Von den Germanen bis zur DDR-Zeit Thüringens Geschichte in Freilichtmuseen entdecken
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12. März 2024, 08:48 Uhr
Die Freilichtmuseen in Thüringen laden zu einer Zeitreise: zu den Germanen in der Funkenburg Westgreußen, ins bäuerliche Leben vor 200 Jahren in Hohenfelden bei Erfurt, genauso wie in die Zeit der deutschen Teilung im Dorf Mödlareuth an der thüringisch-bayrischen Grenze. Zur Geschichte Thüringens gehört aber auch das dunkle Kapitel der NS-Zeit, daran erinnert u.a. die Gedenkstätte Buchenwald auf dem ehemaligen KZ-Gelände bei Weimar. Diese fünf Museen sind einen Besuch wert.
Funkenburg Westgreußen: die Zeit der Germanen
Die Funkenburg in Westgreußen ist die Rekonstruktion einer germanischen Wehrsiedlung, die in die Lebenswirklichkeit vor über zwei Jahrtausenden führt. Die in den 70er-Jahren archäologisch erkundete Befestigungsanlage wurde am Originalstandort auf einem markanten Bergsporn über dem Helbetal wiedererrichtet. Hier lebten Menschen vom 2. Jahrhundert vor Christus bis zum frühen 1. Jahrhundert nach Christus.
Umgeben von trutzigen Graben- und Wallanlagen mit Holzpalisaden, die Feindesangriffe abwehren sollten, finden sich auf dem Gelände unter anderem ein Langhaus mit Versammlungsplatz als Zentrum, Wohn-Pfostenhäuser für die Gefolgschaft und ein Backofen, der mehr über die germanische Ernährungsweise verrät. In der Hauptburg lassen sich nachempfundene Wohn- und Arbeitshäuser, Speicherbauten, Öfen sowie Arbeitsgeräte entdecken. Kinder können hier unter anderem Filzen, Weben oder Bienenwachskerzen drehen. Für größere Gruppen werden außerdem Führungen angeboten.
Hohenfelden: Historischer Dorfalltag
Wie früher in Thüringer Dörfern gebaut, gelebt und gearbeitet wurde, kann man im Freilichtmuseum Hohenfelden erleben. Hier stehen mehr als 35 historische Gebäude aus verschiedenen Zeiten und Regionen, die vor dem Abriss bewahrt, restauriert und authentisch eingerichtet wurden. Neben großen und kleinen Wohnhäusern, einem seltenen Umgebindehaus und einer Blumentopf-Töpferei findet sich auf dem Museumsgelände die älteste Windmühle Thüringens!
Auch die Umgebung mit historischen Obst- und Gemüsesorten, alten Rassen landwirtschaftlich genutzter Tiere oder tradtionell bewirtschaftete Felder sind Teil des Freilichtmuseums.
Besucherinnen und Besucher können hier entdecken, was sich hinter einer Schwarzen Küche verbirgt, wie man in Hölzernen Stuben wohnte oder ohne moderne Technik lebte. Vor allem bei Familien und Großeltern mit Enkeln ist das Freilichtmuseum Hohenfelden ein beliebtes Ausflugsziel. Auch im Dorf Hohenfelden gibt es Einiges zu sehen: neben wechselnden Sonderausstellungen im Alten Pfarrhof lohnt sich ein Blick in die ehemalige Dorfschule oder das Brauhaus.
2024 werden im Freilichtmuseum zwei neue Häuser eröffnet. Ursprünglich war das bereits für 2022 geplant. Gründe für die Verzögerung sind dem Landkreis zufolge ein späterer Baubeginn wegen des widrigen Wetters und Personalmangel.
Bauernhäuser Rudolstadt: ältestes Freilichtmuseum Deutschlands
Die Thüringer Bauernhäuser in Rudolstadt, die 1914/15 gegründet wurden, gelten als ältestes deutsches Freilichtmuseum. Die im Verfall begriffenen Fachwerkhäuser wurden damals aus den umliegenden Dörfern abgetragen und im Rudolstädter Heinrich-Heine-Park wieder aufgebaut. Heute veranschaulicht die Hofanlage mit über tausend Exponaten, darunter Einzelstücke wie eine Kinderwiege, Kartoffelreibe oder Webstuhl, das ländliche Leben der Thüringischen Region im 17. und 18. Jahrhundert. Zu entdecken gibt es bäuerliche Kunst, die Zweckmäßigkeit mit Formschönheit verbindet – und überraschend farbenfroh ist.
Eindrucksvoll anzusehen ist außerdem eine alte Apotheke, wo Mörser und Arzneiflaschen noch vom damals typischen Olitätenhandel zeugen. Im Museumsladen sind solche Olitäten, Naturheilmittel, heute wieder erhältlich. Für das leibliche Wohl wird im Bauerngarten gesorgt, in dem immer wieder Freiluft-Veranstaltungen stattfinden.
Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar: Thüringen im Nationalsozialismus
Das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar bildet das grausame Gegenbild der Klassikerstadt. Obwohl das KZ, das von 1937 bis 1945 betrieben wurde, nicht zur Kategorie der Vernichtungslager gehörte, wurden auch in Buchenwald zehntausende Menschen, darunter Regimegegner, Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas sowie Homosexuelle systematisch ermordet.
An sie wird in der Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald erinnert, die 1958 von der DDR eingeweiht und in den 90er-Jahren neu konzipiert wurde. Relikte aus der Lagerzeit sind auf dem Außengelände zu besichtigen: Dazu gehören das Torgebäude mit dem Lagertor und der zynischen Inschrift "Jedem das seine Seine", der Arrestzellenbau, das Krematorium, der sogenannte SS-Bereich sowie die Gräberfelder des sowjetischen Speziallagers Nr. 2.
Während die monumentale Mahnmalsanlage aus DDR-Zeiten vor allem kommunistischen Häftlingen gewidmet ist, gibt es inzwischen viele Gedenkorte- und Steine auf dem Gelände, die an verschiedene Opfergruppen erinnern. Führungen über das Gelände und die Ausstellungen in der Gedenkstätte liefern das historische Hintergrundwissen. Außerdem gibt es einen Audiowalk, der auf den Spuren des Bauhauskünstlers und KZ-Häftlings Franz Ehrlich über das Gelände führt.
Mödlareuth: DDR-Geschichte im ehemaligen Grenzgebiet
Das kleine Dorf Mödlareuth ist ein Kuriosum: Es gehört halb zu Bayern, halb zu Thüringen. Erkennen lässt sich die Teilung heute an unterschiedlichen Fahrzeugkennzeichen, Postleitzahlen, Telefonvorwahlen oder den zwei Bürgermeistern. Bis 1989 trennte eine Betonmauer das Dorf noch sichtbarer: Durch Mödlareuth verlief in der DDR entlang des Tannbachs eine Grenzsperranlage, die den Weg zwischen Ost und West versperrte und jahrhundertealte wirtschaftliche und familiäre Verbindungen abrupt beendete.
In dem als "Little Berlin" bekanntgewordenen Ort wurde nach der Wiedervereinigung eine Gedenkstätte nach der Art eines Freilichtmuseums gestaltet – Teile der Betonsperrmauer, des Metallgitterzaunes sowie der Beobachtungsturm sind im Original erhalten geblieben. Das Deutsch-Deutsche Museum Mödlareuth wird derzeit ausgebaut. Es verfügt neben dem Freigelände über einen Ausstellungsbereich mit Medienarchiv. Außerdem gibt es ein Museumskino, das zu jeder vollen und halben Stunde den Film "Alltag an der Grenze" zeigt.
(Recherche: MDR KULTUR / Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 25. Februar 2024 | 08:15 Uhr