Ab Mitte Januar Elektronische Patientenakte: Das sagt eine Ärztin aus Halle

15. Januar 2025, 09:21 Uhr

Neues Jahr, neue Regeln. Die Bundesregierung will in den nächsten Monaten flächendeckend die elektronische Patientenakte einführen, die ePA für alle. Eine elektronische Akte, die auf Lebenszeit angelegt wird, sofern man dem Anlegen der Akte nicht aktiv widerspricht. Die ePA soll vor Viren geschützt sein, weil sie nur bestimmte Dateiformate zulässt. Eine Ärztin aus Halle ist verhalten optimistisch.

MDR-SACHSEN-ANHALT-Reporterin Anja Nititzki
Bildrechte: Jürgen Lehmann

Mit Aktenbergen, Arztbriefen und CDs soll bald Schluss sein, so ähnlich wie bei der Einführung des E-Rezeptes im letzten Jahr. Das Papier soll weg. Das Gesundheitswesen soll weiter digitalisiert werden. Die ePA muss jeder Arzt befüllen und jeder Patient kann sie selbst pflegen. Das hat Vor- und Nachteile.

Die Vor- und Nachteile der elektronischen Patientenakte Vorteile:
- Wenn die ePA vollständig ist, hat der Arzt oder die Ärztin alle Daten auf einem Blick.
- Wechselwirkungen von Medikamenten und Doppelbehandlungen können so ausgeschlossen werden

Nachteile:
- Elektronische Patientenakten können anfällig für Cyberangriffe sein.
- Selbständiges Verbergen von Einträgen kann ein Risiko sein.
- Die Einrichtung der ePA-App ist kompliziert.

Poliklinik am Reileck: HNO-Ärztin verhalten optimistisch

In der Reil-Poliklinik in Halle gehen täglich hunderte Patienten ein und aus, in Zukunft mit oder ohne elektronische Patientenakte in der Tasche. Dr. Sybille Schmidt-Fritzsching ist HNO-Ärztin und sieht der Einführung der ePA verhalten optimistisch entgegen.

Die Pflege der Akte kostet ihr Praxisteam Zeit: "Die Mehrarbeit pro Patient beläuft sich geschätzt auf zwei Minuten. Das ist sehr viel, wenn man von einer normalen Vormittagssprechstunde mit durchschnittlich 40 Patienten ausgeht. Das heißt, meine Helferin ist 80 Minuten mit der Pflege der ePA beschäftigt."

Eine Ärtzin aus Halle über die elektronische Patientenakte.
Reil Poliklinik in Halle: Dr. Sybille Schmidt-Fritzsching ist HNO-Ärztin und sieht der Einführung der ePA verhalten optimistisch entgegen. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Ärztin aus Halle: Patient könnte Fehlerquelle sein

Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, die ePA zu befüllen. Patienten können ihre persönliche ePA pflegen. Jeder Patient kann selbst entscheiden, welcher Arzt welchen Befund sehen darf. Zum Beispiel kann er die Sichtbarkeit eines psychologischen Befundes vor seinem Zahnarzt verbergen. Auch andere sensible Diagnosen kann er vor Apothekern, Physiotherapeuten oder Ärzten verbergen, wenn er nicht möchte, dass sie sie lesen.

Für den Arzt ist das ein Nachteil. Der Patient kann so zur Fehlerquelle werden. "Definitiv kann eine vollständig geführte ePA für uns Ärzte eine Erleichterung sein", sagt Dr. Sybille Schmidt-Fritzsching. "Aber die ePA, die patientengeführt ist, ersetzt nicht die ärztliche Dokumentation. Ich muss daher immer davon ausgehen, dass die Akte unvollständig sein kann, weil der Patient Zugriff hat. Insofern könnte das eine Fehlerquelle sein."

Ist die ePA für Versicherte Pflicht?

Die Elektronsiche Patientenakte ist für Versicherte keine Pflicht. Die Bundesregierung verspricht sich von der Akte einen Schub in der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Vor allem aber sollen die Daten von bundesweit 70 Millionen gesetzlich Versicherten genutzt werden. Wer das nicht möchte, kann widersprechen.

"Jeder Versicherte wird die ePA bekommen, es sei denn, er wählt sie vorher gezielt ab", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf der Bundespressekonferenz im September 2024. Dazu hat jeder gesetzlich Versicherte In den letzten Monaten einen Brief oder eine E-Mail von seiner Krankenkasse bekommen, mit dem Angebot dem automatischen Anlegen der ePA zu widersprechen. Per QR-Code oder formlos per Anschreiben an die Krankenkasse. Das ist bis zum 15. Januar 2025 möglich. Aber auch später ist laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung ein Widerspruch möglich.

Ist die ePA sicher?

Kritiker laufen seit Monaten Sturm: Cyberangriffe auf das Gesundheitswesen sind keine Seltenheit. Vor zwei Jahren traf es den Krankenkassendienstleister BITMARK, der maßgeblich an der ePA beteiligt ist. 300.000 Namen, Geburtsdaten und Versicherungsnummern wurden abgegriffen und ins Darknet gestellt. Drei Monate später kam der nächste Angriff.

Zum Datenschutz sagt die Landesdatenschutzbeauftragte Sachsen-Anhalts, Christina Rost, die Daten würden verschlüsselt in der ePA abgelegt. Darüber hinaus würden Schutzmaßnahmen gegen Viren eingebaut. "Die ePA soll vor Viren geschützt sein, indem nur bestimmte Dateiformate überhaupt in die ePA gelangen können", so Rost, "diese Dateiformate können technisch keine Viren tragen. Dateiformate, die Viren tragen können, werden von der ePA abgeblockt." Patientinnen und Patienten können also nicht ohne weiteres schadhafte Dateien in die ePA laden.

Eine Ärtzin aus Halle über die elektronische Patientenakte.
Die Akte soll vor Viren geschützt sein, jedoch muss auch der Patient selbst etwas dafür tun. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Worauf müssen Versicherte achten?

Die Verarbeitung der Daten wird im Auftrag der Krankenkassen von zwei Anbietern übernommen. Beide betreiben eigene Rechenzentren, die sich auf deutschem Boden befinden und die einer entsprechenden Sicherheitsprüfung unterzogen wurden. 

Dennoch gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Das größte Einfallstor werden wahrscheinlich die Endgeräte der Versicherten sein. Die Versicherten sollten darauf achten, ihre Endgeräte aktuell zu halten und regelmäßige Updates umzusetzen, um vor Viren und unberechtigten Zugriffen zu schützen.

Eine Ärtzin aus Halle über die elektronische Patientenakte.
Schmidt-Fritzsching muss immer davon ausgehen, dass die Akte unvollständig sein kann, weil der Patient Zugriff hat. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

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MDR (Anja Nititzki) | Erstmals veröffentlicht am 03.01.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 07. Januar 2025 | 19:00 Uhr

17 Kommentare

RalfM vor 2 Wochen

Erstmal ist die EPA vielleicht eine gute Idee, Sicherheit und Datenschutz erstmal hinten angestellt!! Es gibt in unserer Gesellschaft Leute (Patienten ) die weder ein Smartphone haben noch das die die Ahnung diese Karte überhaupt einzurichten!? Und wenn ältere Patienten oder auch jüngere Patienten die bisher nicht allzu viel mit ihrem Smartphone oder Handy zutun hatten, nur telefoniert oder SMS geschrieben haben, muss für das Einrichten dieser Karte gegebenenfalls ein Vormund eingestellt werden und da besteht eventuell die nächste Sicherheitslücke, das sind Daten die Dritte nichts angeht!? Auch wenn wir in einer "modernen Gesellschaft " leben kann man nicht komplett davon ausgehen das sich jeder Patient mit der Einrichtung solcher Karten auskennt oder die Möglichkeit besteht!?

Tom0815 vor 2 Wochen

Aber das beabsichtigt ist die Gesundheitsdaten an Google und OpenAI zu verkaufen oder zu verschenken oder mit diesen zu teilen davon ist auch Ihnen nichts bekannt, richtig?

Das man derartige Daten z.B. für Forschungszwecke nutzt halte ich für sinnvoll. Wichtig wäre aus meiner Sicht allerdings, dass bestimmte personenbezogene Daten wie natürlich Name, genaues Geburtsdatum usw. verschleiert werden. Eben so, dass kein Rückschluss auf mich persönlich mehr möglich ist.

Kritische vor 2 Wochen

Kommentator: Ja, ich weiß doch, lach. "Winzig" ist nur leider die Anzeige, wenn man vor Ort in der Arztpraxis die Daten raussuchen möchte bzw. schauen, ob die richtig eingescannt sind. War eine doofe Formulierung, weißt, was ich meine.

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