
Wissen-News Mehr autofreie Straßen: Pariser Modell auch in Deutschland?
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24. März 2025, 16:43 Uhr
Die Pariser haben abgestimmt: Autos sollen bald aus etlichen Straßen der Stadt weichen. Ist das auch in Deutschland denkbar? In einigen Bundesländern gibt es erste Bestrebungen in diese Richtung, auch in Sachsen.
Hunderte Pariser Straßen sollen künftig für Autos gesperrt werden. Dafür sprach sich bei einer Bürgerbefragung in der französischen Hauptstadt am Wochenende eine klare Mehrheit aus. Jetzt gehe es um die Umsetzung, sagte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. In Deutschland begrüßte etwa der Fußgängerverein Fuß e.V. die Entscheidung.
"Leipzig fortschrittlicher als Berlin"
500 Straßen werden nach einer Bevölkerungsbefragung begrünt, 10.000 Parkplätze fallen weg. Autofahrer müssten sich auf Umwege einstellen. Die Umsetzung wird wohl drei bis vier Jahre dauern. Wobei das Vorhaben bisher nicht in trockenen Tüchern ist.
"Großartig", nannte die Pläne Roland Stimpel, Vorstand des Fußgängervereins Fuß e.V. Nur jeder Fünfte habe in Paris ein Auto: "Das heißt, 80 Prozent der Menschen können nur davon profitieren." Berlin etwa stehe bei der Fußgängerfreundlichkeit im Vergleich zurück. "Leipzig ist viel fortschrittlicher, mittelgroße Städte wie Kiel und Aachen tun auch sehr viel für den Fußverkehr", sagte Stimpel.
Tatsächlich arbeitet Leipzig bereits seit 1993 an einer "autoarmen Innenstadt". In der gesamten Innenstadt gilt Tempo 20, Autos dürfen nur auf markierten Flächen und zeitlich beschränkt geparkt werden. Auf dem Ring um die Innenstadt sind Fahrradstreifen entstanden, einen Tag im Jahr ist er dazu bereits autofrei. Auch die Erfurter Innenstadt ist bereits seit über zwölf Jahren verkehrsberuhigt. In Halle verhinderte ein Bürgerentscheid 2021 ein Konzept für eine weitgehend autofreie Innenstadt, aber auch dort wird an einem neuen Plan für weniger Autos gearbeitet.
Autos sollen aus Hannovers Innenstadt verschwinden
Pkw am liebsten komplett verbannen will Hannover in Niedersachsen. Nach den Plänen der Stadtverwaltung soll die Innenstadt bis 2030 weitgehend autofrei sein, Parkplätze sollen verschwinden und einzig Parkhäuser geöffnet bleiben.
Zumindest in den Sommermonaten können sich Münchner und Besucher auf verkehrsberuhigte und autofreie Straßen freuen: Auf einigen "Sommerstraßen" sei "Spielen, Flanieren und Entspannen" möglich, heißt es von der Stadt. Geplant sind Hochbeete, Grünstreifen und Sitzmöglichkeiten. Ein ganzes Viertel mehr auf Anwohner und Fußgänger ausrichten möchte Nürnberg: In Gostenhof sollen Autos für mehr Grün und Spielflächen zurückgedrängt werden – vorerst für ein Jahr. Vorbild sei das "Superblocks"-Projekt der spanischen Metropole Barcelona, was auch schon in Leipzig getestet wurde.
Und wie ist die Lage in Berlin, das vielen als besonders progressiv gilt? Auf der Friedrichstraße, die mehr als zwei Jahre nur Fußgängern und Fahrradfahrern zur Verfügung stand, rollt der Verkehr schon seit Juli 2023 wieder. Große Pläne gibt es aber im Graefekiez in Kreuzberg: Hier werden über 400 Parkplätze gestrichen und zu Grün- und Ladeflächen umgestaltet. Auch Anwohner können mitentscheiden, was mit dem freien Platz geschehen soll.
Pariser Weg in Deutschland so nicht möglich
Grundsätzlich wäre ein Vorgehen wie in Paris in Deutschland nicht denkbar. Denn hier können Straßen nicht per Bürgerabstimmung gesperrt werden, sondern über ein Verfahren zur Entwidmung, wie Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, schildert. Dabei würden die Interessen aller Straßennutzer berücksichtigt – etwa auch von Händlern.
Viele deutsche Städte bemühten sich aber längst um einen guten Verkehrsmix. Klar sei jedoch: "Wenn wir weniger Autoverkehr haben wollen, dann brauchen wir mehr öffentliche Verkehrsmittel, mit guter Taktung und guter Erreichbarkeit." Hier hake es, denn die Finanzlage der Städte sei dramatisch. Sie bräuchten mehr finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern für den öffentlichen Nahverkehr.
dpa/jar
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 24. März 2025 | 10:58 Uhr
Denkschnecke vor 28 Minuten
"Ich muss" denken viele - auch die, die meinen, dass sie 3 km zur Arbeit innerhalb der Stadt mit dem PKW zurücklegen müssten. DAS sind diejenigen, die Ihre Fahrspuren füllen, nicht die, die nachweislich zu wenig und zu gefährlichen Platz für ihre Fahrräder haben. (In meiner Heimatstadt kann ich Ihnen Kilometer an "Radwegen" zeigen, die trotz blauer Beschilderung nicht die Rechtsnorm erfüllen.)
MDR-Team vor 3 Stunden
Hallo Niemann,
es ist verständlich, dass Veränderungen im Verkehrssystem Herausforderungen mit sich bringen können, besonders wenn man auf das Auto angewiesen ist.
Die Idee hinter nachhaltiger Mobilität ist es, umweltfreundlichere Alternativen zu fördern, aber es ist wichtig, dass diese Maßnahmen praktikabel und für alle zugänglich sind. Fahrradspuren parallel zu Autospuren könnten eine Lösung sein, die sowohl Autofahrern als auch Radfahrern gerecht wird.
Liebe Grüße aus der MDR-Wissens-Redaktion
Niemann vor 3 Stunden
Vielleicht sollte man mal aufhören zu träumen und sich der Realität zuwenden. Und was soll heißen nachhaltige Mobilität. Ich muß von A nach B, gezwungener maßen. Und dä hilft mir nicht die Autospuren zu leeren und die Radspure zu füllllen, bzw. zu warten bis die sich mit Rentnern auf Lastenfahrrädern fûllen. Fahrradspuren parallel und nicht zu Lasten der Autospuren wäre sinnvoll, och darauf kommen Autohasser nicht. Vielleicht wäre der Austausch gewisser Personalien noch sinnvoller, vor allem solche die ständig Wasser predigen und heimlich Wein saufen. Der Umverteilungswahn anstatt Leistung muß unverzüglich gestoppt werden!