Ein Mann liegt mit Taschentüchern, Teetasse, Nasenspray und Tabletten im Bett
Neue Debatte um Lohnfortzahglung im Krankheitsfall Bildrechte: picture alliance/dpa | Philip Dulian

Gesundheitskosten Allianz-Chef löst Debatte zu Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus

07. Januar 2025, 22:04 Uhr

Der Chef der Allianz hat mit seinem Vorschlag, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einzuschränken, eine lebhafte Debatte ausgelöst. Wirtschaftsvertreter begrüßen die Idee. Es gibt aber auch scharfe Kritik – unter anderem auch aus der CDU.

Der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, Arbeitnehmern am ersten Tag einer Krankmeldung keinen Lohn mehr zu zahlen, stößt auf scharfe Kritik, aber auch Zustimmung.

Ökonomen und Wirtschaftsvertreter für spätere Lohnfortzahlung

So bezeichnete der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen den Vorschlag als sinnvoll. In der "Bild"-Zeitung sagte er, die nächste Regierung sollte ihn zügig umsetzen. Die Einführung von ein bis drei Karenztagen würden kein soziales Problem auslösen, sondern seien "ein guter Weg, um selbst zu entscheiden, ob man arbeitsfähig ist oder nicht".

Karenztage sind ein guter Weg, um selbst zu entscheiden, ob man arbeitsfähig ist oder nicht.

Bernd Raffelhüschen Wirtschaftswissenschaftler

Auch Mercedes-Chef Ola Källenius unterstützt den Vorschlag: "Der hohe Krankenstand ist ein Problem für die Unternehmen. Wenn unter gleichen Produktionsbedingungen der Krankenstand in Deutschland teils doppelt so hoch ist wie im europäischen Ausland, hat das wirtschaftliche Folgen."

Kritik von Linken und CDU-Arbeitnehmerflügel

Kritik kam unter anderem von den Gewerkschaften. DGB-Chefin Anja Piel sagte, schon jetzt gebe es die Tendenz, dass Beschäftigte trotz Krankheit arbeiteten. Niemand brauche Vorschläge, um das noch zu verstärken. Die IG Metall bezeichnete es als unverschämt und fatal, den Beschäftigten Krankmacherei zu unterstellen.

Auch die Arbeitnehmervereinigung in der CDU sprach sich dagegen aus. CDA-Chef Dennis Radtke sagte dem "Tagesspiegel", das sei eine "Kultur des Misstrauens gegenüber allen Arbeitnehmern" und ein "Klassenkampf von oben". Radtke sagte, Menschen mit kleinen Einkommen würden sich dann krank zur Arbeit schleppen und andere gefährden.

Der Parteichef der Linken, Jan van Aken, forderte von den Kanzlerkandidaten von CDU, SPD und Grünen ein Bekenntnis zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. In einem Schreiben an Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) sagte er, er hoffe, "dass Sie sich zeitnah und deutlich gegen jede Einschränkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aussprechen".

Allianz-Chef verweist auf hohen Krankenstand

Bäte hatte seinen Vorschlag im "Handelsblatt" mit dem hohen Krankenstand begründet. Deutschland sei inzwischen Weltmeister bei den Krankheitstagen. Beschäftigte seien im Schnitt 20 Tage pro Jahr krankgeschrieben, während der EU-Schnitt bei acht Krankheitstagen liege. Unternehmen in Deutschland zahlten pro Jahr 77 Milliarden Euro Gehälter für krankgeschriebene Beschäftigte. Er verwies auf andere EU-Länder wie Schweden, Spanien oder Griechenland, in denen es keine Lohnfortzahlung ab dem ersten Tag gebe.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Beschäftigte in Deutschland 2023 durchschnittlich 15,1 Arbeitstage krankgemeldet. Die von Bäte genannten 20 Tage beruhen auf einer Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit, die diesen Wert genannt hatte. Nach Angaben der DAK geht der hohe Krankenstand auch auf die elektronische Krankschreibung zurück. Diese habe die Krankentage um rund 60 Prozent und mehr erhöht.

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Viele hätten vor der Einführung der elektronischen Krankschreibung den Zettel, der an die Krankenkasse gehen sollte, häufig gar nicht weggeschickt.

MDR, DPA, AFP, KNA (kos)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 07. Januar 2025 | 19:30 Uhr

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