Johannisroggen
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Phytosanierung Bodenreiniger Roggen: Wie Zwischenfrüchte Schadstoffe aus der Erde holen

25. März 2025, 16:29 Uhr

Die Belastung der Böden ist ein Problem, nicht nur für die Landwirtschaft. Forschende aus Leipzig untersuchen, welche Pflanzen dem Untergrund Schadstoffe entziehen. Dazu arbeiten sie auch mit Bauern zusammen.

Nitrate, Pestizide, Metalle, Mikroplastik – der Boden in der Landwirtschaft ist häufig belastet. Forscher vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig haben nach klimaneutralen und nachhaltigen Möglichkeiten gesucht, die Gesundheit des Untergrunds zu verbessern. Und sind fündig geworden. In einem Artikel haben die Wissenschaftler um Pooja Sharma die Ergebnisse aus über 100 Studien zusammengetragen und gezeigt, welche Pflanzen sich eignen, die Schadstoffbelastung auf Feldern zu minimieren.

Zwischenfrüchte "eine Art Wunderwaffe"

Das Konzept der Zwischenfrüchte ist altbekannt. Zwischen zwei Hauptkulturen werden diese angepflanzt, um den Boden vor der nächsten Aussaat mit Nährstoffen zu versorgen oder um Tierfutter zu liefern. Sie haben vielfältige Vorteile, schützen etwa vor Erosion, stabilisieren den Wasser-, Nährstoff- und Kohlenstoffhaushalt des Bodens, regulieren die Bodentemperatur, fördern die Humusbildung, speichern Kohlendioxid und erhöhen ober- und unterirdisch die Biodiversität. Marie Muehe von der Arbeitsgruppe Pflanzen-Biogeochemie am UFZ bezeichnet Zwischenfrüchte als "eine Art Wunderwaffe" der Landwirtschaft.

Schaubild einer Pflanze. Im Wurzelbereich werden Schadstoffe fixiert, die dort und in den Blättern abgebaut werden. Schadstoffe werden über die Pflanze entfernt und verflüchtigt.
Es gibt verschiedene Formen der Phytosanierung. Welche Pflanze wie wirkt, untersuchen Wissenschaftler am Leipziger UFZ. Bildrechte: UFZ

Und tatsächlich können sie noch mehr: sie können Schadstoffe aus den Böden entfernen. "Der Einsatz ausgewählter Zwischenfrüchte zur Phytosanierung (Sanierung von kontaminierten Böden mithilfe von Pflanzen, Anm. d. Red.) ist ein naturbasierter und klimaneutraler Weg, um die Bodengesundheit zu verbessern und zu erhalten. Das sollten wir im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft auch nutzen", sagt Muehe. Welche Pflanzen sich dazu eignen und welcher Schadstoff von welcher Art am besten eingefangen werden kann, haben die UFZ-Forschenden untersucht.

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Roggen und Sonnenblumen im Kampf gegen Nitrate und Metalle

Die Erstautorin der neuen Analyse, Pooja Sharma, erklärt: "Wir haben zum Beispiel recherchiert, ob es bereits Studien gibt, die zeigen, welche der häufig genutzten Zwischenfrüchte Fähigkeiten zum Schadstoffabbau haben. Darüber hinaus haben wir, ausgehend von sechs Schadstoffkategorien – Nitrat, Salze, Metalle, Pestizide, Plastik und Antibiotikaresistenzgene –, nach Pflanzen gefahndet, die in der Lage sind, diese Schadstoffe abzubauen oder zu fixieren."

Sonnenblumenfeld mit Zwischenfrüchten wie Phacelia Blumenweide
Sonnenblumen binden nicht nur Nitrate und Metalle, ihre Samen können danach sogar geerntet werden. Bildrechte: IMAGO / Wolfram Weber

So eignen sich etwa Roggen und Sonnenblumen besonders gut im Kampf gegen Nitratbelastung. Die Pflanzen nehmen überschüssiges Nitrat aus dem Boden auf, entlasten so auch das Grundwasser und können als Gründüngung auf dem Feld verbleiben. Anders ist das bei Pflanzen, die unerwünschte Metalle wie etwa Cadmium aus dem Boden entfernen. Dazu eignen sich etwa Kleesorten, Roggen oder Raps, die nicht auf den Feldern verbleiben sollten. "Die Zwischenfrüchte, die man zur Entfernung von Metallen nutzt, eignen sich in der Regel nicht als Tierfutter. Dafür könnten sie bei der Produktion von Biogas eine Rolle spielen", sagt Sharma. "Auch Sonnenblumen können Metalle gut aus dem Boden entfernen. Da sich die Metalle vor allem in den Blättern festsetzen, könnten die Samen geerntet werden." Dasselbe gilt für die Samen von Senf, der als Zwischenfrucht dem Boden insbesondere Pestizide entzieht – ebenso wie Süßgras oder Ostindischer Hanf.

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Grenzen überwinden – mit Hilfe der Bauern

Doch die Wunderwaffe Zwischenfrucht scheint auch ihre Grenzen zu haben. Bezüglich der Schadstoffkategorien Plastik und Antibiotikaresistenzgene konnten die Forschenden keine Pflanzen identifizieren, die sich besonders gut zur Phytosanierung eignen.

Die Flinte ins Korn werfen wollen die Forscher aus Leipzig aber nicht, schließlich seien die Mechanismen hinter der Interaktion zwischen Bodenbakterien und Zwischenfrüchten noch nicht weit genug erklärt. "Hier muss noch viel geforscht werden – und zwar gemeinsam mit Landwirten. Nur so können wirksame und praktikable Strategien zur Phytosanierung – zugeschnitten auf verschiedene Standorte, Böden und Schadstoffprobleme – entwickelt werden", sagt Marie Muehe. "Zwischenfrüchte auch zum Management von Bodenschadstoffen zu nutzen, ist aus unserer Sicht ein effizientes Zukunftskonzept für gesündere Böden und eine nachhaltigere Landwirtschaft." Bereits im Sommer startet das UFZ daher eine Feldstudie – gemeinsam mit Landwirten. Damit nicht nur die Hintergründe differenzierter aufgedeckt werden, sondern die Phytosanierung auch in der Praxis dabei hilft, unsere Böden von Schadstoffen zu befreien.

Link zur Studie

Die Untersuchung "Going beyond improving soil health: cover plants as contaminant removers in agriculture" ist im Fachjournal "Trends in Plant Science" erschienen.

idw/jar

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 19. März 2025 | 17:00 Uhr

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