei Mitarbeitenden der Johns-Hopkins-Universität dürften diese Hoffnung mittlerweile auf ein Minimum geschrumpft sein. Sie zählt zu den weltweit anerkanntesten Einrichtungen im Bereich Medizinforschung und der öffentlichen Gesundheit. Nun müssen nach eigenen Angaben rund 2.000 Mitarbeitende entlassen werden. Dieser Stellenabbau hängt mit dem Wegfall von mehr als 800 Millionen Dollar an Fördermitteln von USAID zusammen. Etwa die Hälfte der Fördermittel der Universität stammt aus Bundestöpfen.

Gegen die Regierungsmaßnahmen formiert sich erster Widerstand in Form von Protesten durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. In New York, Washington und anderen Städten gingen sie unter dem Motto "Stand up for Science" auf die Straße. Sie befürchten, dass die Einschnitte in den Forschungsbereichen Menschenleben kosten werden. Der große Aufschrei, der große Protest der Massen lässt allerdings noch auf sich warten.

Zukunft schwer absehbar

Was in den nächsten Tagen und Wochen noch auf die Forschungslandschaft in den USA zukommt, ist schwer absehbar. Eine langfristigere Konsequenz der Kürzungen könnte aber sein, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA abwandern.

Patrick Cramer, Leiter der deutschen Max-Planck-Gesellschaft sagte dazu in einem Interview mit dem ARD Magazin Monitor: "Es ist auf jeden Fall eine große Chance für den Forschungsstandort Europa, weil wir eben auf einmal Talente rekrutieren können, die wir unter normalen Umständen so nicht hätten gewinnen können."

Haben diese Entwicklungen also auch Vorteile? Begrüßen wir die Forschungsexzellenz der Welt bald in den eigenen Universitäten und Instituten?

Voraussetzung wäre hohe Investitionen

Jens Meiler ist da skeptisch. "Das wird nicht passieren. Es wird sicherlich Einzelfälle geben, dass sich Forscher international neu aufstellen, vor allem wenn sich die Situation in den USA verhärten sollte. Dass Deutschland die Ressourcen bereitstellen würde, diese Wissenschaftler in einem vernünftigen Maß aufzunehmen und auszustatten, wäre sicherlich wünschenswert, kann ich mir aber schwer vorstellen."

Denn es würde erhebliche Investitionen in den Bereich innovativer Forschung in Deutschland voraussetzen, so Meiler weiter. Doch aktuell liegt hier das Augenmerk eher auf den Bereichen Infrastruktur und Verteidigung.

"Es wäre wünschenswert, wenn der Bund die von ihm 'bestellte' Forschung, zum Beispiel über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), kostendeckend inklusive Nebenkosten bezahlen könnte und so Universitäten die Möglichkeit hätten, Spitzenforscher wirklich anzuziehen. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass in der jetzigen Situation in Deutschland der politische Wille besteht, dort jetzt zu reagieren", erklärt Meiler.

Auch der Generalsekretär des Wissenschaftsrates Thomas May plädierte in einem ZDF-Beitrag dafür, diese Chance für Europa als attraktiven Wissenschaftsstandort nicht verstreichen zu lassen: "Europa sollte jetzt alles tun, um von der derzeitigen Situation in den USA zu profitieren." Das sei natürlich ein Vorteil, "wenn man dadurch jetzt auch exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA für Deutschland gewinnen kann", wertet die neue Präsidentin der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina Bettina Rockenbach im MDR-Interview die Entwicklung. "Aber die Grundlage dessen ist dennoch höchst alarmierend."

Geduld haben und hoffen

Jens Meiler hofft natürlich trotzdem, dass die US-Regierung den Kahlschlag in der Forschungslandschaft nicht weiter vorantreibt. "Es ist auch vielen Politikern, auch Republikanern klar, dass das Entscheidungen sind, die schwer wieder zurückzudrehen sind, weil es langfristige Folgen haben wird, wenn Wissenschaftler anfangen abzuwandern", so Meiler.

Und er fügt noch hinzu: "Ich lebe seit 25 Jahren in Deutschland und den USA und ich stelle fest, dass immer nur die extremsten Nachrichten auf den jeweilig anderen Seiten des Ozeans ankommen. Aber beide Staaten sind wehrhafte Demokratien und es ist nicht so, dass es hier keinen Gegendruck gegen diese Entwicklungen gibt, die im Augenblick stattfinden. Wir sollten ein kleines bisschen Geduld haben und sehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln."

jes

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 02. März 2025 | 06:00 Uhr

4 Kommentare

AlexLeipzig vor 13 Stunden

Deutschland sollte die sich bietende Chance nutzen, Wissenschaftler anzuwerben, die in den USA freigesetzt werden, und nicht kleinkariert mit fehlender Finanzierung abprallen lassen. Die USA würden anders herum die Chance sicher nicht vergeben.

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf vor 13 Stunden

Die Forschungs- und Wissenschaftspolitik der USA läuft seit Jahrzehnten darauf hinaus, dass die "grossen" und prestigeträchtigen Institutionen die grundlegende Arbeit der Ausbildung ANDERE machen lassen - und dann exponiert talentierte (oder sich besonders gut "verkaufende") Forscher fertig ankaufen. Die Trumpschen Reformen kratzen da auch allenfalls an der Oberfläche; die Mitarbeiter an den im Artikel beschriebenen gefährdeten Projekte werden in den künftigen Jahren alle bei letztlich identischen neuen Projekten unterkommen - sofern es sich nicht um rein politisch motivierte Förderungen handelte, wie bei vielen der "Kimaschutz-" und Genderforschungsprojekte, die nach einem (politisch begründeten) Boom nun eine (ebenso politisch begründete) Delle erleben werden; aus einem "viel-zu-viel" wird so evtl.ein "ein klein bisschen zu wenig".
Und die Forschung INSGESAMT wird vom Wegfall von ideologisch motivierten Denk- und Handlungsblockaden wohl eher profitieren.

AlexLeipzig vor 2 Stunden

Schon seltsam, wenn man sich für ideologiefreie Wissenschaft ausspricht und dann Klimaschutz in ideologische Anführungszeichen setzt...

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