Wissen-News Rinder pfui, Kaffee und Bananen hui: Landwirtschaft in den Anden und ihr Einfluss auf Amphibien
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23. März 2025, 08:00 Uhr
Das Zusammenleben von Amphibien und Menschen ist nicht leicht, aber möglich. Ein deutsch-kolumbianisches Forschungsteam mit Dresdner Beteiligung hat den Einfluss der Landwirtschaft auf das Überleben von Fröschen in den Anden untersucht.
Landwirtschaft spielt in den Anden eine wichtige Rolle für die Menschen. In Kolumbien etwa werden Kaffee, Bohnen, Mais und Kartoffeln angepflanzt, Milch- und Fleischprodukte hergestellt. Durch die diverse Höhenlagen gibt es spezielle Anbaukulturen – und die wirken ganz unterschiedlich auf heimische Tiere wie Frösche. Ein Forschungsteam mit Unterstützung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung aus Dresden hat unterschiedliche Lebensräume in dem Gebirge untersucht und die Artenvielfalt analysiert.
Kleine Veränderungen beeinflussen Fortpflanzung der Amphibien
"Aufgrund der Höhenlagen, die von 1.000 bis über 3.000 Meter über dem Meeresspiegel reichen, gibt es unterschiedliche landwirtschaftliche Zonen mit spezifischen Anbaukulturen. Landwirtschaftliche Kleinerzeuger*innen spielen eine entscheidende Rolle in der Produktion, oft mit nachhaltigen Anbaumethoden, die auf traditionellen Techniken basieren. So entstehen viele kleine Mikrohabitate", erklärt Raffael Ernst von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. "Aufgrund ihrer besonderen Biologie und der Vielfalt ihrer Fortpflanzungsstrategien sind Amphibien oft schon von kleinen Veränderungen in ihren Lebensräumen betroffen. Das macht sie auch besonders anfällig für die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen. Dennoch hat sich gezeigt, dass von Menschen modifizierte Agroforstsysteme eine erhebliche Amphibienvielfalt bewahren können."
Viehzucht wirkt sich negativ auf Vielfalt aus
So förderten die Beobachtungen in Berg- und Uferwäldern in den nördlichen Anden über 320 Stunden fast 3.800 Amphibien aus 14 Arten ans Licht. Die Landwirtschaft spielte dabei lokal eine entscheidende Rolle, sagt Ernst: "Agroforstsysteme mit schattenspendenden Pflanzungen – in den kolumbianischen Anden werden in den Kaffee- und Kakaoproduktionssystemen meist Bananen als temporäre Schattenpflanzen eingesetzt – wiesen die höchste Gesamtartenvielfalt an Amphibien auf."
Auf der anderen Seite der Medaille konnten Ernst und seine Kollegen allerdings auch den Schaden der Landwirtschaft beobachten. Besonders Rinderzucht habe sich negativ auf die Vielfalt der Amphibien ausgewirkt. "Dies steht im Einklang mit einer überwältigenden Anzahl von Belegen, die zeigen, dass die Landwirtschaft – insbesondere die Viehzucht – eine der Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften ist", so der Herpetologe Ernst.
Isolierte Schutzgebiete reichen nicht aus
Zusammenfassend erklärt das Forschungsteam, dass die Amphibienvielfalt nicht allein durch isolierte Schutzgebiete innerhalb einer komplexen Umgebung erhalten werden könne. Dagegen biete eine Vernetzung zwischen nachhaltiger Landwirtschaft und Wäldern eine Chance für die Koexistenz von Frosch und Mensch.
Durch den Schutz der verbliebenen Vegetation und die Einbindung heimischer Pflanzenarten in Plantagen wäre es möglich, den kommerziellen Wert verschiedener Anbausysteme – etwa für Kakao oder Kaffee – zu erhalten und gleichzeitig die Vielfalt zu fördern. "Unser Ziel sollte es sein, eine Mosaiklandschaft zu erhalten, die nachhaltige agroforstwirtschaftliche Systeme mit gut vernetzten Waldfragmenten kombiniert. Es benötigt einen integrierten Ansatz zum Schutz der Matrix anstelle von wenigen, isolierten Naturschutzgebieten. Dies könnte eine vielversprechendere Strategie für den Amphibienschutz in sozial-ökologischen Produktionslandschaften wie den kolumbianischen Anden darstellen", resümiert Ernst.
Link zur Studie
Die Untersuchung "Matrix-protection rather than protected area conservation can safeguard multilevel amphibian diversity in Colombian agroforestry systems" ist in der Zeitschrift "Agriculture, Ecosystems & Environment" erschienen.
idw/jar
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. März 2025 | 06:47 Uhr
MDR-Team Gestern
Hallo @part,
der Mischanbau von Bananen, Kaffee und Kakao kann in bestimmten Regionen tatsächlich positive Effekte haben, insbesondere für die Bodenqualität und den reduzierten Einsatz von Agrarchemie. Dennoch sind nachhaltige Anbaumethoden nicht immer leicht umzusetzen, da sie oft höhere Arbeitsaufwände erfordern und wirtschaftlich weniger attraktiv erscheinen. Zudem spielt die Nachfrage eine entscheidende Rolle: Monokulturen entstehen häufig, weil der Weltmarkt eine konstante, günstige Produktion verlangt. Die Frage nach staatlicher Einflussnahme ist daher komplex – es geht nicht nur um Regulierung, sondern auch um den Balanceakt zwischen Ernährungssicherheit, wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltverträglichkeit.
Herzliche Grüße
MDR-Team Gestern
Hallo @weils so nicht unwidersprochen bleiben darf,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Die Untersuchung „Matrix-protection rather than protected area conservation can safeguard multilevel amphibian diversity in Colombian agroforestry systems“ aus Agriculture, Ecosystems & Environment befasst sich mit dem Einfluss landwirtschaftlicher Praktiken auf Amphibienvielfalt in den Anden. Dabei wird nicht generell gegen Viehzucht oder Agrarproduktion argumentiert, sondern darauf hingewiesen, dass nachhaltige Anbaumethoden und agroforstwirtschaftliche Systeme einen positiven Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten können. Unser Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse sachlich darzustellen und dabei unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Wir schätzen Ihr Interesse an der Thematik und nehmen Ihre Rückmeldung zur Kenntnis.
Herzliche Grüße
part vor 2 Tagen
Der gemischte Anbau von Bananen, Kaffee und Kakao soll ja sehr günstig sein, für die Pflanzen unter sich und besonders den Einsatz von Agrarchemie aus Deutschland unnötig machen. Nur bevorzugen Bananen keine Höhenlagen, wohl aber Kaffee. Leider dreht sich weltweit die ganze Agrarwirtschaft immer mehr um mehr Ernteerfolge als um Nachhaltigkeit, sowie die Kontrolle über Staaten. Der Griff nach dem Ernährungsmonopol beschäftigt schon längst bestimmte Wirtschaftszweige, ein Entgegensteuern von Nationalstaaten und Förderung von Deindustrialisierung von Agrarwirtschaft ist bitter nötig.